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Wird der Flughafen BER bald zu klein? Die Flughafengesellschaft sagt nein.
© dapd

Flughafen BER: Feldvermessung für eine dritte Startbahn

Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn hat eine dritte Start- und Landebahn für den BER wieder ins Gespräch gebracht und damit für die nächste Überraschung gesorgt. Worum geht es in der Debatte? Im BER-Blog dokumentieren wir aus aktuellem Anlass einen Beitrag aus dem September 2012.

Braucht der noch nicht in Betrieb gegangene neue Flughafen in Schönefeld schon in absehbarer Zeit eine dritte Start- und Landebahn? Gerüchte über den angeblich bereits fest geplanten Bau kochen immer wieder hoch. Brandenburgs zurückgetretene CDU-Vorsitzende Saskia Ludwig wollte sogar möglichst schnell mit dem Bau beginnen, allerdings nicht neben den bestehenden Pisten, sondern irgendwo im Land. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert sagte in einem Interview, er halte eine dritte Startbahn innerhalb der nächsten 20 Jahre für denkbar.

Das ist auch der Zeithorizont, in dem der Regierende Bürgermeister denkt. Gegenüber der Deutschen Verkehrs-Zeitung, DVZ, antworte er am 31. Oktober 2011 auf eine entsprechende Frage: „Das ist so weit entfernt, dass das kein Thema ist“. Als am gleichen Tag in der Abendschau des RBB nachgefasst wurde, reagierte Klaus Wowereit so: „…bis sich die Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn ergibt, davon sind wir wirklich noch meilenweit entfernt“.

Auf der Internetplattform klaerwerk-blog.de, auf der sich Bürgerunmut gegen staatliches Handeln aller Art artikuliert und Nachrichten aus Blankenfelde-Mahlow und Teltow-Fläming zu lesen sind, behauptete der emeritierte Professor E. Augustin, Flughafenchefplaner Meinhard von Gerkan habe sich in einer RBB-Sendung „verquatscht“ und gesagt, eine dritte Startbahn sei längst in den geheimen Akten der Gesellschaft zu finden. Das ist ziemlich frei interpretiert. Tatsächlich hatten, wie eine Überprüfung ergab, Gerkan und der ebenfalls am Flughafenprojekt arbeitende Architekt Hans-Joachim Papp nur auf eine Reporterfrage geantwortet, eine dritte Startbahn sei „nicht genehmigt, aber angedacht“.

Bilder: So entsteht der Flughafen BER

Überlegungen, wie man mit weiter steigenden Fluggastzahlen umgehen müsse, gibt es in der Flughafengesellschaft tatsächlich, und sie sind auch nicht geheim. Dazu gehören Pläne für den Bau eines zweiten Terminals, wenn einmal die jetzt errechnete Kapazitätsgrenze von 25 Millionen Passagieren pro Jahr deutlich überschritten wird. Nahe dran ist man schon jetzt wegen des Zuwachses bei den Billigfliegern.

Allein während der Bauzeit des Flughafens, seit 2006, ist das Passagieraufkommen an Berlins Flughäfen um 40 Prozent gestiegen. Die vorhandenen beiden Startbahnen am BER reichen aber nach Ansicht der Flughafengesellschaft bis zu einer Passagierzahl von 45 Millionen aus. Auf Nachfrage des Tagesspiegels erklärte der Sprecher der Flughafengesellschaft, Ralf Kunkel, vor wenigen Tagen schriftlich: „Wir planen keine dritte Start- und Landebahn für den Flughafen BER.“

Bilder: Das Chaos am neuen Hauptstadtflughafen

Was aber, wenn die 45 Millionen Passagiere erreicht sind, in 20 Jahren oder früher? Dann könnte eine dritte Startbahn im Süden des jetzigen Flughafens entstehen, wenn die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden. Im Norden ist kein Platz dafür. Die Flughafengesellschaft müsste dann über Grundstücke im Einzugsbereich der Gemeinden oder Ortsteile Tollkrug, Rotberg, Kiekebusch, Selchow, Groß Kienitz und Klein Kienitz verfügen. Besitzt sie diese Grundstücke vielleicht sogar schon?

Der Tagesspiegel hat in den letzten Wochen in den Kreisen Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming recherchiert. Er hat in den Grundbuch- und Katasterämtern beider Kreise die Eigentumsverhältnisse Hunderter von Grundstücken abgefragt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen konnte bei privaten Eigentümern nicht weiter geforscht werden. Es interessierten lediglich Grundstücke in öffentlicher Hand, also solche im Besitz des Landes Brandenburg, des Landes Berlin, des Bundes, der Landesentwicklungsgesellschaft Brandenburg, der Berliner Stadtgüter oder der Flughafengesellschaft. Die Arbeitshypothese war, dass öffentliches Eigentum großen Ausmaßes den Verdacht einer vorsorglichen Bodenhortung für den Bau der dritten Startbahn stützen würde.

Ergebnis: Westlich des Flughafens, vor allem auf der Gemarkung Selchow, gehören etwa 240.000 Quadratmeter Boden den Berliner Stadtgütern. Diese Eigentumsverhältnisse sind aber nicht neueren Datums, die Stadtgüter kauften also nicht unter der Hand dazu, sondern sie sind historisch gewachsen und bestehen seit vielen Jahrzehnten, seit der Vorkriegszeit. Südlich des Flughafens gehören der Flughafengesellschaft drei überschaubare Areale außerhalb der Umzäunung. Hier handelt es sich um nicht benötigte Teile dreier Grundstücke, die für den Bau der neuen Startbahn gekauft werden mussten. Südöstlich des Flughafens sind zwei größere Flurstücke im Besitz des Bundes. Auf ihnen liegen Entwässerungskanäle für die anliegenden feuchten Grundstücke am Flughafenrand. Dazwischen, auf der Gemarkung Rotberg, sind 32 Grundstücke in privater Hand. Ohne diese Flächen kann keine dritte Startbahn gebaut werden.

Spricht das alles nun eher für oder gegen verdeckte Planungen zu einer dritten Start- und Landebahn? Ist das Glas halb voll oder halb leer? Die privaten Eigentümer der 32 Grundstücke auf der Gemarkung Rotberg würden heute vermutlich nicht an die Flughafengesellschaft verkaufen, wenn sie wüssten, dass sie damit das Tor zum Bau einer dritten Startbahn aufstoßen. Am Golfplatz in Groß Kienitz wird gerade für den Bau eines Golfhotels geworben. Aber was in 20 oder 30 Jahren ist, kann seriös niemand prognostizieren. Immerhin: Fast die Hälfte der Grundflächen südlich des jetzigen Flughafens sind schon jetzt im Besitz der öffentlichen Hand.

Dieser Beitrag erschien erstmals im September 2012 im Tagesspiegel.

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