zum Hauptinhalt
Das Schloss Liebenberg, das einst den Eulenburgs gehörte und den Kaiser sowie Hermann Göring anlockte, glänzt heute als Hotel.
© Archiv Rauh/Lorenz

Ausflugsziele in Berlin und Brandenburg: Fontanes Schlösser sind wieder in einem Buch vereint

Mehr als Wanderungen: Ein neues Berlin-Brandenburg-Buch begibt sich auf die Spuren Fontanes und erzählt die ganz besonderen Geschichten seiner „Fünf Schlösser“.

Man kennt die Geschichten verschwundener Schlösser. Aus Ostpreußen. Aus Pommern. Manchmal blieb eine Mauer, manchmal eine besondere Eiche, an der Nachkommen oder Hobbyforscher die Spuren aufnehmen konnten, nachdem der Krieg, die Flammen oder die sowjetischen Sieger hindurchgegangen waren.

Auch Berlin hat so ein verschwundenes Schloss, aber hier waren weder Krieg noch Flammen noch sowjetische Besatzer am Werk. Was ist da passiert? Und warum musste es soweit kommen?

Es sind ganz einfache Fragen, die der Berliner Historiker Robert Rauh und sein Co-Autor Erik Lorenz stellen, aber die Antworten lesen sich spannend wie ein Krimi, denn ohne geradezu detektivische Akribie wären die beiden Autoren nicht weit gekommen mit ihrem Versuch, Fontanes großes Werk „Fünf Schlösser“ fortzuführen. Denn darum ging es: Den fontaneschen Faden von 1888 aufzunehmen und den Weg bis heute nachzuzeichnen – über zwei Weltkriege, die DDR-Zeit und die Wende hinaus bis zum heutigen Tag.

Die Schlösser als Brennglas der Geschichte

Wobei schon Fontane im Grunde kein Schlösserbuch geschrieben hatte, sondern vielmehr die Geschichte seiner Bewohner nachzeichnete. Die Schlösser selbst dienten nur als „topographischer Zugriff“ für Fontanes Geschichte der Mark Brandenburg, wie es Rauh erklärt, der sich in Berlin auch einen Namen als ausgezeichneter Lehrer und Schulbuchautor sowie als Moderator der Schlossgespräche Schönhausen gemacht hat.

Und so liefern auch Rauh und Lorenz keine architektonischen Betrachtungen ab, sondern veranschaulichen – höchst unterhaltsam und kenntnisreich – Geschichte in Geschichten. Denn in den einstigen Adelssitzen spiegelt sich wie in einem Brennglas deutsche Historie mitsamt Krieg und Enteignung wider, bis es schließlich nur noch um die Frage ging, ob die Bausubstanz zu retten sein würde.

Liebenberg ist verknüpft mit der Eulenburg-Affäre

Jede der Schlossepisoden ist gespickt mit Überraschendem, mit kleinen und großen Geschichten. Und dann gibt es die ganz große Geschichte. Sie hat sich in Liebenberg abgespielt, dem prächtigsten der fünf Anwesen, in dem Wilhelm II. gern verkehrte, bis er sich vom Schlossherren, seinem väterlichen Freund Philipp Graf zu Eulenburg, lossagte und nie wiederkam. Die Eulenburg-Affäre erschütterte damals das Kaiserreich.

Die Pracht Liebenbergs ist wieder auferstanden und heute als Hotelgast zu erleben. Das benachbarte Hoppenrade wurde ebenfalls perfekt renoviert. Es ist zwar in privater Nutzung, aber der romantische Park ist für jedermann offen. Womit man bereits bei einem weiteren Verdienst der Autoren wäre: Sie haben eine Website angelegt, auf der sich jeder informieren kann, der auf den Spuren der Schlösser unterwegs sein möchte. Da gibt es auch Tipps für alle, die in der Nähe einkehren oder weitere Sehenswürdigkeiten ausfindig machen möchten. Außerdem kann man sich anhand der Fotos einstellen auf das, was einen erwartet.

