Nach Akteneinsicht: Grüne wollen BER-Untersuchungsausschuss
Die Grünen wollen Klarheit: Wer hat Schuld am BER-Debakel, wer wusste Bescheid? Am Freitag haben sie die Akten eingesehen. Jetzt wollen sie einen Untersuchungsausschuss zum Flughafen-Debakel.
Die Grünen wollen es wissen: Gibt es beim Flughafendesaster ein Fehlverhalten der Geschäftsführung unter Rainer Schwarz und Versäumnisse des Aufsichtsrats unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)? Wann wusste wer von den massiven Problemen? Wie konnte es zu der massiven Zeitverzögerung und der Kostenexplosion kommen? Antworten erhofften sich die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop und der baupolitische Sprecher Andreas Otto bei der Akteneinsicht im Roten Rathaus, die sie durchgesetzt haben. Von 9 bis 14 Uhr haben sich die beiden Abgeordneten am Freitag durch die Unterlagen gewühlt. Nun steht für die Grünen fest: Es soll einen Untersuchungsausschuss zum Flughafen-Debakel geben.
Die Grünen stellen mit 29 Abgeordneten im Berliner Landesparlament allerdings nicht das notwendige 25-Prozent-Quorum zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Sie sind auf die Unterstützung anderer Fraktionen angewiesen. Die Linke signalisierte bereits mögliche Zustimmung, wollte aber zunächst selbst die Akten sichten. Die beiden Grünen-Politiker hatten geheime Protokolle, Controllingberichte und Wirtschaftspläne gelesen. Sie mussten aber eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben und dürfen sich inhaltlich nicht zu den Akten äußern.
Unterdessen ist der Flughafengesellschaft wegen bislang verweigerter Akteneinsicht zum Planfeststellungsverfahren für BER ein Zwangsgeld von 10 000 Euro angedroht worden. Laut dem Verwaltungsgericht Cottbus müssen einem Kläger aus Kleinmachnow innerhalb von drei Werktagen die Unterlagen vorgelegt werden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte bereits Mitte Mai in einem Eilverfahren die Akteneinsicht angeordnet. In den Akten vermuten Fluglärmbetroffene Informationen über eine mögliche Täuschung bei den Flugrouten. Das Argument, die Dokumente seien nicht zu finden, ließ das Verwaltungsgericht Cottbus nicht gelten.
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Freiwillig rücken die Verantwortlichen weiter keine Angaben heraus, auch nicht die zum Bauverfahren. Weder der Aufsichtsratsvorsitzende Wowereit noch die amtierende Geschäftsleitung machen Angaben zum Stand der Verhandlungen mit dem geschassten Geschäftsführer Manfred Körtgen, dem sie die Hauptschuld an der verspäteten Eröffnung des neuen Flughafens zuschreiben. Für eine fristlose Kündigung hat die Beweislast nicht gereicht; von Anfang an hat der Aufsichtsrat auf Verhandlungen mit Körtgen für eine Vertragsauflösung gesetzt – mit Anspruch auf eine Abfindung.
Die Frage des Grünen-Abgeordneten Joachim Esser im Hauptausschuss, ob Körtgen 180 000 Euro für seinen erzwungenen Abgang erhalte, beantwortete Wowereit nicht. Er dementierte die Zahl aber auch nicht.
Flughafensprecher Ralf Kunkel sagte lediglich, die Klärung laufe. Das Bundesverkehrsministerium wiederum verweist auf den Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit. "Ansprechpartner für die Konditionen der Vertragsauflösung ist der Vorsitzende des Aufsichtsrates, der entsprechende Vereinbarungen mit Herrn Körtgen abschließt", sagte ein Sprecher des Ministeriums dem Tagesspiegel. Ein Betrag von 180 000 Euro wäre relativ gering. Körtgens Vertrag läuft Ende August 2013 aus. Im vergangenen Jahr kassierte der Manager 281 000 Euro. Um sich ganz von Körtgen zu trennen, muss er sogar doppelt „freigekauft“ werden, denn er hat auch noch seit 2004 einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Projektleiter für den Flughafenbau. Die Einnahmeausfälle durch die Verschiebung liegen jetzt bei rund 15 Millionen Euro pro Monat, teilte Wowereit auf eine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Prieß (Piraten) mit.
Unterdessen gibt es weiter Zweifel am nun verkündeten Eröffnungstermin 17. März 2013. Auch die Bahn scheint dem neuen Versprechen nicht zu trauen. Auf den in ihren Zügen verteilten Informationen heißt es, die Eröffnung sei „auf unbestimmte Zeit“ verschoben worden. (Mit dpa, ctr)