Wie weiter am Tempelhofer Feld?: Flughafengebäude abreißen, neue Wohnungen aufbauen
Wiese oder Beton? Darum dreht sich im Kern der Streit um das Tempelhofer Feld. Dabei könnte man bauen, wo heute schon ein Gebäude steht. Eine Kolumne.
Soll das Tempelhofer Feld bebaut werden, und wenn ja, wo? Das sind zwei Fragen, über die Menschen in Berlin geradezu in Rage geraten können. Das ist schon deshalb ulkig, weil das Tempelhofer Feld auch im aktuellen Zustand keinesfalls eine rein rurale Fläche ist. Wer genau hinschaut, wird sehen: Es ist bereits bebaut. Und zwar nicht zu knapp. Der gesamte nordwestliche Rand des ehemaligen Flughafengeländes ist von einem riesigen Steinwall umgeben: dem ehemaligen Flughafengebäude.
Seit der Flughafenbetrieb vor elf Jahren eingestellt wurde, hat das Gemäuer keine überzeugende Verwendung mehr. Warum also nicht seine Fläche anders nutzen? Genauer: Warum nicht das Flughafengebäude abreißen und an die Stelle Mietshäuser bauen? So könnte man die Freifläche des Tempelhofer Felds, die vielen Menschen in der Stadt sehr wichtig ist, erhalten und trotzdem den dringend benötigten Wohnraum schaffen.
Ein NS-Bau? Na, der kann ja weg
Die neuen Häuser würden niemandem eine lieb gewonnene Sicht verstellen, das Stadtklima nicht ändern – und auch sonst nichts. Es entstünde lediglich ein neues Gebäude auf der Fläche eines alten.
Und verlieren würde man letztlich nur einen kaum genutzten, gleichwohl gigantischen Gebäuderiegel, dessen Ruhmreichtum laut der „Tempelhof Projekt GmbH“ darin besteht, „einer der wenigen noch erhaltenen Monumentalbauten aus der Zeit des Nationalsozialismus“ zu sein. Was wohl eher ein Argument für den Abriss als für die Erhaltung sein dürfte.
Denkmalschutz ist kein Naturgesetz
Kompromissbereit könnte man sich auch darauf einigen, nur die Flügel des Gebäudes abzureißen – und die zugegebenerweise imposante Abfertigungshalle für Fans des alten Berlins stehenzulassen. Vielleicht zöge dort noch eine doofe Shopping Mall ein oder ein besonders ökologischer oder sonstwie überkandidelter Lebensmittelmarkt. Oder beides. Platz ist ja.
Und das Argument mit dem Denkmalschutz, dessentwegen ein Abriss nicht in Frage komme, kann auch nur bis zu dem Punkt bestehen, an dem festzustellen wäre, dass Denkmalschutz kein Naturgesetz ist. Er ist menschengemacht und willkürlich. Man kann ihn also aufheben. Bei der Deutschlandhalle auf dem Messegelände hat das 2011 auch geklappt.
Damals hieß es aus der Stadtentwicklungsbehörde: „Die Abrissgenehmigungen erteilten die zuständigen Denkmalbehörden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangte.“ Ein solches „überwiegendes öffentliches Interesse“ ließe sich derzeit sicherlich wieder finden.
Ariane Bemmer