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Lauter Streit. Das Lärmproblem am neuen Flughafen in Schönefeld ist nicht nur nach Ansicht vieler Anwohner ungelöst.
© dpa

Lärm-Gutachten: Flugrouten-Gegner fordern Akteneinsicht

Das Verkehrsministerium begründet die Geheimhaltung des Gutachtens mit einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung. Anwälte der Bürgerinitativen setzen dem Umweltbundesamt eine Frist zur Offenlegung.

Die abgesagte Präsentation der Stellungnahme des Umweltbundesamtes (UBA) zu den künftigen Flugrouten am neuen Flughafen in Schönefeld stößt auf Unverständnis und heftige Kritik. Parteiübergreifend forderten Politiker das Umweltbundesamt am Dienstag dazu auf, die von ihm erstellte „lärmfachliche Bewertung der Flugrouten für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg“ umgehend zu veröffentlichen. Eine für Dienstag vorgesehene Pressekonferenz dazu war, wie berichtet, am Montagabend überraschend abgesagt worden.

Mit der Entscheidung beugte sich das Bundesumweltamt dem Druck des Bundesverkehrsministeriums. Das Haus von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der sich mehrfach in die Diskussion um die Routen eingemischt hatte, ist zwar nicht direkt weisungsbefugt. Doch hatte sich das formal für das UBA zuständige Umweltministerium dem Vernehmen nach nicht widersetzt. Eine Sprecherin sagte lediglich, man sei über die Absage informiert worden. Nach Tagesspiegel-Informationen war die Veröffentlichung zuvor zwischen dem Umweltministerium und dem UBA abgestimmt worden. Mit der nachträglichen Absage hat man auch den Präsidenten des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, desavouiert, der die Veröffentlichung selbst vornehmen wollte. Das UBA suche weiter nach einem Weg, die Stellungnahme zu publizieren, hieß es am Dienstag.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, die Stellungnahme sei Ende vergangener Woche beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung eingegangen, das die Routen festlegt – und dem Ministerium untersteht. Das Amt werde die „vielen wichtigen Hinweise“ aus der UBA-Stellungnahme nun fachlich prüfen. Eine vorherige öffentliche Diskussion erschwere das Verfahren und könne falsche Erwartungen auslösen, sagte der Sprecher.

Widersprüchliche Angaben gibt es zum Inhalt der Stellungnahme, zu der sich das UBA am Dienstag nicht weiter äußern wollte. Während es zunächst hieß, das UBA habe empfohlen, den Müggelsee nicht zu überfliegen, hat das Amt nach Tagesspiegel-Informationen die Überflüge nicht generell ausgeschlossen. Das Naherholungsgebiet solle aber geschützt werden. Grundsätzlich spricht sich das UBA dem Vernehmen dafür aus, zwischen Tages- und Nachtflugrouten zu unterscheiden. Dies soll auch für den Wannsee gelten, für den das UBA, anders als am Tag, nächtliche Überfliege für akzeptabel hält.

Unabhängig davon will das UBA untersuchen lassen, wie sich die Routen, die nach dem bisherigen Zeitplan Ende des Monats, wahrscheinlich am 30. Januar, festgelegt sein sollen, auf die Anwohner auswirken und eventuell korrigieren lassen. Eine solche „Evaluierung“ nach einem halben Jahr hatte zuvor bereits das Bundesverkehrsministerium zugesagt.

Sollte es bei der Müggelseeroute bleiben, will der Würzburger Anwalt Wolfgang Baumann, der mehrere Anwohner aus Friedrichshagen vertritt, gerichtlich verhindern, dass der Flughafen wie geplant am 3. Juni eröffnet wird. Gegenüber dem Brandenburger Infrastrukturministerium hatte er bereits das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung moniert.

Auch die renommierte Kanzlei des Verwaltungsrechtlers Reiner Geulen, der auch die Pläne der Bundeswehr für einen Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide 2009 wegen fehlender Beteiligungsrechte betroffener Bürger zu Fall gebracht hatte, ist eingeschaltet und vertritt Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Beim UBA verlangte Geulens Partner, Anwalt Remo Klinger, Akteneinsicht und setzte dazu eine Frist bis Freitag. Notfalls will er dies gerichtlich durchsetzen, um seine Mandanten vertreten zu können, wenn das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die Routen per Verordnung festsetzt. „Das Bundesaufsichtsamt hat bisher Beteiligungsrechte abgelehnt.“ Für den BER gebe es zwar eine Fluglärmkommission, „aber die Bürger sind nicht angehört worden“, sagte Klinger. Eine Handhabe, „die wir in Deutschland planungsrechtlich eigentlich überwunden haben“.

Für Senatssprecher Richard Meng sind die Umstände der abgesagten Veröffentlichung zwar „recht merkwürdig“, dies sei aber eine Angelegenheit der Bundesregierung.

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