Flüchtlinge in Berlin: Grüne: Besser keine Flüchtlinge nach Marzahn
Der Senat hat zehn Standorte für Flüchtlingsheime aus seiner Liste gestrichen. Die Grünen stellen Standorte in NPD-Hochburgen infrage.
- Thomas Loy
- Robert Ide
- Ronja Ringelstein
Die Darßer Straße 101 ist ersatzlos gestrichen. Auf einer Fläche von rund 5000 Quadratmetern sollten Container für Flüchtlinge aufgestellt werden, doch der Bezirk Lichtenberg formulierte eine entscheidende Bedingung: „Nur gegen Freizug der Turnhalle Darßer Straße“.
Unklar bleibt, ob der Senat diese Bedingung nicht akzeptieren wollte oder der Bezirk erfolgreich damit argumentieren konnte, im Bezirksvergleich schon die meisten Flüchtlinge (rund 6000) aufgenommen zu haben. Eine Spitzenposition hat Lichtenberg auch bei den neuen Standorten.
Von 69 Standorten für Modulbauten und Containerdörfer sind in der am Montag veröffentlichten Liste nur noch 59 übrig. In Mitte wurde die Otto-Braun-Straße 70, das Haus der Statistik, gestrichen. Eine Initiative, unterstützt von Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD), hatte vorgeschlagen, bis zu 1000 Flüchtlinge dort unterzubringen. Doch der Senat favorisiert den Einzug einer Behörde in den leerstehenden Komplex, der dem Bund abgekauft werden soll.
Die Flüchtlingsunterkünfte in Nazi-Hochburgen zu streichen, ist das völlig falsche Signal. Wenn der Eindruck entsteht, dass es ausreicht genug Krawall zu veranstalten, um Unterkünfte zu verhindern, werden sich schnell Nachahmer finden.
schreibt NutzerIn pat7
In Pankow sollen drei Standorte wegfallen
In Pankow wurden Containerdörfer am S-Bahnhof Greifswalder Straße, in der Walter-Friedländer-Straße (Wohngebiet „Alter Schlachthof“) und an der Kniprodestraße gestrichen. Die ersten beiden Standorte gelten als zu klein, an der Kniprodestraße ist ein Neubau für die Feuerwehr geplant. Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) zeigte sich überrascht. „Wir haben nicht interveniert.“ Alle drei Grundstücke seien aus Sicht des Bezirks für eine temporäre Nutzung als Containerdorf geeignet.
Zwei neue Standorte für Spandau
In Friedrichshain-Kreuzberg entfällt der Standort Markgrafendamm und in Spandau die Rhenaniastraße (dafür stehen jetzt die zwei fehlenden Adressen für zwei Containerheime fest - sie entstehen an der Wilhelmstraße 25 und in der Straße Am Oberhafen, nahe Ikea).
In Treptow-Köpenick werden auf die Gerhard-Sedlmayr-Straße und den Fürstenwalder Damm verzichtet, und ein Standort in Steglitz-Zehlendorf wird überprüft.
Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) soll jetzt zusammen mit den Bezirken nach Ersatzstandorten suchen, damit wieder die Sollzahl von 69 erreicht werde, sagte Jens Metzger, Sprecher der Finanzverwaltung.
Grüne: Flüchtlinge in NPD-Hochburgen brauchen mehr Sicherheit
Die Grünen hätten auch gerne ein paar Standorte gestrichen. „In einer schwierigen Nachbarschaft wie Marzahn passt das nicht“, sagte die Fraktionsvorsitzende Antje Kapek. Die geplanten Standorte Zossener Straße und Albert-Kuntz-Straße lägen in einer NPD-Hochburg. Inzwischen stellte Kapek klar, dass die beiden Standorte im Stadtteil Hellersdorf liegen - eine Verwechslung, so Kapek. Der Sprecher der Grünen-Fraktion Julian Mieth versuchte am Dienstag, die Äußerung Kapeks einzuordnen. Gemeint sei, dass man, wenn es schon Flüchtlingsheime in Marzahn geben solle, solle man die Anwohner darauf vorbereiten. Gerade bei problematischer Nachbarschaft müsse auch die Sicherheitslage durch den Senat mitberücksichtigt werden. Tatsächlich liegen die beiden genannten Straßen zudem in Hellersdorf und nicht in Marzahn. Kapek habe die Standorte irrtümlich nach Marzahn verlegt.
Auch die Modulbauten in der Neuköllner Kiefholzstraße, auf dem Gelände der Wagenburg Schwarzer Kanal, hält Kapek nur unter der Bedingung für geeignet: dass die Wagendorf-Bewohner nicht verdrängt werden. Man sei gesprächsbereit, erklärte die Berliner Immobilienmanagement GmbH, die den Standort verwaltet.
Grüne: 34.000 Plätze für Flüchtlinge sind viel zu wenig
Die Grünen halten die geplanten 34.000 Plätze für Flüchtlinge für viel zu gering bemessen. „Wir brauchen doppelt, wenn nicht dreimal so viele Plätze“ sagte Kapek. Statt große Standorte mit mindestens 500 Plätzen auszuweisen, sollten kleinere Flächen gesucht werden, auch Baulücken, wo Flüchtlinge besser in die vorhandene Nachbarschaft integriert werden könnten.
Kapek könnte sich auch hölzerne „Wohnkuben“ auf Flachdächern vorstellen. Solche Mini-Wohnungen seien schon für eine Monatsmiete von 150 Euro finanzierbar. Holz als Baustoff sei ohnehin besser geeignet, als einfach Container aufeinanderzustapeln. Und wesentlich günstiger. Bezogen auf die unterschiedlich lange Lebensdauer koste ein Wohnplatz im Holzmodulbau 50 Cent, im Container dagegen fünf Euro. Der Senat hat sich bei der Ausschreibung jedoch auf Betonfertigteile festgelegt. „Beton ist doppelt so teuer wie Holzmodule“, sagte Kapek. Außerdem dauere der Bau wesentlich länger. Bei neun bis zwölf Monaten Bauzeit für die Betonmodulhäuser könne man auch „überlegen, ob man nicht gleich regulär baut“.