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Gerettet. Die meisten Kleingartenbesitzer können nun erst mal entspannen.
© Kitty Kleist-Heinrich

Private Erholungsinseln mitten in der Stadt: Fast alle Berliner Kleingärten sind sicher

Der Kleingartenplan 2030 steht und sichert den Großteil der Anlagen – allerdings nicht dauerhaft, warnt der Verband.

Blühende private Erholungsinseln mitten in der Stadt für wenig Geld – Kleingartenkolonien sind eine Spezialität von Berlin. Welche Anlagen und Parzellen erhalten bleiben können, trotz der dringend benötigten Bauflächen für Kitas, Schulen, Verkehrswege und Wohnungen in der kräftig wachsenden Stadt, darüber wurde viel und lange gestritten.

Nach einer aufwendigen Prüfung bestehender Kolonien und in Abstimmung mit den Bezirken hat der Senat nun seinen neuen „Kleingartenentwicklungsplan 2030“ fertiggestellt.

Die Vorlage stammt von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und sieht einen „moderaten Abgang von 473 Parzellen auf rund 16 Hektar vor – was einem Rückgang von 0,5 Prozent entspreche. Bei rund 372 Parzellen ende die Schutzfrist in diesem Jahr. Auf diesen knapp 120.000 Quadratmetern sollen Kitas, Schulen, Sporthallen, ein Krankenhaus und eine Polizei-Einrichtung entstehen.

Zehn Prozent bis 2030 sicher

Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) sagte: „Wir geben den Kleingartenanlagen auch in einem wachsenden Berlin eine langfristige Perspektive, damit sie der ganzen Stadt dauerhaft zugutekommen können.“ Der Senat nahm die Vorlage am Dienstag zur Kenntnis. Diese geht nun an den Rat der Bürgermeister und wird auch dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorgelegt.

In Berlin gibt es der Vorlage zufolge derzeit 877 Kleingartenanlagen mit knapp 71.000 Parzellen auf einer Fläche von rund 2900 Hektar. Davon sei der größte Teil, nämlich 82 Prozent, durch den Plan „dauerhaft gesichert oder sollen dauerhaft erhalten bleiben“.

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Knapp zehn Prozent von Berlins Kleingärten, 6915 Parzellen mit einer Fläche von rund 277 Hektar, „sollen nicht vor dem Jahr 2030 für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden“. Unter diesen „erweiterten Schutz“ fallen 20 landeseigene Kleingartenanlagen, die zuvor noch im Stadtentwicklungsplan Wohnen als mögliche Baufläche („Potenzialfläche mit Prüfauftrag“) ausgewiesen waren.

Auch „diese Kleingartenanlagen sollen nach Möglichkeit nicht in Anspruch genommen werden“, heißt es in der Senatsvorlage weiter. Ausschließen will die Koalition das aber nicht. Es sei zu prüfen, „inwieweit der erforderliche Wohnungsbau auf anderen Flächen möglich ist“.

Ersatzgärten könnten entstehen, um Flächen für Wohnungsbau zu nutzen

Falls diese nicht ausreichen und doch Parzellen für den Wohnungsbau gebraucht werden, sollen wenigstens „Ersatzgärten in räumlicher Nähe“ entstehen. Entscheiden will der Senat das im Rahmen eines „strukturierten Prüfprozesses“. Dieser werde „bis Ende des Jahres 2020 aufgelegt“, heißt es in dem Entwurf weiter.

Neu ist auch, dass die Größe der Parzellen künftig „wieder auf 250 Quadratmeter beschränkt“ wird, „bei Neuanlagen“. So soll ein „sparsamer Umgang mit den zur Verfügung stehenden Flächen“ gewährleistet werden. Dies soll auch für den „Bedarf“ gelten, der durch den Wegfall von Anlagen entsteht. Dieser werde nicht allein durch „Ersatzflächen“ ausgeglichen, sondern auch durch „Parzellenteilungen und Umstrukturierungen von Kleingartenanlagen“.

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Zufrieden sind Berlins Kleingärtner nicht mit dem Plan: „Tatsächlich gesichert sind bisher nur 15 Prozent der Berliner Kleingartenflächen“, sagt Jochen Brückmann vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer. Nicht mehr als eine „politische Absichtsbekundung“ spreche aus dem neuen Kleingartenentwicklungsplan.

Das sei zwar schön und gut, „aber die große Mehrheit der Kleingärten kann auch auf dieser Grundlage jederzeit gekündigt werden, wenn eine Schule oder ein Wohnhaus gebaut werden muss“.

Brückmann zufolge ist der Senat „wieder einmal vor dem entscheidenden Schritt zurückgeschreckt“, nämlich die für schützenswert erklärten 82 Prozent aller Anlagen auch verbindlich zu sichern durch entsprechende Bebauungspläne. „Müssen dennoch Kleingartenparzellen gekündigt werden, muss der Senat den Betroffenen rechtlich sichere Ausweichflächen möglichst im gleichen Bezirk bereitstellen“, sagt Brückmann.

In eine ähnliche Richtung zielte ein Vorschlag aus Pankower SPD-Kreisen: Parzellen sollten als „baurechtlich nicht für Wohnungs- und Gewerbezwecke geeignet“ definiert werden, um so dauerhaft die Bodenspekulation mit Kleingartenflächen zu verhindern.

Aus Kreisen der Immobilienwirtschaft ist zu hören, einige Investoren kauften systematisch Kleingarten-Anlagen in der Erwartung, dass die Flächen früher oder später wegen des Drucks der wachsenden Stadt bebaut werden müssen.

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