1233 Seiten Protokoll zur Anhörung: Genehmigung für Tesla-Gigafactory in Brandenburg ist in Sicht
1233 Seiten. Das Wortprotokoll der Mega-Anhörung der Kritiker der Gigafactory ist fertig. Nun könnte die Genehmigung für das Autowerk bald erteilt werden.
Für die Europa–Gigafabrik des US-Autobauers Tesla in Grünheide rückt die Hauptgenehmigung der Brandenburger Behörden in greifbare Nähe: Über zwei Monate wurden die Mitschnitte abgetippt. Doch jetzt ist das ausführliche Wortprotokoll der öffentlichen Mammutanhörung von 416 Einwendern wie Anwohnern, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden fertig geworden. Diese hatten Anfang Oktober acht Tage, insgesamt über 64 Stunden, teils massive Bedenken gegen die weltweit vierte Gigafactory von Tesla vorgebracht.
Das dem Tagesspiegel vorliegende 1233-Seiten-Protokoll der Anhörung ist für die noch ausstehende Genehmigung zwingend, die eigentlich bereits für Ende 2020 avisiert war. Das Landesumweltamt muss sich mit jedem Argument auseinandersetzen, etwa Befürchtungen von negativen Folgen für den Wasserhaushalt der Region.
Nach Tagesspiegel-Recherchen kann Tesla nun bis spätestens bis Mitte Februar mit der regulären Hauptgenehmigung rechnen. Das 1233-Protokoll, das Umweltverbände durchgesetzt hatten, dürfte danach auch eine Basis für Klagen gegen die Gigafactory sein. Naturschutzbund und Grüne Liga hatten zuletzt, teilweise erfolgreich, gegen Rodungen geklagt. Alle Probleme, alle Konflikte, die mit dem Projekt verbunden sind, hatten in der Anhörung eine Rolle gespielt.
Es bleibt für Tesla ein Wettlauf mit der Zeit. Projektmanager Alexander Riederer hat diese Woche als Gast in Fraktionssitzungen von SPD und CDU im Landtag das Ziel bekräftigt, im Juli 2021 mit der Produktion in Grünheide zu beginnen. Künftig sollen hier 500.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band rollen.
Tesla: 80 Prozent der Mitarbeiter kommen bisher aus Berlin
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hat Tesla weltweit 500.000 Elektrofahrzeuge verkauft. Das zeigt, welche strategische Bedeutung „Giga Berlin“ für den von Elon Musk geführten Konzern hat, der die Energiewende als Mission des Unternehmens propagiert, in Grünheide 1,4 Milliarden Euro investieren will und in der ersten Ausbaustufe 12.000 Jobs angekündigt hat. Die Rekrutierung läuft auf Hochtouren, nach Auskunft der Tesla-Vertreter im Landtag kommen bislang 80 Prozent der angeheuerten Mitarbeiter aus Berlin. In der Anhörung hatte Riederer erklärt, dass es für Tesla essenziell sei, „so früh wie möglich in Europa eine Produktionsstätte zu haben.“
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Der Bau der Fabrik hatte nach der ersten Ankündigung von Elon Musk im November 2019 nur sieben Monate später begonnen, im Juli 2020. Inzwischen sind die meisten Gebäude weitgehend fertig. In der Lackiererei, in der Tesla eine neue Technologie einsetzen will, werden derzeit Maschinen installiert.
Alle Arbeiten auf dieser Hochgeschwindigkeitsbaustelle geschehen bisher wegen des noch laufenden Hauptgenehmigungsverfahrens mit Vorab-Erlaubnissen der Behörden, aber komplett auf eigenes Risiko von Tesla. Sollte die Genehmigung verweigert werden (oder vor Gericht scheitern) müsste der US-Konzern alles zurückbauen.
100-Millionen-Euro-Kaution hätte Tesla-Bilanz 2020 belastet
Als Sicherheitsleistung verlangt Brandenburgs Landesumweltamt inzwischen von Tesla eine Kaution von 100 Millionen Euro, lässt dem Konzern nach Turbulenzen vor Weihnachten dafür nun aber doch länger Zeit. Nachdem Tesla die Frist bis Mitte Dezember nicht eingehalten hatte, war zunächst ein Baustopp verhängt worden. Grund für die Nichtzahlung war nach Recherchen dieser Zeitung, dass die 100-Millionen–Ausgabe die Bilanz für 2020 des börsennotierten Konzerns beeinträchtigt hätte, obwohl Tesla - nach dem Aktienwert - inzwischen wertvoller ist als die gesamte deutsche Automobilindustrie.
Seit Anfang Januar darf Tesla weiterbauen. Die neue Frist läuft bis zum 15. Januar. Dem Vernehmen nach laufen im Hintergrund Gespräche, wie Tesla diese 100-Millionen-Sicherheit - mit Zugriff der Behörden für einen etwaigen Rückbau - nachweist. Und mit Spannung wird erwartet, wann Tesla den nächsten Genehmigungs-Antrag einreicht - für die von Elon Musk angekündigte „weltgrößte“ Batteriefabrik. Die für die Autos aus Grünheide benötigten Batteriezellen sollen gleich vor Ort produziert werden sollen.