Linksextremismus in Berlin: Für die Rigaer Straße muss ein Streitschlichter her
Um die Krawalle in der Rigaer Straße zu befrieden, braucht es Pragmatismus statt weitere Kraftmeierei. Kann Monika Herrmann vermitteln? Ein Kommentar.
Könnte es sein, dass sich Christopher Lauer, Abgeordneter der Piraten, sich das etwas zu einfach vorstellt mit der Befriedung des Konflikts um die Rigaer Straße 94? Liebe Bewohner, ihr versprecht, keine Autos mehr abzufackeln und wir lassen euch in Ruhe, schlägt Lauer für den aus dem Ruder gelaufenen Konflikt vor. Lauer verkennt dabei aber, dass es bei den gewaltbereiten Autonomen kein Zentralkomitee gibt, das den Befehl „Autos abfackeln einstellen“ herausgeben kann.
Inzwischen aber brennt es so lichterloh in der Stadt, dass jede Initiative willkommen ist, um die absurde Kraftprobe zu schlichten – zwischen Linksradikalen, die froh um jeden Gegner sind, der sie noch ernst nimmt, und einem Innensenator Frank Henkel, der beweisen muss, dass die Rigaer Straße nicht sein „Vietnam“ ist. Genau dies hatte er nach dem zweifelhaften Polizeieinsatz gegen die Rigaer Straße 94 betont – und sich mit dem Vergleich gehörig vergriffen.
Wen wundert, dass sich die Linksradikalen herausgefordert fühlen, es dem Senator so richtig zu zeigen. So kann man eine mit Auflösungserscheinungen und einem erheblichen Bedeutungsverlust ringende linksradikale Bewegung auch stark reden. Es ist jedenfalls grotesk, wie sich die Staatsmacht quasi auf Augenhöhe mit Straftätern in eine Scharmützelstrategie verrannt hat.
Jede Initiative zur Deeskalation ist willkommen
Deeskalation tut not; aber die Devise „war was?“, wie Lauer vorschlägt, geht zu lapidar um mit dem Rechtsstaat. Der darf kriminelle Handlungen eben nicht nach eigenem Belieben verfolgen – oder auch nicht. Das würde das Rechtsempfinden all jener Menschen, deren Autos in den vergangenen Tagen durch Brandstiftung zerstört wurden, deutlich erschüttern.
Aber intensiv nach Wegen zur Befriedung zu suchen, ist in der verfahrenen Situation mehr als dringend. Die Lage ist so ernst, dass etwa die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, ihr vorhandenes Gesprächsangebot sowohl an die Rigaer Straße wie auch den Innensenator nachdrücklicher verfolgen muss. Durch die grüne Parteibrille zuzuschauen, wie sich der Innensenator noch weiter verkämpft, darf keine Option für eine Bürgermeisterin sein. Das ist Monika Herrmann auch allen Anwohnern rund um die Rigaer Straße schuldig, die endlich wieder in Ruhe dort wohnen und leben möchten.
Henkel ging offenbar ohne Exitstrategie in den Konflikt
Auch Innensenator Henkel, der offenbar ohne eine Exitstrategie in den Konflikt ging, muss an einer solchen Initiative interessiert sein, damit er nicht sein Gesicht verliert. Er wollte in Wahlkampfzeiten mit Härte gegen Gewalttäter punkten, nun aber wird von den Berlinern die Eskalation zunehmend kritisch gesehen. Als Basis für eine Lösung muss etwa akzeptiert werden, dass die Bewohner der Rigaer Straße gültige Mietverträge besitzen.
Warum sollte es außerdem nicht auch möglich sein, den Hausbesitzer von den Umbauplänen abzubringen, von denen sich die Ex-Besetzer bedroht fühlen? Solche Gespräche können geführt werden, auch wenn man ideologisch meilenweit voneinander entfernt ist. Der Versuch aber wurde nicht unternommen, als dazu Zeit gewesen war. Sich jetzt zu bewegen, ist für beide Seiten ungleich schwerer geworden. Aber der Versuch ist unerlässlich.