Digitalisierung der Berliner Behörden: Grüne: "Auf diesem Gebiet ist so gut wie nichts passiert"
Die Berliner Behörden müssen endlich auf das digitale Zeitalter vorbereitet werden, sagen die Grünen. Dafür fehlen bisher die gesetzlichen Grundlagen, die notwendige Technik, das Geld und das Personal.
Berlin fehlt eine moderne Verwaltung, die dem digitalen Zeitalter gewachsen ist. Diese vernichtende Bilanz zogen am Montag die Grünen. „Es ist auf diesem Gebiet so gut wie nichts passiert, seitdem SPD und CDU gemeinsam regieren“, sagte Thomas Birk, ein Fachmann der Grünen für die Verwaltungsreform.
Die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte sei grandios gescheitert. Ein neues E-Governmentgesetz, über das sechs Jahre lang diskutiert worden sei, werde vor der Wahl im September vom Parlament wohl nicht mehr beschlossen. Auch das Bürgerkonto, mit dem jeder Berliner per Benutzername und Passwort mit der Verwaltung kommunizieren könnte, vergleichbar mit dem Online-Banking, lasse auf sich warten, kritisieren die Grünen. In anderen Kommunen, beispielsweise in München, gibt es das schon. Es fehle im Berliner Landesdienst auch ein gemeinsamer Standard für die IT-Technik und Software, sagte Birk.
Die Datentransparenz lasse auch zu wünschen übrig. Das Berliner Portal für „Open Data“ enthalte etwa 100 Datensätze, in Hamburg seien es 26000. Dass Berlin in Sachen digitaler Verwaltung immer noch Entwicklungsland ist, habe mehrere Gründe, so Birk. Zum einen beschäftige sich im Abgeordnetenhaus kaum jemand ernsthaft mit Informationstechnologien und Verwaltungsstrukturen. Innensenator Frank Henkel (CDU) sei am Thema ebenfalls nicht interessiert, und die Senatskanzlei bringe nichts zustande. Man schiebe sich im Senat, wenn es um die dringend notwendige Verwaltungsreform gehe, gegenseitig die Verantwortung zu.
Forderungskatalog der Grünen
Und die zweistufige Verwaltung, ohne Fachaufsicht des Senats gegenüber den Bezirken, erschwere die Abstimmung und damit die Vereinheitlichung moderner Verfahren. Die Bezirke seien mit ihrer „dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung“ personell und finanziell überfordert. Die Grünen, die nach der Wahl im September gern mitregieren würden, haben einen Forderungskatalog aufgestellt. Zentraler Baustein für eine moderne Verwaltung sei die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte. Die Effizienz der Mitarbeiter könne so um zehn Prozent gesteigert werden.
Es lohnt sich nach Einschätzung der Grünen, 100 bis 200 Millionen Euro für die E-Akte auszugeben. Eine solche Investition rechne sich schon im ersten Jahr. Für die Bürger müsse es mehr Online-Angebote geben und alle IT-Entwicklungen der Behörden sollten auf „Open Source“ umgestellt werden. Das erhöhe auch die Datensicherheit. Außerdem müssten die Daten der Verwaltung öffentlich zugänglich gemacht und die Bürgerbeteiligung via Internet ausgebaut werden. Um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben, fordern die Grünen einen „Chief Information Officer“, und ergänzend einen zentralen IT-Sicherheitsmanager.
IT-Staatssekretär gibt es bisher nicht
Um die Bezirke besser einzubeziehen, sollte beim Rat der Bürgermeister eine IT-Geschäftsstelle eingerichtet werden. Das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) müsse besser ausgestattet werden, für eine konzeptionelle Arbeit der Behörde fehle das nötige Geld, kritisierte Birk. Er sprach sich auch für eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern aus. Mit Brandenburg beispielsweise gebe es bis heute „so gut wie keine Kooperation“ auf dem Gebiet. Die Grünen vermissen auch ein freies WLAN in allen öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln.
Seit 2007 kündige der Senat dies an, nun werde es endlich Zeit. Im November 2015 hatte der Senat mit dem künftigen Betreiber, der Firma „abl social federation“, einen vorerst auf zwei Jahre befristeten Vertrag abgeschlossen. In öffentlichen Gebäuden aller Bezirke sollen 650 kostenfreie Hotspots eingerichtet werden, ein großer Teil bis zum Sommer.
Das Konzept sei aber „wenig überzeugend“, kritisierte der Vize-Fraktionschef der Grünen, Stefan Gelbhaar. Die vorrangige Ausrüstung der U- und S-Bahnen sei sinnvoller. Der Senatsentwurf für ein E-Governmentgesetz liegt seit Oktober dem Landesparlament vor. Termine für die Beratung gibt es noch nicht. Die Einführung der elektronischen Akte wurde auf ein Pilotprojekt reduziert. Der Zustand der Bürgerämter ist allgemein bekannt und den 2011 im Koalitionsvertrag versprochenen IT-Staatssekretär gibt es bisher nicht.