Hohenzollern verlieren in Hamburg: Gericht verbietet Vorwurf der Desinformation gegen NS-Forscher
Es ist ein Urteil mit Signalwirkung: Der Medienanwalt des Preußen-Prinzen darf dem Historiker Malinowski nicht mehr die Erfindung von Fakten unterstellen.
Gerichtsniederlage für die Hohenzollern an der Alster: Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat jetzt in zweiter Instanz dem Medienanwalt von Georg Friedrich Prinz von Preußen untersagt, dem in Edinburgh lehrenden Wissenschaftler und Adelsexperten Stephan Malinowski etwa eine Erfindung von Fakten oder auch Desinformation vorzuwerfen.
Der Senat unter dem Richter am OLG Claus Meyer folgte damit weitestgehend einem vorherigen Urteil des Hamburger Landgerichtes, gegen das Hohenzollern-Medienanwalt Markus Hennig in Berufung gegangen war. Diesen Antrag hatte Hennig vor der Verhandlung am Dienstag nicht zurückgezogen, obwohl Georg Friedrich Prinz von Preußen in Interviews der letzten vierzehn Tage selbstkritische, versöhnliche Töne angeschlagen hatte.
Das OLG-Urteil ist deshalb von Brisanz, weil gerade Hennig im Auftrag von Georg Friedrich Prinz von Preußen seit 2019 mehr als 80 Unterlassungsverfahren angestrengt hatte. Damit ging er massiv gegen Medien, Historiker und Politiker vor, die sich in der Debatte um die Forderungen der Hohenzollern nach Rückgabe tausender Kunstwerke aus Museen der Hauptstadtregion Berlin Brandenburg und einer Millionenentschädigung für zwischen 1945 und 1949 enteignete Hohenzollern-Immobilien öffentlich zu Wort gemeldet hatten.
Das Berliner Landgericht entschied in diesen Eilverfahren in erster Instanz weitgehend zu Gunsten der Hohenzollern, zuletzt etwa gegen den Historiker Winfried Süß vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam (ZZF). Ob Entscheidungen gegen Süß, Malinowski und andere aber tatsächlich Bestand haben, entscheidet im Sommer das Berliner Kammergericht in zweiter Instanz.
Malinowskis NS-Forschung störte die Hohenzollern
Malinowski gilt als Wissenschaftler, der sich besonders kritisch mit den NS-Verstrickungen der Nachfahren des letzten deutschen Kaisers auseinandergesetzt hat. Er hatte für das Land Brandenburg ein Gutachten verfasst und seine Erkenntnisse etwa 2015 in der "Zeit" im Beitrag "Der braune Kronprinz" veröffentlicht, demzufolge der damalige Kronprinz dem NS-Regime erheblich Vorschub geleistet hatte. Unter anderem auf dieser Grundlage lehnte Brandenburg eine Millionenentschädigung für die Hohenzollern ab, wogegen Georg Friedrich Prinz von Preußen klagt.
Schon damals war Malinowski ins Visier geraten. Wie das Haus Hohenzollern gegen diesen Wissenschaftler vorging, wie etwa versucht wurde, „einen offensichtlich missliebigen Gutachter und Autor weiter zu diskreditieren, ja zu kriminalisieren“, schildert jetzt dessen Anwalt Marcellus Puhlemann in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel.
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Medienanwalt Hennig hatte in einem offenen Brief an den Deutschen Historikerverband, der auf der offiziellen Hohenzollern-Homepage verbreitet wurde, Malinowski massiv angegriffen - der sich nun mit erfolgreich mit dem gleichen Instrument verteidigte, das Georg Friedrich Prinz von Preußen über seinen Anwalt gegen Medien, Journalisten und Politiker praktizierte.
Malinowski reagierte erleichtert auf das Hamburger Urteil. „Ich freue mich, dass das Gericht dem Medienanwalt des Herrn Prinzen von Preußen äußerungsrechtliche Grenzen aufgezeigt hat“, sagte er. „Ich bin optimistisch, dass in den ausstehenden Berufungsverfahren am Kammergericht auch bei Aussagen, die Herr Prinz von Preußen untersagen lassen möchte, im August eine Klärung erreicht werden kann. Ich hoffe die juristische Kampagne, die Herr Prinz von Preußen vor Jahren lanciert hat, wird so eine kritische Prüfung erfahren.“
Abgeordnetenhaus debattiert Hohenzollern-Konflikt
An diesem Donnerstag ist der weitere Umgang Berlins mit den Forderungen der Hohenzollern Thema im Berliner Abgeordnetenhaus. Es wird voraussichtlich einen gemeinsamen Entschließungsantrag der rot-rot-grünen Koalition verabschieden, der den Senat auf eine klare Linie verpflichtet - etwa eine gütliche Einigung im Zusammenhang mit den Forderungen ablehnt, bei denen die Vorschubfrage entscheidend ist.
Georg Friedrich Prinz von Preußen hat zuletzt in Interviews wie mit der "New York Times" selbstkritische Töne angeschlagen und Fehler eingeräumt. So sei ein Brief, in der sein Verhandler gegenüber Brandenburger Ministerinnen einen Abzug von Leihgaben aus Museen der Hauptstadtregion ins Spiel gebracht wurde, falsch interpretiert worden.
Der Hohenzollernchef versicherte unter anderem: „Den Vorwurf, dass ich die Wissenschaft einschränken würde, weise ich weit von mir.“ Seine Hand auch gegenüber den Wissenschaftlern Süß und Malinowski bleibe "ausgestreckt", sagte er in einem Interview mit der "Märkischen Oderzeitung", das vergangene Woche erschienen war. Vor der Hamburger Verhandlung.