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Die Gentrifizierung betrifft auch Gewerbetriebende.
© Kitty Kleist-Heinrich

Treptow-Köpenick: Gewerbetreibende müssen aus der Lohmühlenstraße 65 raus

In Alt-Treptow sollen Gewerbetreibende aus der Lohmühlenstraße 65 ausziehen. Ein Investor hat das Haus gekauft. Die Grünen wollen helfen – und Gregor Gysi.

Nicht nur Wohnmieter oder Künstler werden aus ihren Wohnungen und Ateliers verdrängt. Die Gentrifizierung trifft auch immer mehr Gewerbetreibende. „Alle raus!“ heißt es nun in der Lohmühlenstraße 65 in Alt-Treptow. Nachdem ein Investor das Haus gekauft hat, müssen alle Gewerbetreibende ihre Räume verlassen – innerhalb der nächsten drei Monate. Was genau aus dem Gebäude wird, ist offen. Ein Bauantrag wurde noch nicht gestellt. Die Stimmung bei den Mietern jedenfalls ist mies: „Wir finden das richtig scheiße“, sagt Kristina Vesper, unter anderem Konferenzdolmetscherin. „Wir, die Selbstständigen, sind alles, was Berlin ausmacht. Aber man schafft nicht die Bedingungen, dass wir arbeiten können. Man redet nicht mal mit uns.“

Auch Stefan Glücklich arbeitet seit 1992 in der Lohmühlenstraße. Er hat dort ein Tonstudio und einen Musikverlag. Und er hat sich eine Anwältin genommen. „Ich finde es irre, dass sie uns rausschmeißen, obwohl sie noch keine Baugenehmigung haben“, sagt er wütend. Derzeit liefen fast täglich Architekten durch das Haus. In den Gebäuden sind auch Physiotherapeuten und ein Musikstudio – der Besitzer hat zuletzt noch 10 000 Euro investiert. Ansonsten sind die Räume an Filmemacher, Grafiker oder Übersetzer vermietet.

Keine konkreten Nutzungsabsichten liegen vor

Die Stiftung Bildung und Handwerk in Paderborn hatte das Haus zum Juni 2016 verkauft. Warum, möchten sie nicht verraten. Käufer ist die JoLo Berlin Liegenschafts GmbH, mittlerweile umgewandelt in die L65 Grundbesitz GmbH, beide in der Rheinsberger Str. 76/77 in Mitte. Erst einige Tage vor dem Eigentümerwechsel wurden die Mieter informiert – sie haben einen Standardgewerbemietvertrag mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Einige aktive Mieter vermuten, dass „Factory Berlin“ die Gebäude mieten und an Start-up-Unternehmen weitervermieten möchte, da der Geschäftsführer der L65, Stefan Kleiner, gute Kontakte zur Factory pflegt. Ein Sprecher der Factory sagte, man könne den Fall derzeit „nicht vernünftig kommentieren“. Die Expansion der Factory in weitere Objekte in Berlin sei aktuell noch in einer sehr frühen Planungsphase. In Sachen Lohmühlenstraße stehe „einfach noch nichts fest“.

Dem Bezirksamt liegen derzeit noch keine konkreten Nutzungsabsichten des neuen Eigentümers vor. Das Grundstück unterliegt dem Denkmalschutz. Jegliche bauliche Veränderungen auch im Inneren müssen mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden und benötigen eine Genehmigung. „Es ist sehr schade, dass bestehende Gewerbestrukturen zerschlagen werden. Diese Strukturen werden so nicht wieder zusammenfinden“, sagt Bezirksstadtrat Rainer Hölmer. „Eigentlich muss man den Bestand auch gar nicht zerstören. Es gibt genügend freie Gebäude in Treptow.“

Gysi hat Mietern Unterstützung zugesichert

Auch die Politik hat sich eingeschaltet: Gregor Gysi hat den Mietern seine Unterstützung zugesichert, und die Grünen-Politiker Katrin Schmidberger und Harald Moritz fordern von der Stadt einen „Gewerberaumbericht“: Darin soll unter anderem ausführlich untersucht werden, wie sich das Angebot an Flächen für kleinteiliges Gewerbe, Einzelhandel sowie soziale Träger in der Stadt entwickelt.

Zusammen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und auch privaten Eigentümern soll ein Bündnis für bezahlbare Gewerbemieten gegründet werden. „Der Punkt ist, dass es keinen Milieuschutz für Gewerbe gibt“, sagt auch der Atelierbeauftragte der Stadt Berlin, Florian Schmiedt. „Man bräuchte einen Gewerbebeauftragten.“

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