CDU Brandenburg: Fehlstart für Spitzenkandidat Senftleben
Obwohl es keinen Gegenkandidaten gab, stimmten nur 69,5 Prozent der Delegierten für CDU-Landeschef Ingo Senftleben. Es war nicht die einzige Schlappe.
Es wurde ein schwarzer Tag für den Brandenburger CDU-Landesvorsitzenden. „Wer das Risiko eingeht, muss mit dem Risiko leben“, sagte Ingo Senftleben auf einer Landesvertreterversammlung in Potsdam am Sonnabend. Natürlich habe er sich mehr Rückenwind gewünscht. Er bemühte sich, die Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen, obwohl der Wahlkampf für die Landtagswahl am 1. September nun noch schwerer wird.
Der 44-Jährige, der die Christdemokraten zum Sieg führen und erster CDU-Regierungschef in Brandenburg werden will, wurde mit einem miesen Ergebnis zum Spitzenkandidaten gekürt. Für Senftleben votierten 82 Delegierte, 30 stimmten mit Nein, es gab sechs Enthaltungen. Das sind 69,5 Prozent, ohne Gegenkandidaten.
Zwar nennt die CDU, die Enthaltungen herausrechnet, 73,2 Prozent. Aber selbst das ist in der jüngeren Landesgeschichte ohne Vorbild. Und dann ließen die Delegierten auch von Senftlebens Vorschlag für die CDU-Landesliste wenig übrig. Ausgerechnet jene Frauen wie Vize-Parteichefin Karin Lehmann oder die Fürstenwalder Sparkassenchefin Annett Polle, die Senftleben als neue Gesichter und als Signal für eine modernere Partei vorn auf der Liste platzieren wollten, scheiterten an Kampfkandidaturen.
Für seine Rede hatte Senftleben noch stehenden Beifall erhalten. Er hatte versucht, die auch wegen der letzten Umfrage verunsicherte Partei – erst nach AfD und SPD folgt die CDU mit 17 Prozent gleichauf mit den Grünen – aufzumuntern.
„Auch ich kenne die Anzeigetafel“, sagte er. Es sei aber völlig egal, wer zur Halbzeit ein Tor mehr oder weniger habe. „Das Endergebnis zählt.“ Er werde alles geben. Die CDU werde angreifen, um am 1. September stärkste Kraft zu werden. „Brandenburg braucht den Wechsel.“
Als Gast sprach Schleswig-Holsteins Unionschef Daniel Günther
Gast Daniel Günther, Schleswig-Holsteins CDU-Regierungschef, zog Parallelen zu seinem Bundesland. „Es ist definitiv möglich in Brandenburg, den Regierungswechsel zu schaffen.“ Er selbst habe 2017 gewonnen, was vorher auch kaum einer für möglich gehalten habe. Man habe sich nicht verunsichern lassen, sich untergehakt, „und meine Kritiker haben die Zähne zusammengebissen“.
Dazu waren Senftlebens Kritiker nicht mehr bereit. Der CDU-Chef, der das Ausmaß der Unzufriedenheit und Vorabsprachen offenkundig unterschätzt hatte, verteidigte offensiv seinen Vorschlag für die Landesliste, die er im Alleingang vorgelegt hatte. Mit seinem Vorschlag seien alle 18 Kreisverbände unter den ersten 21 Plätzen und so viele Frauen vertreten wie noch nie. „Wer Kritik üben will, dann bitte an mir: Ingo Senftleben war es!“
Die Unzufriedenheit im Landesverband ist groß
Allerdings hatte er sich geweigert, den Vorschlag mit den Kreisvorsitzenden abzusprechen, was sich nun rächte. So wurden andere Bündnisse geschmiedet. Zwar schaffte es die Landtagsabgeordnete Kristy Augustin, Vorsitzende der Frauen-Union, auf Platz zwei.
Doch den vierten Platz erkämpfte sich statt Karin Lehmann der Oberhaveler CDU-Kreischef Frank Bommert, der eigentlich mit Platz 25 abgestraft werden sollte. Bommert verband seine Kampfkandidatur mit Kritik an Senftlebens Ansage, notfalls auch mit den Linken zu koalieren. „Das ist mit mir nicht zu machen.“ Dieses Signal müsse vom Parteitag ausgehen. Wenn die CDU mit den Linken koaliere, bleibe nach fünf Jahren von der Partei nichts mehr übrig.
Dann erwischte es Annett Polle, Sparkassenchefin in Fürstenwalde, die gegen André Schaller, Bürgermeister von Rüdersdorf, verlor. Und der Brandenburger Junge-Union-Chef Julian Brüning kickte am Ende gar den jetzigen Landtagsvizepräsidenten Dieter Dombrowski, immerhin seit 20 Jahren im Parlament, vom Listenplatz sieben weg. Auf Platz acht setzten die Delegierten die konservative frühere CDU-Landesvorsitzende Saskia Ludwig, die mit 95 Stimmen eines der besten Wahlergebnisse schaffte. In seiner Rede erklärte Senftleben auch: „Die CDU ist eine bunte Partei.“