Demo-Sonnabend in Grünheide: Gegner und Befürworter protestieren vor der geplanten Tesla-Fabrik
Naturschützer wehren sich gegen die geplante Waldrodung. Befürworter hoffen auf Arbeitsplätze und Infrastruktur durch Tesla. Ein Wunsch aber eint beide Seiten.
Nadine Rothmaier war froh, dass es bei der heutigen Demonstrationen in ihrem Heimatort bis auf einige Wortgefechte friedlich blieb. „Wir sind doch alle Grünheider“, sagt sie, „und wollen das Beste für unsere Heimat. Dass wir unterschiedliche Meinungen haben, ist ja normal.“
Nadine Rothmaier ist Vorsitzende des Füstenwalder Kreisverbandes vom Naturschutzbund (Nabu), der sich am Sonnabend an den Protesten gegen den Bau einer Fabrik des US-Konzerns Tesla in Grünheide im Landkreis Oder-Spree beteiligte. Wie berichtet sollen hier ab Sommer 2021 jährlich bis zu einer halben Million Elektroautos gebaut werden. Von drei Milliarden Euro Investitionssumme und rund 9000 direkten Arbeitsplätzen ist die Rede. Allerdings hat Tesla den Kaufvertrag mit dem Land bisher noch nicht unterschrieben. Manche befürchten, dass dies auch an den Protesten liegt, durch die ein verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit entstehe.
Immerhin waren es laut Polizei etwa 200 Menschen, die sich gegen 11 Uhr in Grünheide versammelten, um ihre Bedenken gegen das Vorhaben zu äußern. Sie wehren sich unter anderem gegen die Rodung eines Waldstückes und damit angeblich verbundenen Artenrückgang.
Allerdings betonen auch viele, dass sie nicht generell gegen die Ansiedlung sind, sondern dagegen, dass diese ihrer Ansicht nach „zu schnell durchgepeitscht“ werden soll. „Selbst ein Genehmigungsverfahren für eine einfache Windkraftanlage dauert länger“, sagt Nadine Rothmaiers Ehemann Sven, der als Ordner bei der Demonstration eingesetzt war: „Und es sind zu viele Fragen offen. Fakt ist, dass ein Teil des Geländes, wo die Fabrik stehen soll, ausgewiesenes Trinkwasserschutzgebiet ist. Und dass gerade erst eine neue Trinkwasserschutzverordnung dafür erlassen wurde. Danach dürfte dort nicht einmal ein Gülle-Behälter stehen.“
Dass einige Demonstranten deshalb Schilder mit der Aufschrift „Trinkwasser statt Tesla“ trugen, findet André Organiska dennoch „extrem populistisch“. Der Elektromeister aus einem Ortsteil der Gemeinde Grünheide gehörte zu jenen Bürgern, die an diesem Sonnabend zeitgleich mit den Kritikern ihre Zustimmung zum Bau der Tesla-Fabrik bekundeten.
„Die Region hier braucht dringend Arbeitsplätze und Infrastruktur, wie etwa Umgehungsstraßen“, sagt er: „Wenn auf dem Berliner Ring ein Unfall passiert, fahren alle durch Erkner und Grünheide und wir haben Staus ohne Ende. Wenn Tesla hier baut, muss die Infrastruktur ausgebaut werden - das ist eine große Chance.“
Pro-Tesla-Aktivist wolle ein Zeichen setzen
So sieht es auch Martin Hildebrandt, der die Pro-Tesla-Demonstration angemeldet hatte: „Das war eher spontan, weil am Mittwoch der Aufruf zur Gegendemo im Briefkasten war und ich vermeiden wollte, dass alle Welt denkt, ganz Grünheide ist gegen die Fabrik.“
Viele Einwohner sähen die Chancen, würden aber zunächst einmal schweigen. Deshalb wollte Hildebrandt, wie er sagt „ein Zeichen setzen“ und war froh, dass mehrere Dutzend Grünheider, einige in ihren Tesla-Autos, seinem Aufruf folgten - darunter auch eine Gruppe junger Menschen, die sich „Grünheide for future“ nennt. Sie argumentieren, dass gerade Tesla ein in die Zukunft gerichtetes, innovatives Unternehmen sei, das nicht nur auf Elektroautos, sondern auch auf Solarzellen setze.
In einem sind sich Tesla-Kritiker und Befürworter allerdings einig. „Die Behörden müssten definitiv mehr informieren“, sagt Hildebrandt: „Die verweisen immer nur darauf, dass jetzt die Einspruchsfrist begonnen hat. Aber welcher Bürger liest sich denn die 56 Ordner mit den ganzen Unterlagen durch?“ Viele Einwände oder Befürchtungen ließen sich wahrscheinlich schon durch einen Faktencheck ausräumen, aber den habe es bislang nicht in ausreichendem Maße gegeben.
Beide Seiten wollen mehr Informationen
Nach Ansicht von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der in einem Interview mit der Märkischen Oderzeitung sein Unverständnis für die Tesla-Gegner äußerte, hat das Unternehmen hingegen unterschätzt, wie viel Kommunikation in einem Land wie Deutschland notwendig sei. Er hoffe, dass jetzt mit dem neuen Informationsbüro von Tesla vor Ort die offenen Fragen beantwortet werden könnten.
Dabei seien es ja insgesamt gesehen nur ganz wenige, die heute gegen Tesla demonstriert hätten, sagt Martin Hildebrandt. „Aber der Eindruck ist ein anderer und der kann leider schnell dazu führen, dass Brandenburg mal wieder seinem Ruf gerecht wird: als Land der gescheiterten Großprojekte.“ (mit dpa)
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