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Ein Foto zeigt das Fake-Videotelefonat zwischen einem vorgeblichen Vitali Klitschko mit Franziska Giffey (SPD).
© dpa/Senatskanzlei Berlin
Update

Nach Fake-Videotelefonat: Giffey kündigt Gespräch mit echtem Klitschko an – Vortest soll helfen

Berlins Senatschefin will mit Kiews Bürgermeister sprechen. Einen Angriff auf das Landesnetz gab es wohl nicht. Auch Warschau telefonierte mit dem Falschen.

Nach dem Skandal um das Video-Gespräch mit einem falschen Vitali Klitschko will Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nun mit dem echten Kiewer Bürgermeister sprechen.

Das Gespräch solle „in den nächsten Tagen bis Mitte Juli“ stattfinden, sagte die Regierende am Dienstag nach der Sitzung des Senats. Damit diesmal tatsächlich der echte Klitschko auf dem Bildschirm zu sehen sein wird, soll es zuvor eine Prüfung geben. „Wir werden künftig mit einem Vortest arbeiten, ob das echt ist“, sagte sie.

Giffey war am Freitag bei einem Video-Telefonat einem Betrüger aufgesessen, der sich als Vitali Klitschko ausgegeben hatte. Doch mehrere Fragenkomplexe hätten Giffey und ihre Mitarbeiter im Laufe des Gesprächs, das die Person am anderen Ende der Leitung auf Russisch führen wollte, stutzig gemacht, ehe die Verbindung schließlich abgebrochen sei.

Ähnlich wie Giffey ist es weiteren Stadtoberhäuptern ergangen. Neben den Bürgermeistern von Wien, Budapest und Madrid hat auch Warschaus Bürgermeister ein im Nachhinein als Fälschung entlarvtes Videotelefonat mit einem vorgeblichen Vitali Klitschko geführt. Das Gespräch von Rafal Trzaskowski mit dem vermeintlichen Kiewer Bürgermeister habe bereits Anfang Juni stattgefunden, berichteten polnische Medien.

Nachdem in den vergangenen Tagen mehrere solcher Fake-Telefonate eines unechten Klitschko publik geworden waren, bestätigte Trzaskowski sein Gespräch am Montagabend dem Sender Radio Zet. „Man sieht, dass hier eine systematische Vorgehensweise gegeben ist“, sagte Giffey mit Blick auf die weiteren Betrugsfälle.

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Unklar bleibt, um welche Form der Manipulation es sich bei dem Betrug gehandelt hat. Die Senatskanzlei hatte zunächst von einem „Deep Fake“ gesprochen. Dabei geht es um einen Medieninhalt, der mit Techniken künstlicher Intelligenz (KI) manipuliert wurde. Nach Angaben der Senatskanzlei hatte es keinen Hinweis darauf gegeben, nicht mit einer realen Person zu sprechen.

Zweifel an Deep-Fake-Erklärung

Der ARD-Journalist Daniel Laufer hatte zuvor bezweifelt, dass es sich um einen „Deep Fake“ gehandelt hat. Demnach entsprächen die fünf veröffentlichten Bilder genau einem Interview, das Klitschko im April einem ukrainischen Journalisten gegeben habe – und nun als Material für die Täuschung gedient habe. Weder in der Mimik noch im Hintergrund gebe es Abweichungen, was aber bei einer Manipulation mit KI wahrscheinlich sei.

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Möglicherweise wurde das Videomaterial des damaligen Interviews als Grundlage verwendet und in Echtzeit mit dem Gesprochenen und den Lippenbewegungen desjenigen zusammengeführt, der tatsächlich mit Giffey sprach. Fachleute bezeichnen das als „Face Reenactment“.

Da es keine Aufzeichnung des Gesprächs gebe, lasse sich die genaue Täuschungsmethode im Nachhinein nicht mehr ermitteln, erklärten Giffey und Berlins Chief Digital Officer Ralf Kleindiek einhellig am Dienstag.

Mittlerweile ermittelt die Abteilung Staatsschutz beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) nach dem Fake-Telefonat. „Wir versuchen die Motivation der Täter herauszufinden“, sagte Giffey. Ermittelt werde, welche Strafe in der Sache überhaupt vorliege. Letztlich handele es sich um einen Diebstahl der Identität des Kiewer Bürgermeisters Klitschko.

Ein Angriff auf das Berliner Landesnetz sei mit dem Fake-Gespräch nicht einhergegangen, sagte Kleindiek. Dafür gebe es „keine Anhaltspunkte“. Künftig müssen die Beteiligten wohl noch besser aufpassen. Rein technisch, sagte Kleindiek, seien die Möglichkeiten beschränkt, den Betrug zu erkennen.

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