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In der JVA Tegel sitzen viele Verbrecher - manchmal für Jahrzehnte.
© Imago

US-Organisation gab Ermittlern Hinweis: Häftling verbreitete Kinderpornos aus Berliner Gefängnis

Er saß bereits wegen Kindesmissbrauchs. Trotzdem gelang es Fred H. aus dem Knast kinderpornografische Bilder ins Netz zu stellen.

Bereits seit 15 Jahren sitzt Fred H. ununterbrochen wegen Kindesmissbrauchs im Gefängnis. Zunächst in regulärer Haft, dann in Sicherungsverwahrung. Er durfte nach Verbüßung seiner Haftstrafe nicht entlassen werden, weil er weiterhin als gefährlich galt.

Wie erst jetzt bekannt wurde, sitzt er seit dem 28. Januar wieder in normaler Haft in der Justizvollzugsanstalt Tegel – für Taten, die er 2014 und 2015 im Gefängnis begangen hat. Die Justiz bestätigte dem Tagesspiegel entsprechende Angaben von Mitgefangenen. Im November vergangenen Jahres wurde ein 2017 ergangenes Urteil von anderthalb Jahren Haft wegen der Verbreitung von kinderpornografischen Videos und Bildern rechtskräftig.

2015 kommen ihm die Ermittler nach einem Tipp aus den USA auf die Schliche. Ein Deutscher hat ein Kinderpornovideo auf seinem Google-Konto hochgeladen. Dies teilt das National Centre for Missing & Exploited Children den deutschen Behörden mit. Die halbstaatliche Organisation heißt kurz NCMEC, sie leitet die Hinweise von Internetanbietern wie Google oder Microsoft auf einschlägige Dateien an die Strafverfolgungsbehörden weiter – weltweit. In diesem Fall nach Deutschland.

Pädophiler hatte sich ein Handy beschafft

Das Berliner Landeskriminalamt ermittelt den Mann; es ist Fred H. in der JVA Tegel. Bereits wenige Monate zuvor im November 2014 hat die Justiz in seiner Zelle ein Mobiltelefon gefunden. Auf ihm befinden sich 37 kinderpornografische Bilddateien.

Die Ermittlungen ergeben, dass H. einen Tag vor der Zellenrazzia 35 dieser 37 Bilder über den Nachrichtendienst Whatsapp an einen Unbekannten weitergeleitet hat. Der Verlust des Handys hindert H. nicht daran, weiterzumachen. Auf einem anderen Gerät lädt er dann im April ein Video hoch. Er ahnt nicht, dass Google das bemerkt und meldet.

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Ursprünglich saß H. in Bayern im Gefängnis. Das Ausmaß der Taten war schrecklich. Er lebte damals in einem Dorf in der Nähe von Regensburg. Gemeinsam mit seiner etwas älteren Geliebten hatte er deren Enkeltöchter (eineinhalb bis zwölf Jahre) über einen längeren Zeitraum missbraucht bis hin zur Vergewaltigung. Die Frau filmt und fotografiert alles, aus Sicht des Regensburger Gerichtes sollten die kinderpornografischen Aufnahmen verkauft werden.

Seit 2012 sitzt der Mann in Berlin

2006 fällt in Regensburg das Urteil. Neben den 12 Jahren erhält der einschlägig vorbestrafte Mann die anschließende Sicherungsverwahrung. Bis Dezember 2012 sitzt er in Straubing. Dann lässt er sich nach Berlin verlegen. Er hat die Frau, die inzwischen in eine Kleinstadt nördlich von Berlin gezogen war, mittlerweile geheiratet.

Der Fall hat noch eine weitere Wendung. Ebenfalls in Brandenburg, aber östlich von Berlin, wird im Oktober 2005 die Leiche von Arno Kruppatz gefunden; er wurde ermordet. Kruppatz ist der Mann von H.s Geliebter und Komplizin. Er ist im Februar 2005 spurlos verschwunden, also einen Monat vor der Festnahme von Fred H. und der Frau des Mordopfers. Die Leiche ist nach zehn Monaten stark verwest.

Während des Prozesses um Kindesmissbrauch in Regensburg versucht Fred H., dem Toten, der sich nicht mehr wehren kann, die Schuld an den Taten zuzuschieben. Kruppatz habe die Missbrauchstaten an den Kindern begangen. Das Gericht glaubt diese Geschichte nicht. Beide Männer kannten sich aus dem Gefängnis. Nach der Verbüßung einer Haftstrafe war H. 2004 zu Kruppatz und seiner Frau in das kleine bayerische Dorf gezogen.

Bis heute ist der Mordfall ungeklärt; ob H. und die Frau des Opfers mit der Tat zu tun haben, können die Ermittler nicht belegen. Auch ein Beitrag in der Sendung „Aktenzeichen XY“ brachte keine Erkenntnisse. Ungeklärt ist damit, ob Kindesmissbrauch und Mordfall miteinander verwoben sind.

"Der Mann ist eine tickende Zeitbombe"

Heute ist Fred H. 60 Jahre alt. Tegel wird er auf absehbare Zeit nicht verlassen. Die Mittelbayerische Zeitung hatte die Staatsanwältin beim Prozess 2006 so zitiert: „Er ist ein so klarer Fall für die Sicherungsverwahrung, wie man ihn selten findet. Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe und für die Allgemeinheit gefährlich. Man weiß nicht, wen es als nächstes erwischt.“

Als „Kinderschänder“ steht H. in der Knasthierarchie ganz unten. 2013 bekommt er dies zu spüren. Ein wegen Vergewaltigung verurteilter Araber prügelt H. in dessen Zelle bewusstlos, bricht ihm die Rippen. Mitgefangene filmen den Gewaltexzess. Das Video gelangt in die Öffentlichkeit. Es ist heute noch im Internet zu finden.

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