A12 in Brandenburg: Haftbefehle für die Lkw-Schleuser
51 Iraker mussten tagelang im einem Lkw ausharren. Seit 2015 hat Berlin 76 000 Flüchtlinge aufgenommen, teilte Senatsverwaltung für Integration mit.
Die 33 Erwachsenen und 17 Kinder, die in der Nacht zu Sonnabend von der Bundespolizei auf der A12 in einem Lkw entdeckt wurden, waren offenbar in Rumänien gestartet. „Sie durften die ganze Fahrt über die Ladefläche nicht verlassen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Sonntag dem Tagesspiegel. Man könne nicht ausschließen, dass die Flüchtlinge, die nach eigenen Angaben aus dem Irak kamen und inzwischen Asyl beantragt haben, mehrere Tage unterwegs waren. Sogar ihre Notdurft mussten sie im Lkw verrichten.
Dokumente hatten 50 von 51 Menschen nicht. Ein Mann wies sich als Syrer mit einem in Rumänien ausgestellten Asylbescheid aus – die Polizei vermutet, dass der 26-Jährige selbst als Schleuser tätig ist. Er wurde wie der 46-jährige Fahrer, der Türke ist und ein Visum für Schweden hat, vorläufig festgenommen. Beide wurden am Sonntagnachmittag einem Amtsrichter vorgeführt, der Haftbefehle erließ.
Wie berichtet, hatte die Bundespolizei den türkischen Lkw in der Nacht zu Sonnabend an der Anschlussstelle Müllrose gestoppt. Er fuhr in Richtung Berlin und kam offenbar aus Polen. „Wir haben eine ziemlich genaue Vorstellung über den Weg, den die Schleuser benutzten“, sagte der Polizeisprecher. „Aus ermittlungstaktischen Gründen möchten wir dazu aber keine Details nennen.“
Ein schockierender Anblick
Der Lkw sei nicht aufgrund eines konkreten Hinweises kontrolliert worden, sondern wohl einigen erfahrenen Bundespolizisten verdächtig vorgekommen, hieß es. Trotzdem waren die Beamten schockiert, als sie so viele Menschen zwischen ebenfalls auf dem Lkw befindlichen Paletten entdeckten. „Es waren ja auch viele kleine Kinder dabei“, sagte der Sprecher der Bundespolizei. Zwar sei genügend Luft durch die Planen des Lkw gekommen, aber die Menschen seien erschöpft, hungrig und durstig gewesen.
Alle waren zunächst versorgt und medizinisch untersucht worden und sind inzwischen in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt angekommen. Gegen die Erwachsenen unter ihnen wird wegen Verdachts der unerlaubten Einreise ermittelt. Die meisten sind laut Bundespolizei bereits vor einigen Tagen in Rumänien registriert worden.
Eine Reise ohne Ziel
Als Ziel hätten die Geflüchteten verschiedene Regionen in Deutschland und im Ausland angegeben. Ob darunter auch Berlin war, konnte der Sprecher der Bundespolizei nicht mit Bestimmtheit sagen. In der Hauptstadt waren von Januar 2015 bis Juli 2017 insgesamt 76 000 Asylsuchende aufgenommen. Das teilte die Berliner Senatsverwaltung für Integration auf Anfrage der CDU-Abgeordneten Cornelia Seibeld mit. Sie hatte wissen wollen, wie viele Flüchtlinge sich in Berlin aufhalten, und Medienberichten zufolge kritisiert, dass der Senat das nicht konnte.
Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Regina Kneiding, wies diese Kritik zurück. Man habe lediglich mit dem Begriff Flüchtling oder Geflüchteter Schwierigkeiten, weil der nicht eindeutig definiert sei. „Zählen dazu auch Flüchtlinge, die schon vor zehn oder zwanzig Jahren kamen? Und wie lange soll man Menschen, die vielleicht längst integriert sind, als Flüchtlinge bezeichnen?“
Die Senatsverwaltung wisse aber, dass derzeit etwa 34 000 Menschen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, darunter 16,5 Prozent Kinder und viele, die schon vor 2015 gekommen seien. 4000 Asylanträge seien noch nicht entschieden und 36 000 Menschen hätten ein Bleiberecht erhalten, hieß es. Viele hätten Arbeit, andere erhielten Hartz IV – aufgrund des gewandelten Status würden sie aber nicht mehr als Flüchtlinge erfasst.