Bedrohter Club hat Zwischenlösung gefunden: Griessmühle zieht nach Lichtenberg oder Mitte
Am 31. Januar endet der Pachtvertrag des Neuköllner Clubs. Danach geht es an einem neuen Ort weiter. Am Mittwoch fand eine Kundgebung in Neukölln statt.
Ende Januar endet der Pachtvertrag für den Technoclub Griessmühle. Vorbei ist die Geschichte des Clubs dann aber noch nicht: Wie die Berliner Clubcommission, Interessenvertretung vieler Clubs in der Stadt, und das Griessmühlen-Team am Mittwoch mitteilten, wurde bereits eine Ausweichfläche für den Club gefunden.
Lutz Leichsenring, Pressesprecher der Clubcommission, teilte mit, dass es zwei Optionen gebe: einen Standort in Mitte und einen in Lichtenberg. An einem der beiden Orte soll die Griessmühle ab Mitte Februar mit ihrem bereits geplanten und gebuchten Programm „ins Exil“ gehen, hieß es.
Beide Orte würden bereits als Veranstaltungsorte bespielt werden und böten ähnlich viel Platz wie die bisherigen Griessmühle-Räumlichkeiten, teilte Leichsenring mit. In den nächsten zwei Tagen werde entschieden, bis dahin will die Clubcommission nichts Näheres verraten.
Lösung für mehrere Monate
„Es ist eine Lösung für mehrere Monate, damit die Künstler unterkommen, die wir schon gebucht haben“, sagte der Sprecher. Insgesamt zeigte sich Leichsenring mit den Verhandlungen zufrieden. Der Investor könne sich grundsätzlich vorstellen, dass der Standort in Neukölln weiterhin als Club genutzt wird, wenn auch nicht in der Größenordnung und dem momentanen Konzept, teilte Leichsenring mit.
„Aber wir sind erstmal happy, dass wir Gespräche führen konnten und Offenheit bestand. Es ist auch ein wichtiges Signal in die Immobilienwirtschaft, dass ein alteingesessener Investor wie die S Immo sich da bewegt hat“, sagte Leichsenring.
350 Leute bei Kundgebung
Die für Mittwochnachmittag geplante Kundgebung von Griessmühle-Unterstützern am Rathaus Neukölln fand aber wie geplant statt. Um kurz nach 16 Uhr ging es los, etwa 350 Leute, waren nach Angaben der Polizei vor Ort, angemeldet waren 500. Gegen 17.30 Uhr füllte sich der Platz vor dem Rathaus zusehends, es lief lautstark Techno, junge Leute tranken Bier aus der Flasche und unterhielten sich hauptsächlich auf Englisch.
Die Clubcommission bedankte sich auf der Kundgebung bei den Unterstützern mit den Worten: „Berlin war schon immer unbequem, jetzt wird sie auch unbequem für Investoren und das ist gut so.“
Unter den Unterstützern war neben Dr. Motte auch Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel, der sich in seiner Rede für das vielfältige Kulturprogramm der Griessmühle bedankte und dem Club weiterhin seine volle Unterstützung zusagte.
Chantale Lehmann, 22, aus Berlin, sagte auf der Kundgebung: „Ich habe Angst, dass das ein Anfang ohne Ende sein könnte, wenn die Griessmühle schließt. Berlin profitiert so stark von der Technokultur.“ Und Johanna Keßler, 34, Psychotherapeutin, ist der Meinung: „Die Griessmühle ist nur ein Symptom, das Bewohnen von Flächen ist ein grundsätzliches Problem in Berlin. Ausländische Investoren kommen und verdrängen die Bevölkerung und was übrig bleibt ist eine Stadt für Reiche."
Und auch auf dem langjährigen Areal des Clubs an der Sonnenallee 221, gegenüber dem Estrel-Hotel, soll es weiter Partys geben. Am Dienstag zeigte sich der Geschäftsführer der Eigentümerin der Fläche, der S Immo, bei einem Gespräch mit der Clubcommission offen für eine weitere Nutzung der Fläche als Clubstandort.
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Zwar könne ab Februar wegen Baumaßnahmen dort zunächst kein Clubbetrieb stattfinden. Allerdings sei der Zeitraum für die Räumung der Griessmühle bis Mitte Februar verlängert worden, heißt es in der Mitteilung der Clubcommission. Die Abschiedsparty der Griessmühle am alten Standort soll demnach bis zum 3. Februar stattfinden.
Partys während der mehrjährigen Bauphase sind möglich
Gemeinsam mit der Clubcommission und der Berliner Politik will die S Immo anschließend die weitere Nutzung der Fläche prüfen. Der S Immo-Geschäftsführer Robert Neumüller soll in Aussicht gestellt haben, dass möglicherweise bereits während der anstehenden Bauarbeiten eine Freifläche zwischengenutzt werden könnte. „Wir können uns auch vorstellen, dass bereits während der Bauphase in den nächsten Jahren ein temporärer Ort auf dem Gelände geschaffen wird, der dem Neuköllner Geist entspricht“, wird Neumüller zitiert.
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Zuvor hatte der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sich Anfang der Woche einstimmig für einen Antrag zum Erhalt der Griessmühle ausgesprochen. Das war zugleich das erste Mal, dass sich das Berliner Abgeordnetenhaus für den Erhalt eines Clubs durch einen Beschluss im Parlament aussprach.
Zuvor hatten neben Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) auch Bezirkspolitiker ihre Unterstützung für den Club ausgedrückt.