Hitzewelle in Berlin: Fragen und Antworten rund um die Hitze
Auf bis zu 40 Grad sollen die Temperaturen am Freitag steigen – womöglich wird es so warm wie noch nie in Berlin. Hier finden Sie alle Fragen und Antworten rund um die Hitze.
Hoch Finchen sorgt derzeit für eine Hitzewelle in Deutschland – und voraussichtlich für einen Rekord in Berlin. Meteorologin Maria Frädrich vom Wetterdienst der MeteoGroup warnt, dass am Freitag der Berliner Hitzerekord übertroffen werden könnte: Bislang liegt der bei 38,8 Grad, gemessen am 11. Juli 1959 in Tempelhof. Der Freitag könnte das toppen.
Wie sollte man sich bei Hitze verhalten?
Die Devise lautet: stay cool! Meiden Sie Hitze und pralle Sonne nach Möglichkeit. In der Mittags- und Nachmittagszeit ist es empfehlenswert, im Haus zu bleiben. Den größten Schutz bieten klimatisierte Gebäude, etwa Einkaufszentren. Draußen sollte man Schatten aufsuchen und anstrengende Tätigkeiten meiden. Luftige Kleidung, helle Kopfbedeckung, Sonnenbrille und Sonnenschutz sind von Vorteil. Heiße und schwere Mahlzeiten belasten. Empfehlenswert sind eher kühle und wasserhaltige Speisen wie Salat und Obst. Reichliches Trinken ist selbstverständlich, am besten Wasser. Ob man auch trinken sollte, wenn man nicht durstig ist, ist umstritten. Abzuraten ist von alkoholischen oder zuckerhaltigen Erfrischungen, weil sie noch durstiger machen. Auch zu heiße und zu kalte Flüssigkeiten machen Probleme. Kaltes Duschen oder gelegentliches Abspritzen von Gesicht, Rücken und Nacken mit frischem Wasser bringen Abkühlung. Hartmut Wewetzer
Welche Hitzeschäden drohen?
Sonnenbrand: Ursache des Sonnenbrands ist die ultraviolette Strahlung der Sonne. Vor allem Hellhäutige sind gefährdet, wenn sie sich nicht ausreichend schützen. Rötung, Schmerzen, Schwellung, Wärmegefühl und Blasenbildung sind typisch. Kühlung lindert.
Hitzekrampf/Hitzekollaps: Schwitzen und Flüssigkeitsmangel können zu Muskelkrämpfen führen. Elektrolytgetränke können helfen. Beim Hitzekollaps verliert der Betroffene kurzzeitig das Bewusstsein und fällt in Ohnmacht. Typisch ist ein Hitzekollaps nach längerem Stehen in der Hitze und in größeren Menschenmengen.
Sonnenstich: Hat der Kopf zu viel Sonne abbekommen, funktioniert die Kühlung des Gehirns nicht mehr ausreichend. Die Folge sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Benommenheit, Nackenschmerzen und ein roter Kopf. Wer einen Sonnenstich hat, sollte seinen Kopf kühlen (feuchte Tücher oder Dusche) und etwas trinken.
Hitzschlag: Der Hitzschlag ist der schwerste Hitzeschaden und kann lebensbedrohlich sein. Er ist oft die Folge von körperlicher Überanstrengung. Die Wärmesteuerung des Organismus ist zusammengebrochen. Wer einen Hitzeschaden hat, schwitzt in der Regel nicht mehr, die Haut ist rot und trocken. Die Körpertemperatur steigt auf mehr als 40 Grad, die Betroffenen können das Bewusstsein verlieren. Sie müssen gekühlt und der Kreislauf überwacht werden. Hartmut Wewetzer
Wie wappnet sich Berlin für den heißesten Tag des Jahres?
Für Stephan Fleischer, Sprecher der Berliner Feuerwehr, ist klar: „Wir rechnen heute definitiv mit einer größeren Anzahl an Rettungseinsätzen. Menschen mit Herz- und Kreislaufproblemen seien besonders gefährdet. Eine erhöhte Brandgefahr für Berlin sieht Fleischer nicht, aufgrund des kürzlichen Regens sei die Natur noch nicht so ausgedorrt. Die Bäderbetriebe stellen sich auf einen großen Ansturm ein. Pressesprecher Matthias Oloew geht aber davon aus, dass wegen der Ferien kein Besucherrekord geknackt wird. In insgesamt acht Bädern wurden die Öffnungszeiten verlängert. Im Wannsee kann man nun bis 21 Uhr baden, in Pankow bis 20 Uhr. Für Touristen gibt es kaum Einschränkungen. Christian Tänzler, Sprecher von visitBerlin, erklärt, dass Hauptstadtbesucher trotz Hitze weiterhin alle Sehenswürdigkeiten besuchen können, nur die Reichstagskuppel bleibt ihnen wahrscheinlich verwehrt. Tänzler empfiehlt, den Tag zu nutzen, um Museen zu besuchen. Die sind meistens kühl und dunkel – haben also genau das Klima, nach dem man sich bei dem Hitzewetter sehnt. Und nach einem Eis. Die Eismaschinen in den Eisdielen laufen auf Hochtouren. Den ganzen Tag über wird nachproduziert. In der Eisdiele „Viktoria-Eis“ in Schöneberg gehen an Tagen wie diesen bis zu 800 Kugeln Eis über die Ladentheke. Franziska Jäger, Tatjana. Kennedy, Melanie Böff
Wird der Nahverkehr ganz normal laufen?
