DGB-Forderungen für Berliner Wahlkampf: Gewerkschaften wollen Corona-Hilfen an Tariftreue von Firmen knüpfen
In einem Positionspapier fordert der DGB auch in der Krise gut bezahlte Jobs in Unternehmen und öffentlichem Dienst. Außerdem wirbt er für Rekommunalisierungen.
"Berlin für alle!" lautet ein Positionspapier des DGB Berlin-Brandenburg, das von Einzelgewerkschaftern und dem DGB-Landesvorsitzenden Christian Hoßbach am Mittwoch vorgestellt wurde.
Im Prinzip ist es ein Forderungskatalog an die Politik nach der Abgeordnetenhauswahl für die nächsten Jahre 2021 bis 2026. Die Sicherung und Schaffung von gut bezahlten, tariflich gesicherten Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst und in den Unternehmen bilden nach wie vor die Hauptanliegen der Gewerkschaften.
Um die Folgen der Coronakrise zu überwinden, verlangt der DGB Förderungen von Unternehmen und Aus- und Weiterbildungen für Arbeitnehmer. Mit einer Einschränkung: Wer Förderungen und andere staatliche Zuwendungen erhält, muss tariftreu sein. Und outgesourcte Dienstleistungen müssten wieder rekommunalisiert werden. "Wir brauchen einen Rekommunalisierungscheck", forderte Hoßbach. Als positives Beispiel nannte er die Schulreinigung, die wieder in den Verantwortungsbereich der Bezirke übertragen wurde.
Allein in ersten drei Monaten nach dem ersten Lockdown hätten mehr als 30.000 Menschen ohne soziale Absicherung ihren Job verloren. Betroffen davon ist vor allem die Gastronomie. Sebastian Riesner, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Berlin-Brandenburg forderte, das Land Berlin solle sich für die "Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse einsetzen". Besonders das Dienstleistungsgewerbe brauche Perspektiven für die Zukunft.
DGB will Investitionsoffensive für Berufsschulen
Die Forderungen der Gewerkschaften im Bildungsbereich gehen vom deutlichen Ausbau der Digitalisierung mit mobilen Endgeräten für alle Lehrenden und Lernenden bis zu kleineren Schulklassen und Gruppen in den Kitas. Der Senat habe es versäumt Erzieher:innen weiterzubilden, sagte der Vorsitzende der GEW Berlin, Tom Erdmann. Die im Koalitionsvertrag verankerte Zahl, 2000 Lehrkräfte an den Universitäten auszubilden, sei verfehlt worden. "Nur die Hälfte wurde erreicht."
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Die Gewerkschaften im DGB fordern eine Investitionsoffensive für die Berufsschulen mit einer besseren Berufs- und Studienorientierung. Für Auszubildende müsse auch ausreichend Wohnraum geschaffen werden und Azubi-Wohnheime mit 1000 neuen Plätzen zwischen 2021 und 2026 aufgebaut werden. Hoßbach bezeichnete die Zahl der bisherigen Wohnheimplätze als "marginal".
Gewerkschaft: S-Bahn darf nicht zerschlagen werden
Die Erhaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge ist Frank Wolf, Landesbezirksleiter von Verdi Berlin-Brandenburg, ebenso wichtig wie Michael Bartl, Vorstand der Berliner Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Vor allem der ÖPNV dürfe nicht kaputt gespart werden, sondern müsse ausgebaut werden. Bei der S-Bahn bestehe die Gefahr, "nicht mehr konkurrenzfähig zu sein", sagte Bartl. Die Gewerkschaften lehnen eine Privatisierung beziehungsweise Teilprivatisierung der S-Bahn ab. Die S-Bahn dürfe nicht zerschlagen werden.
In der Wirtschaftspolitik muss der Senat die "exzellente Forschungs- und Entwicklungslandschaft" in der Stadt fest verankern, so Birgit Dietze, Bezirksleiterin der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. Sie forderte den Ausbau von Zukunftstechnologien und den Aufbau von Reallaboren, aber auch die Bewahrung der bestehenden Industrie in der Stadt.
Der DGB begrüßt Maßnahmen, um in Berlin Wasserstofftechnologien zu entwickeln. Stephanie Albrecht-Suliak, stellvertretende Landesbezirksleiterin Nordost der IG BCE erwartet eine "kooperative Industriepolitik". In dem Positionspapier fordern die Gewerkschaften statt des bisherigen Steuerungskreises Industriepolitik einen "Transformationsbeirat" für den regionalen Strukturwandel.