AfD gegen Senatskanzlei Berlin: Gericht weist AfD-Klage gegen Tweet von Müller zurück
Auf Twitter lobt Berlins Regierender Michael Müller eine Anti-AfD-Demo als Zeichen gegen Rassismus. Die AfD ruft ein Gericht an - und unterliegt.
Berlins Regierender Bürgermeister durfte auf Twitter eine Demonstration gegen Rassismus und Rechtsextremismus gutheißen. Das hat am Mittwoch der Berliner Verfassungsgerichtshof entschieden. Ein entsprechender Antrag der AfD wurde zurückgewiesen.
Zur Begründung sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Schudoma, der Tweet Müllers sei zwar in amtlicher Funktion erfolgt und daher dem Neutralitätsgebot unterworfen. Er habe die Chancengleichheit im Wettbewerb der Parteien jedoch nicht beeinträchtigt.
Verboten seien einseitige, unsachliche Stellungnahmen gegen den politischen Gegner. Ein möglicher Bezug zu Teilnehmern der AfD-Demo sei jedoch nur ein „Reflex“ des Anliegens gewesen, Verfassungswerte herauszustellen. Dazu sei der Bürgermeister in amtlicher Funktion befugt und habe auch die Aufgabe dazu, um „den Grundkonsens lebendig zu halten“.
Der Prozessvertreter der AfD, Marc Vallendar, sprach von einer Einzelfallentscheidung, die hinzunehmen sei. Dennoch wolle er eine Anhörungsrüge prüfen und möglicherweise das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Der Prozessvertreter der Senatskanzlei sagte, die Auffassung des Senats habe sich voll bestätigt. In Rechte der Partei sei nicht eingegriffen worden. Eine von der AfD erwogene Rüge sei in diesem Verfahren nicht möglich.
Die Vorgeschichte
Anlass war ein Rechtsstreit der Berliner AfD gegen den Regierenden Bürgermeister Michael Müller. In dem Organstreitverfahren ging es um eine Twitter-Nachricht Müllers zu Demonstrationen in der Hauptstadt.
Der Bundesverband der AfD hatte am 27. Mai 2018 unter dem Motto „Zukunft Deutschland“ demonstriert, begleitet von verschiedenen Gegendemos. Die Senatskanzlei verschickte danach über den Twitter-Account des Regierenden eine Nachricht: „Zehntausende in Berlin heute auf der Straße, vor dem Brandenburger Tor und auf dem Wasser. Was für ein eindrucksvolles Signal für Demokratie und Freiheit, gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze.“
Die AfD bezieht die Äußerungen auf sich und sieht dadurch ihre Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt. Aus diesem Recht folge, dass Inhaber eines Regierungsamtes bei Äußerungen in amtlicher Funktion zur Neutralität verpflichtet seien. Sie dürften nicht einseitig zulasten einzelner politischer Parteien Stellung nehmen. Ihnen sei insbesondere verwehrt, aus Anlass einer politischen Kundgebung negative Werturteile über die veranstaltende Partei abzugeben.
Eine andere Entscheidung wäre hier auch gar nicht möglich gewesen. Wenn sich die dauerbeleidigten Polit-Amateure der AfD von einem Tweet angesprochen fühlen, indem sie gar nicht genannt sind, lässt tief blicken.
schreibt NutzerIn 1964
Der Regierende meint dagegen, es fehle an einem Bezug zur AfD. Die Gegendemos positiv zu bewerten, bedeute nicht, die AfD und ihre Demo abzuwerten. Prozessvertreter Christoph Möllers sagte in der Verhandlung im Januar, es gehe um eine fundamentale Frage, wie politische Auseinandersetzungen künftig abliefen. Es könne nicht sein, dass die Opposition alles sagen dürfe, während die Regierung auf den „Status von Beamten“ zurückgesetzt werde.
Politiker zieht es zu Twitter und Co. Was haben Amtsträger dort zu suchen? Eine Analyse von Jost Müller-Neuhof lesen Sie hier.
Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de