Libanon: Gegner einigen sich auf Präsidentschaftskandidaten
Die verfeindeten Lager innerhalb der maronitischen Christen haben sich in Libanon auf einen Präsidentschaftskandidaten geeinigt. Damit bekommt das Land nach langer Zeit wieder ein Staatsoberhaupt.
In Libanon kommt in das mehr als eineinhalb Jahre andauernde Patt bei der Präsidentschaftswahl anscheinend Bewegung. Samir Geagea, Vorsitzender der Partei „Forces Libanaises“ und Bündnispartner der vorwiegend sunnitischen Zukunftsbewegung im Parlament, kündigte am Montag über seinen Kommunikationschef an, seinen bisherigen Konkurrenten Michel Aoun unterstützen zu wollen, wie der staatliche Pressedienst NNA meldet. Aoun von der „Freien Patriotischen Bewegung“ ist Wunschkandidat der schiitischen Amal-Bewegung und der Hisbollah.
Der 80-jährige Aoun und der 63-jährige Geagea sind beide maronitische Christen, waren aber Gegner im libanesischen Bürgerkrieg (1975-1990). Der Libanon ist seit Mai 2014 ohne Staatsoberhaupt, weil sich das prowestliche Bündnis „Allianz des 14. März“ und die zu Syrien hin orientierte „Allianz des 8. März“ nicht auf einen Nachfolger für den bisherigen Amtsinhaber Michel Suleiman einigen können. Bislang 35 Abstimmungen im Parlament scheiterten, weil nicht die Mindestzahl von Abgeordneten zusammenkam.
Nach Angaben des Pressedienstes NNA traf Aoun am späten Nachmittag mit dem maronitischen Kirchenoberhaupt Patriarch Bechara Rai in dessen Residenz im Norden Beiruts zusammen. Anschließend begab er sich in den Beiruter Stadtteil Mara'ab, wo Geagea seinen Sitz hat. Inhalte der Unterredungen wurden zunächst nicht bekannt.
Der Libanon ist nicht zuletzt durch unterschiedliche außenpolitische Positionen gespalten. So stehen die schiitische Hisbollah und deren Bündnispartner der iranischen Regierung und Syriens Präsident Baschar al-Assad nahe, während die sunnitisch geprägte „Zukunftsbewegung“ mit dem libanesisch-saudischen Unternehmer Saad Hariri als Vorsitzenden starke Verbindungen zu Saudi-Arabien hat.
Aoun gilt als Rivale des seit Februar 2014 amtierenden Ministerpräsidenten Tammam Salam, der von der syrienkritischen „Allianz des 14. März“ nominiert worden war. Der 70-jährige Salam regiert mit Unterstützung sowohl des Iran als auch Saudi-Arabiens, konnte aber bislang nicht für durchgreifende Reformen sorgen.
Das System der religiösen Machtteilung
Das gegenwärtige politische System im Libanon beruht auf der Aufteilung der Macht unter den verschiedenen konfessionellen Gruppen des Landes. In dem Land gibt es 18 anerkannte Religionsgemeinschaften. So sieht die „konfessionelle Parität“ eine gleich starke Vertretung von Muslimen und Christen im Parlament mit je 64 Sitzen vor. Auch die Sitzverteilung innerhalb der Religionsgemeinschaften ist nach einem festgelegten Schlüssel geregelt. Seit einer Neuverteilung nach Beendigung des Bürgerkrieges 1990 stellen maronitische Christen 34 der 128 Abgeordneten, sunnitische und schiitische Muslime je 27.
Auch die vier höchsten Staatsämter sind Mitgliedern bestimmter religiöser Gruppen vorbehalten. Das Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ sein, der Parlamentspräsident schiitischer Muslim. Der Regierungschef ist immer sunnitischer Muslim und der Oberbefehlshaber der Armee ein Christ.
Das System steht in der Kritik, unter anderem weil es nicht mehr der tatsächlichen Bevölkerungszusammensetzung entspricht. Die hat sich unter dem Strich zugunsten der Muslime verändert. Auch verfolgen die verschiedenen christlichen Konfessionen und Gruppierungen verschiedene Ansätze bei der Wahlrechtsreform.
Das bisherige Wahlgesetz von 1960 teilt das Land in 26 vorwiegend konfessionell homogene Wahlkreise. Darin bestimmt die demografische Mehrheit, welcher Religionsgemeinschaft die entsprechenden Parlamentssitze zustehen. So gilt beispielsweise für den Wahlkreis Baabda westlich von Beirut, dass die sechs zu wählenden Vertreter sich auf drei christliche Maroniten, zwei Schiiten und einen Drusen aufteilen. Gewählt werden folglich jene drei maronitischen Kandidaten, die die meisten Stimmen auf sich vereinen, sowie die beiden schiitischen und der drusische Kandidat mit den jeweils meisten Stimmen. Eine Kandidatur von Sunniten in diesem Wahlkreis ist ausgeschlossen.
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