Untersuchungsausschuss in Berlin: Fall Amri: LKA Düsseldorf hatte keinen Ansprechpartner in Berlin
Statt die Observation von Amri anzuordnen, saßen Berliner Beamte im "Führungskräfte-Seminar". Die Staatsschutz-Chefin soll erneut verhört werden.
Trotz regelmäßigen Informationen von den Kollegen aus Düsseldorf war das Berliner Landeskriminalamt nicht auf den „Fall“ Anis Amri vorbereitet. Das wurde am Freitag während der zehnten Sitzung des Amri-Untersuchungsausschusses
deutlich. So waren Berliner LKA-Führungskräfte ausgerechnet an dem Tag, als sich Amri auf dem Weg nach Berlin befand, für ihre Kollegen aus Düsseldorf nicht erreichbar. Die Berliner besuchten offenbar ein „Führungskräfte-Seminar“, als Amri im Flixbus saß. „Die Führungskräfte waren für uns nicht erreichbar“, sagte Zeuge M. am Freitag.
Deshalb habe auch niemand in Berlin ein Observationsteam beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) angefordert. Stattdessen sei ein „unerfahrener“ jüngerer Kollege eingesetzt worden, der zu diesem Fall gekommen sei „wie die Jungfrau zum Kinde“, erzählte M. „Wir kannten ihn nicht.“ Dieser hatte Amri nach seiner Ankunft am Zentralen Omnibus-Bahnhof entgegen den Absprachen festgenommen.
Mit Personalengpässen sind derlei Pannen nicht zu erklären. Auf die Überlastung hatte die Berliner Staatsschutz-Chefin Jutta Porzucek in der letzten Ausschuss-Sitzung hingewiesen. Aber: Amri war „kein normaler Fall“, wie der CDU-Abgeordnete Stephan Lenz sagte. Dass eine Staatsschutz-Chefin den Eindruck erwecke, sie habe von Amri keine Kenntnis gehabt, sei „irritierend“. Der Ausschuss verständigte sich darauf, Porzucek erneut zu vernehmen.
„Keinen eigenen Beitrag geleistet“
Anis Amri habe sich in Deutschland „sehr konspirativ“ bewegt und „offenbar etwas unternehmen wollen. Es ging um einen potenziell terroristischen Anschlag“, sagte der Zeuge M. am Freitag. In Chat-Foren habe Amri über „Dugma“ gesprochen. Islam-Experten hätten das mit „Selbstmordattentat“ übersetzt. Auch sei bekannt gewesen, dass Amri im Internet nach „Bauanleitungen zur Herstellung von Sprengstoffsätzen“ gesucht habe.
Der Zeuge M. war bis Mitte 2016 Leiter der Ermittlungskommission „Ventum“, die sich gegen das Umfeld des Islamisten-Predigers Abu Walaa richtete, den die Bundesanwaltschaft als Spinne im deutschen Netz der Terrormiliz „Islamischer Staat“ ansieht. Amri war kein Beschuldigter, er wurde als Nachrichtenmittler geführt. Unabhängig davon stufte das Düsseldorfer LKA Amri im Februar 2016 als Gefährder ein und teilte seine Erkenntnisse im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GtaZ) von Bund und Ländern mit.
Nach Angaben des Zeugen M. hatte das LKA Düsseldorf mehrfach darauf hingewirkt, dass Berlin Beamte als Ansprechpartner zu den regelmäßigen „Infoboards“ im GtaZ senden sollte. Amri wurde beim GTAZ mit der Stufe 5 von 8 als Gefährder eingestuft. „Wir hätten ihn eine Stufe höher eingestuft“, sagte Zeuge M. Das wäre Stufe 4 gewesen. Das LKA Berlin habe jedoch „keinen eigenen Beitrag“ in dieser Frage geleistet.