Auch die S-Bahnen brauchen eine Abkühlung. Mehrere Züge mussten nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag vorübergehend aufs Abstellgleis, damit die hitzeempfindlichen elektronischen Bauteile etwas abkühlen konnten. Dadurch seien mehrere Fahrten ausgefallen. Die Fahrzeuge vertragen nach Angaben des Sprechers in der Regel einen Hitzetag unbeschadet; gibt es mehrere heiße Tage hintereinander, machten sie aber gelegentlich schlapp. Für Freitag rechnet die S-Bahn mit weiteren Hitzeausfällen. Die BVG hatte nach ihren Angaben keine Hitzeprobleme. Klaus Kurpjuweit
Wie sieht es bei der Deutschen Bahn aus?
Die Deutsche Bahn hat zwar vor dem Sommer ihre Klimaanlagen gewartet, trotzdem können sie ausfallen, wenn es draußen zu lange zu warm ist, gibt die Bahn zu. An heißen Tagen stockt die Bahn vorsorglich das Getränkeangebot in den Zügen auf, teilweise gibt sie kostenlos Mineralwasser aus. Anspruch auf Entschädigung haben Reisende nicht, wenn die Klimaanlage ausfällt. Unter bestimmten Umständen haben sie aber Anspruch auf Schadenersatz, heißt es vom Deutschen Anwaltverein. Inga Höltmann
Wer leidet besonders unter den hohen Temperaturen?
Zahlreiche Flüchtlinge, darunter viele Kinder, sammelten sich am Donnerstag wie jeden Tag in diesem Sommer vor der Erstaufnahmeeinrichtung in der Turmstraße in Moabit, um dort einen Asylantrag zu stellen. Offensichtlich gibt es vor Ort aber nur einen einzigen Wasserhahn, an dem die Wartenden ihren Durst löschen können. Die Facebook-Gruppe „Moabit hilft“ rief deshalb zu Wasser-, Obst- und Erfrischungstücher-Spenden auf, damit die Menschen notversorgt werden können. Viele Anwohner halfen aus und versorgten die Flüchtlinge.
Schwer haben es bei dieser Hitze auch Arbeitnehmer, die in der prallen Sonne arbeiten. So zum Beispiel Ronny S., der mit seinen Kollegen Rohre in der Münchener Straße in Schöneberg verlegt. Die Bauarbeiter haben sich zum Schutz zwar einen Pavillon aufgestellt, in dem sie Zuflucht suchen. Ihre Hitzeprävention heißt aber auch früh aufstehen: „Wir versuchen, schon vor der Mittagshitze durch zu sein.“ Tatjana Kennedy, Melanie Böff
Gibt es eigentlich für einige Arbeitnehmer hitzefrei?
Hitzefrei gibt es zwar nicht. Tropische Temperaturen müssen Arbeitnehmer aber trotzdem nicht einfach hinnehmen. Welche Temperaturen sie akzeptieren müssen, ist genau geregelt: Die Temperatur in einem Büro sollte 26 Grad Celsius nicht übersteigen. Dann ist der Arbeitgeber angehalten, sich um Abkühlung zu bemühen. Erst wenn 35 Grad überschritten sind, gilt der Raum als ungeeignet, um dort zu arbeiten. Dann darf der Arbeitnehmer aber nicht einfach den Stift fallenlassen – vorher muss er seinen Arbeitgeber auffordern, Abhilfe zu schaffen. Anders ist es bei Arbeit unter freiem Himmel. Hier wird bei jeder Temperatur gearbeitet. Allerdings muss der Arbeitgeber für Schatten sorgen. Das ist bei Straßenarbeiten vielleicht noch möglich, auf dem Dach aber ein Ding der Unmöglichkeit. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sich zumindest für die Pausen um ein schattiges Plätzchen kümmern. Inga Höltmann
Müssen Arbeitnehmer bei der Hitze Dresscodes beachten?
Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Umgang mit Dresscodes in Deutschland sehr entspannt. Angesichts der entfesselten Temperaturen könnte mancher daher auf den Gedanken kommen, dass Extrem-Verhalten auch am Arbeitsplatz erlaubt ist. Ganz falsch, sollte man doch nicht vergessen, welchen Eindruck man auf Kollegen und Geschäftspartner machen will. Es gibt überhaupt keinen Grund für die Herren, in dünnen Boxer-Buchsen die Haarpracht der Beine zur Schau zu stellen, die schon etwas vergilbten Nägel mit Flip-Flops einzurahmen und die Achselhaare mit Tanktops. Auch die Ladys sollten nicht denken, dass an einem solchen Tag auch im Büro der Minirock unmittelbar unterm Gürtel enden darf. Wer dermaßen ungekleidet zur Arbeit schlappt, fühlt sich in der Regel nicht besser, sondern schlechter, weil er mit seinem Outfit signalisiert, dass er sich dem Wetter ergeben hat, ihm keine Disziplin mehr entgegenzusetzen hat. Schicke Sandalen sind in Ordnung, bei Frauen noch eher als bei Männern und besonders, wenn die Pediküre grünes Licht gegeben hat. Aber gerade Männer in ernsthaften Berufen würden sich in leichten Stoffschuhen oftmals sicher wohler fühlen. Ebenso wie ein Hemd ganz andere Signale aussendet, als ein schwitzfleckiges T-Shirt. Elisabeth Binder
Was ist mit Sportveranstaltungen am Wochenende?
Die Schiedsrichter müssen in diesen Tagen noch mehr Verantwortung tragen als sowieso schon. Ob es für die Fußballer während der Spiele in der 1. Runde im DFB-Pokal Trinkpausen und Hitzeunterbrechungen gibt, liegt vor allem in ihrem Ermessen. Besondere Erfrischungen für Zuschauer liegen aber im Ermessen der Vereine. Beim Spiel zwischen dem BFC Dynamo und dem FSV Frankfurt am Freitagabend im Jahnsportpark ist da laut Klubsprecher nichts geplant. Denn die Partie wird erst um 19 Uhr angepfiffen. Neben den Fußballern werden am Wochenende vor allem die Rennpferde beim Grand-Prix-Meeting in Hoppegarten der Hitze ausgesetzt sein. „Physisch sind die Pferde natürlich imstande, auch bei solchen Temperaturen schnell zu laufen. Aber Hitze ist immer eine Herausforderung“, sagt Rennstall-Trainer Uwe Stech. Um es den Pferden so leicht wie möglich zu machen, werden sie vor und nach den Rennen länger erfrischt und bekommen auch mal eine Dusche mit mehreren Eimern Wasser. Außerdem bleiben sie einfach länger im Schatten im Führring. Von großen Gefahren für die Pferde geht Stech jedoch nicht aus. „Auch Pferde können einen Kreislauf-Kollaps bekommen. Das sollte man aber nicht dramatisieren“, betont der 55-Jährige. Pferde, die besonders empfindlich auf Hitze reagieren, werde man nicht starten lassen. Johannes Nedo
Sind Haustiere gefährdet?
Manche Vierbeiner reagieren auf Hitze viel empfindlicher als Menschen. Hunde beispielsweise können nicht schwitzen und sich nur durch Hecheln und Trinken Abkühlung verschaffen. Spaziergänge sollten daher vor allem in den Morgen- und Abendstunden stattfinden, empfiehlt die Tierschutzorganisation Peta. Ratsam ist es, immer eine Flasche Wasser mit sich zu führen. Beate Kaminski, Sprecherin des Tierschutzvereins Berlin hat fürs Gassigehen einen Tipp. „Halten Sie Ihre flache Hand 5 Sekunden auf den Straßenbelag. Wenn es heiß wird, ist das auch für den Hund zu heiß, der hat schließlich keine Schuhe und wird Schmerzen haben.“ Anzeichen für eine Überhitzung bei Tieren seien ein glasiger Blick oder Hecheln mit langgestrecktem Hals. Erbrechen und Gleichgewichtsstörungen seien bereits eine fortgeschrittene Stufe. Mit kranken oder alten Tieren sollte man gar nicht rausgehen.
Selbstredend brauchen alle Tiere bei Hitze viel mehr Wasser als sonst. Wegen der vermehrten Bakterienbildung bei hohen Temperaturen sollte das Wasser in Trinkgefäßen aber mehrmals täglich gewechselt werden, auch Nassfutter sollte nur in kleinen Portionen ausgegeben werden und nicht zu lange stehen bleiben. Käfige von Hasen, Meerschweinchen oder Vögeln sollten unbedingt im Schatten stehen. Für Abkühlung kann hier ein feuchtes Handtuch über dem Käfigdach sorgen. Zugluft durch Ventilatoren ist dagegen nicht zu empfehlen. Claudia Cohnen-Beck, Franziska Jäger