Sondervermögen Infrastruktur: Grüne und Linke kritisieren "zu viel SPD" in Siwana-Liste
Bei der Verteilung von 650 Millionen Euro fühlen sich beide Koalitionspartner schlecht repräsentiert und wollen die Liste nicht akzeptieren.
Das Problem ist nicht neu: Sobald die Jahresüberschüsse im Berliner Haushalt verteilt werden, streiten sich die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne regelmäßig darüber, wer die schönsten Projekte zu bieten hat. Alle wollen sich wiederfinden, wenn für das „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ (Siwana) eine neue Förderliste zusammengestellt wird.
Dieses Mal geht es um 650 Millionen Euro. Allerdings beklagte Finanzsenator Matthias Kollatz schon vor einer Woche, dass die öffentliche Verwaltung Wünsche im Wert von drei Milliarden Euro angemeldet hätte.
Also mussten Prioritäten gesetzt werden. Die passend gemachte Siwana-Liste aus der Finanzverwaltung wurde am Montag in der Staatssekretär-Konferenz verteilt und den Fraktionschefs von SPD, Linken und Grünen zur Kenntnis gegeben. Es ging, wie berichtet, um 27 verschiedene Posten – von neuen Feuerwehrfahrzeugen über die Sanierung von Rathäusern bis zum Ankauf von U-Bahnwagen und Geld für Probebühnen der Freien Szene.
Allerdings wollen Grüne und Linke diese Liste so nicht akzeptieren, weil ihrer Meinung nach „zu viel SPD“ in den Vorhaben steckt. Außerdem ist der Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) die neue Siwana-Belegung zu wenig investiv. „Es kann nicht sein, dass man sich jetzt durch die Hintertür vom Jahrzehnt der Investitionen verabschiedet und stattdessen konsumtive Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe ankündigt“, sagte sie dem Tagesspiegel.
Linke kritisiert Verfahren für Siwana-Belegung
Gegen welche Vorschläge sich diese Kritik richtet, verriet Pop nicht. Aus Kreisen der Grünen war aber zu vernehmen, dass der Startzuschuss der BVG-Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft in Höhe von 165 Millionen Euro nicht im normalen Haushalt untergebracht wurde, sondern in Siwana. Damit sollte der Grünen-Anteil an der Liste offenbar weitgehend abgedeckt werden, wird den Sozialdemokraten vorgeworfen. Andere „hoch priorisierte Grünen-Vorhaben“ seien dagegen ignoriert worden, hieß es. Dazu gehören beispielsweise W-Lan in Bussen und Bahnen und zusätzliche Investitionen für Fußgänger und Fahrradfahrer.
Auch die Linken kritisierten in der Senatssitzung am Dienstag das Verfahren für die Siwana-Belegung. „Verschiedene Ressorts haben deutlich gemacht, dass ihre Prioritäten nicht ausreichend berücksichtigt sind“, sagte die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) nach der Kabinettssitzung. Aus ihrer Sicht bestehe, um ein Beispiel zu nennen, dringender zusätzlicher Finanzbedarf für die Grundinstandsetzung des Flughafengebäudes Tempelhof. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) wiederum beklagte in der Senatssitzung, dass seine Kulturprojekte nicht zum Zuge kämen.
Lederer will mehr Geld fürs Personal
Außerdem will Lederer dem Vernehmen nach mehr Geld fürs Personal. Schon im Nachtragshaushalt für 2018, der Ende vergangenen Jahres vom Parlament auf den letzten Drücker beschlossen wurde, hätten die Grünen viel mehr Stellen bekommen als die Linken. Außerdem merkte der Kultursenator an, dass das vom Senat geplante Religionshaus „House of One“ am Petriplatz, für das in der neuen Siwana-Liste 10 Millionen Euro stehen, nicht von seiner Verwaltung angemeldet worden sei. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) konterte die Kritik der beiden Koalitionspartner nach Angaben von Teilnehmern mit dem Hinweis, dass die senatsinternen Verhandlungen über die neue Siwana-Liste schon lange liefen. Dafür seien doch die Staatssekretäre da, um solche Konflikte im Vorfeld zu klären.
Die Stimmung im Kabinett war mal wieder gedrückt. Möglicherweise wird über eine Korrektur der Liste schon am Donnerstag in der Senatsklausur weiter diskutiert. Am Montag sollen dann die Fraktionschefs die Korrekturwünsche von Linken und Grünen möglichst endgültig verhandeln. Dann könnte der Senat die fünfte Tranche von Siwana am nächsten Dienstag beschließen. Seit 2015 haben sich 3,7 Milliarden Euro im großen Topf angesammelt.
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