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Menschen demonstrieren gegen steigende Mieten, teure Modernisierungen, Gentrifizierung und Zwangsräumungen.
© Stefan Boness/imago images
Update

„Deutsche Wohnen & Co enteignen“: Genug Unterschriften – Berliner Volksentscheid zu Wohnungskonzernen kommt

Das Quorum des Volksbegehrens ist erreicht: In Berlin stimmen die Menschen am 26. September über eine mögliche Enteignung privater Wohnungsunternehmen ab.

In Berlin wird es einen Volksentscheid über die Frage geben, ob große, private Wohnungsgesellschaften enteignet werden sollen. Mehr als sieben Prozent der Wahlberechtigten in Berlin unterschrieben das Volksbegehren der Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen", wie die Berliner Landeswahlleiterin am Donnerstag mitteilte. Das nötige Quorum für ein Volksentscheid ist damit erreicht.

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" fordert den Senat auf, privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, zu vergesellschaften. Insgesamt geht es damit um gut 240.000 Wohnungen in Berlin. Die Unternehmen sollen dafür mit einer Summe entschädigt werden, die "deutlich unter Verkehrswert" liegt, heißt es von der Initiative.

Das Volksbegehren unterschrieben knapp 360.000 Menschen, wie die Landeswahlleitung bekanntgab. Fast ein Drittel der Stimmen (32,7 Prozent) waren demnach aber ungültig. Sie waren von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit abgegeben worden, wie auf der Internetseite der Landeswahlleitung zu lesen ist.

Das war nach Aussage von Aktivist:innen gewollt. Zwar haben nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit ein Abstimmungsrecht. Aber auch Migranten ohne deutsche Staatsangehörige konnten unterscheiben, selbst wenn ihre Stimmen nicht mitzählen, sagte Sebahat Aslan, Unterstützerin der Enteignungs-Initiative. "Wir wollen damit einfach zeigen, wie groß das Problem in der Stadt ist."

273.000 Unterschriften in drei Tagen geprüft

Insgesamt prüften die Berliner Bezirksämter innerhalb von drei Arbeitstagen knapp 273.000 Unterschriften. Mehr als 183.700 davon waren den Angaben zufolge gültig - weshalb die Ämter weitere Stimmen nicht mehr auszählten. Mit Erreichen des Quorums wurde die Prüfung abgebrochen.

[Lesen Sie mehr: Das Netz der Mietaktivisten: Was hinter dem Erfolg der Berliner Enteignungs-Initiative steckt (T+)]

Stimmberechtigt gewesen seien am letzten Tag der Eintragungsfrist (25. Juni) gut 2,5 Millionen Menschen. Für ein Zustandekommen eines Volksentscheids mussten sieben Prozent von ihnen, also rund 171.000 Menschen, das Volksbegehren unterschreiben. Diese Zahl sei erreicht worden.

Menschen protestieren bei einer Demonstration der Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen".
Menschen protestieren bei einer Demonstration der Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen".
© Christophe Gateau/dpa

Unter den ungültigen Unterschriften machten Stimmen von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit 56,6 Prozent den größten Anteil aus (41.557 Stimmen). Knapp 14 Prozent der ungültigen Unterschriften stammten laut Landeswahlleitung von Menschen ohne festen Wohnsitz und weitere zehn Prozent von Menschen, die falsche Angaben gemacht hatten (etwa zum Geburtsdatum).

Enteignung gemäß des deutschen Grundgesetzes?

Die gut 240.000 Wohnungen sollen, so das Ansinnen des Volksentscheids, in eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) überführt werden. Darin soll der Wohnraum gemeinwirtschaftlich und nicht profitorientiert verwaltet werden - "unter mehrheitlicher, demokratischer Beteiligung von Belegschaft, Mieter:innen und Stadtgesellschaft". Zudem soll eine Re-Privatisierung der Wohnungen in der Satzung der AöR verboten werden.

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Bei der Forderung, die Wohnungsunternehmen zu vergesellschaften, beruft sich die Enteignungs-Initiative auf das Grundgesetz. In Artikel 15 heißt es: "Grund und Boden (...) können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden."

Neues Abgeordnetenhaus wird über Enteignung entscheiden

"Ich stelle fest, dass das Volksbegehren der Trägerin ‚Deutsche Wohnen & Co enteignen‘ zustande gekommen ist", teilte die Landeswahlleiterin weiter mit. "Der Senat kann nun den Tag des Volksentscheids festsetzen." Geplant ist dieser am 26. September - zusammen mit den Wahlen zum Bundestag, Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen.

Der Senat wäre jedoch nicht verpflichtet, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten. Es dürfte von der Zusammensetzung des neuen Berliner Abgeordnetenhauses abhängen, ob ein Gesetz zur Vergesellschaftung kommt oder nicht.

Erst jüngst hatte das private Wohnungsunternehmen Vonovia die Deutsche Wohnungen geschluckt. Das Kartellamt billigte die Fusion.

Stadt in den finanziellen Ruin führen

Doch es wird Kritik an der Initiative laut. Die Opposition warf der "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" Intransparenz vor. Sie verschweige, „dass die Ausgaben von 36 Milliarden Euro unsere Stadt in den finanziellen Ruin führen“, sagte der FDP-Spitzenkandidat für die Wahl des Abgeordnetenhauses, Sebastian Czaja.

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Eine Vergesellschaftung der 243 000 Wohnungen würde 28,8 bis 36 Milliarden Euro kosten, was den Haushalt pro Jahr um 100 bis 340 Millionen Euro belasten würde, so die amtliche Schätzung. Diese berücksichtigt unter anderem auch Erwerbsnebenkosten, Ausgleichszahlungen für Wertminderungen und Personalüberhänge der betroffenen Unternehmen. Im Volksbegehren waren nur die Entschädigungskosten aufgeführt.

Diese würden keine Mehrkosten verursachen, weil sie über Mieteinnahmen gedeckt wären, heißt es. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen kritisierte, dass Enteignungen nicht zu mehr Wohnraum führen würden. Die finale Entscheidung über ein neues Gesetz trifft die Mehrheit im neuen Abgeordnetenhaus.

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