Ein Bewohner vor aussichtsloser Aufgabe

Und das ist nicht immer erfreulich. Denn eines der Schlösser ist nur noch ein Schatten seiner selbst: Wer sich den Weg zum morbiden Quitzöbel bahnt, kann schon mal mannshohe Brennnesseln ins Gesicht bekommen, bevor er dann vor einem Gemäuer steht, das schwerlich als „Schloss“ durchgehen kann.

Rauh und Lorenz beschreiben, welch eigenartigen Bewohner sie dort vorfinden, der den aussichtslosen Kampf gegen den Verfall des Gebäudes noch führt, obwohl er keine Chance hat, ihn zu gewinnen. Und dennoch lohnt ein Besuch Quitzöbels – allein schon wegen der nahen Kirche, von deren Turm aus einst Fontane die Umgebung beschrieb und in deren Innern noch Bezüge zu den einstigen Schlossherren, den von Jagows, zu finden sind.

Verfall ist auch in Plaue zu sehen – allerdings gibt es hier immerhin Aussicht auf eine erfolgreiche Renovierung. Schon kann man im Erdgeschoss, wo ein Restaurantbetrieb eingezogen ist, wieder Feste feiern – mit Blick auf die Havel.

Vom Schloss Dreilinden und seinen legendären Tafelrunden des "Roten Prinzen" blieben nur dieser Stich, eine Akte im Denkmalamt und ein hinreißendes Kapitel in Fontanes Buch „Fünf Schlösser“.
Vom Schloss Dreilinden und seinen legendären Tafelrunden des "Roten Prinzen" blieben nur dieser Stich, eine Akte im Denkmalamt und ein hinreißendes Kapitel in Fontanes Buch „Fünf Schlösser“.
© Archiv Rauh/Lorenz

Welcher Berliner kennt von Dreilinden mehr als den Namen?

Was? Wann? Warum? Rauh und Lorenz stellten diese Fragen immer wieder. Manchmal fanden sie leicht die Antwort, manchmal mussten sie bis nach Argentinien telefonieren, und einmal baten sie den Tagesspiegel um Hilfe: Da ging es um das Jagdschloss Dreilinden, von dessen Existenz der Normalberliner nichts mehr weiß und nur den Namen kennt – wegen der gleichnamigen Raststätte vielleicht oder als Bezeichnung eines Zehlendorfer Gymnasiums. Vor der eigentlich sehr einfach erscheinenden Frage, wann und warum das Schlösschen abgerissen wurde, kapitulierten mehrere Instanzen, bis die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dem Tagesspiegel den entscheidenden Hinweis gab. Und so wurde im Landesdenkmalamt die „Akte Dreilinden“ ausgegraben, und die Wahrheit kam an's Licht: Nach jahrelanger US-Besatzung in der Nachkriegszeit fehlte das schnöde Geld, um es zu erhalten. Die Abrissbagger kamen im Herbst 1954.

DAS BUCH

„Fontanes Fünf Schlösser. Alte und neue Geschichten aus der Mark Brandenburg“ von Erik Lorenz und Robert Rauh ist gerade im Bebra Verlag erschienen. 288 S., 24 €

LESUNGEN

Berlin-Premiere mit den Autoren:

Donnerstag, 16. März 2017 / 19 Uhr

Schloss Schönhausen

Tschaikowskistraße 1

131057 Berlin

030.40 39 49 26 25 oder

schloss-schoenhausen@spsg.de

Brandenburg-Premiere mit den Autoren:

Sonntag, 19. März 2017 / 16 Uhr

Schloss Plaue
Schlossstrasse 27 a
14774 Brandenburg an der Havel

03381-306 23 62 oder

www.schlossplaue.de/events.php

AUSFLUGSTIPPS ZUM BUCH

www.fontanes-schlösser.de

DIE SCHLOSSADRESSEN

Dreilinden
heute: Revierförsterei Dreilinden,
Stahnsdorfer Damm 3

Hoppenrade
Parkstraße,
16775 Hoppenrade

Quitzöbel
19336 Quitzöbel

Liebenberg
Parkweg 1a,
16775 Löwenberger Land

Plaue
Schlossstrasse 27 a,
14774 Brandenburg an der Havel Tsp

Zur Startseite