BER-Ausbau: Gericht schmettert Klage der Kommunen ab
Eigentlich müsste der alte Airport schließen, wenn der neue eröffnet. Doch die Kapazitäten werden nicht reichen. Ein erstes Teil-Urteil ist nun gefällt worden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage der Kommunen gegen den BER-Ausbau abgeschmettert. Die vier BER-Anrainerkommunen Blankenfelde, Eichwalde, Großbeeren und Schulzendorf wollten den Ausbau des Hauptstadtflughafens verhindern.
Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage als "nicht zulässig" ab. Dieses erste Teil-Urteil verkündete OVG-Präsident Joachim Buchheister am Montagnachmittag. Revision sei nicht zugelassen.
Die Gemeinden seien zwar vom Fluglärm betroffen, sagte er als Begründung. Allerdings, fügte Buchheister an: "Die Erweiterung der landseitigen Abfertigungskapazitäten hat keine Auswirkungen auf die Flugbewegungen. Die Zahl der Flugbewegungen ist durch den Planfeststellungsbeschluss auf 360.000 pro Jahr limitiert."
Die Gemeinden hatten gegen die nachträgliche Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Bau des neuen Terminals T2 für Billigflieger geklagt, das derzeit unmittelbar neben dem BER-Hauptterminal entsteht.
BER-Prozess wird fortgesetzt
Der Prozess um die BER-Erweiterungen wird fortgesetzt. Der Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB), der gegen den Weiterbetrieb des alten Schönefelder Airports und die Genehmigung für das neue Billigterminal T2 klagt, ist unstrittig klagebefugt. Mit diesen inhaltlichen Fragen hat sich das Gericht bisher nicht befasst.
Obwohl der Prozessauftakt zu Gunsten der Luftfahrtbehörde und der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) ausging, bleibt der Ausgang also offen. Die Vertreter der Kommunen äußerten sich enttäuscht über die Niederlage. "Wir werden nun überlegen, welche anderen Möglichkeiten wir haben, gegen die BER-Erweiterungen vorzugehen", sagte der Blankenfelder Bürgermeister Michael Schwuchow dem Tagesspiegel.
Man werde sich weiter gegen die Umsetzung des Masterplans wehren, mit dem die BER-Kapazität bis 2040 auf 58 Millionen Passagiere erhöht werden soll. "Meine Hauptkritik ist, dass das nur mit einer dritten Startbahn abgewickelt werden kann." Das bestreitet die Flughafengesellschaft allerdings.
Der Bürgermeister von Eichwalde, Jörg Jenoch, reagierte "ernüchtert". Ein Lichtblick sei, dass der Richter in der Begründung die Flugbewegungen am BER auf 360.000 pro Jahr begrenzt habe. "Damit werden wir immer argumentieren." Der Masterplan in seiner jetzigen Dimension wäre damit hinfällig. Man drücke nun dem Bürgerverein Berlin-Brandenburg mit dessen Klage die Daumen.
Bürgerinitiativen und Anrainergemeinden laufen Sturm
Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) ist zum Prozess nur „beigeladen“, da sich die Klagen gegen die Untere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LUBB) richten.
Trotzdem wollte die FBB gleich mit zwölf Vertretern anrücken. Denn es geht um viel: Vom Ausgang kann es abhängen, ob der alte Schönefelder Flughafen (SXF) – der eigentlich wie Tegel mit dem BER-Start schließen sollte – jahrelang weiter genutzt werden darf.
Die SXF-Terminals und das neue Terminal T2 für sechs Millionen Passagiere, das im Oktober fertig sein soll, werden dringend gebraucht. Denn das BER–Hauptterminal allein ist mit einer Startkapazität von 22 bis 24 Millionen Passagieren, später von 27 Millionen, viel zu klein.
2019 wurden in Berlin bereits 35,64 Millionen Passagiere abgefertigt, davon allein 11,4 Millionen in Schönefeld/Alt. Sollte der Weiterbetrieb juristisch gefährdet sein, könnte es sogar dazu führen, dass Tegel nicht wie geplant kurz nach der BER-Eröffnung geschlossen werden kann.
Gegen den Weiterbetrieb des SXF-Airports, den so genannten Double-Roof-Betrieb, klagt der Bürgerverein Berlin-Brandenburg. Und zwar konkret gegen die dafür von der FBB beantragte 27. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, die die Luftfahrtbehörde genehmigt hat.
„Die Behörde hat es kritiklos durchgewunken, ohne eigene Prüfungen“, sagt BVBB-Chefin Christine Dorn. So habe es trotz der gravierenden Auswirkungen keine Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltprüfung gegeben. „Dabei hat der alte Schönefelder Flughafen inzwischen immerhin die Dimensionen des Flughafens Köln-Bonn oder des Stuttgarter Flughafens“.
Ein weiteres Terminal für 17 Millionen Passagiere pro Jahr ist in Planung
Es könne nicht sein, dass Bürgerbeteiligung und Transparenz nur in Schaufensterreden beschworen werde. Dorn verweist auch darauf hin, dass sich die FBB nur einen Weiterbetrieb bis Ende 2023 genehmigen ließ – und weitere Prüfungen und Beteiligungen unter Verweis auf diese Zeitspanne unterblieben. „Kaum war die Tinte trocken, hieß es, dass Schönefeld/Alt bis 2025/2026 benötigt wird. Inzwischen ist von einem Jahrzehnt die Rede“, sagt Dorn. Die Behörde habe konkrete Auflagen versäumt.
Tatsächlich soll der alte Flughafen Schönefeld nun erst außer Dienst gestellt werden, wenn Ende der 20er Jahre das große BER-Erweiterungsterminal (T3) für 17 Millionen Passagiere vis-à-vis am Willy-Brandt-Platz fertig ist. Aktuell laufen dafür erste Planungen.
Steht der Doppelbetrieb dem Schutz der Anwohner entgegen?
Es sei „ein starkes Stück“, sagt Dorn, den SXF-Weiterbetrieb mit einem noch nicht einmal genehmigten Terminal zu begründen. Zudem werde mit dem Doppelbetrieb eine Auflage des Planfeststellungsbeschlusses zum Schutz der Anwohner ausgehebelt. Und zwar, weil Maschinen, deren Passagiere im alten SXF–Terminal abgefertigt werden, auf der nahen Nordbahn starten oder landen werden.
Nach dem Planfeststellungsbeschluss sind am BER aber „die nächtlichen An- und Abflüge (...) so auf die Start- und Landebahnen zu verteilen, dass sich daraus insgesamt (...) die geringst mögliche Belastung für Flughafenanwohner ergibt.“ Das sei mit dem Doppelbetrieb nicht möglich.
Und was sagt der Flughafen-Chef?
Die Klage der Kommunen wiederum richtete sich gegen die 31. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, mit dem sich die FBB das neue Terminal T2 am BER-Nordpier genehmigen ließ. Beide Klagen richten sich gegen das Vorgehen der FBB, sich die Erweiterungen „scheibchenweise“ genehmigen zu lassen – anstatt den „Masterplan 2040“ insgesamt.
Und was meint der Flughafen-Chef? „Es ist gute Praxis, dem Gericht nicht vorzugreifen“, sagte Lütke Daldrup. „Wir sind Beigeladener in diesem Verfahren. Wir haben aber eine klare Meinung zu unserer rechtlichen Situation: Die Luftfahrtbehörde hat aus unserer Sicht sachgerecht entschieden.“ In zwei spektakulären Schallschutz-Verfahren hatte das OVG aber den Anwohnern Recht gegeben.