Verkehrssenatorin will getrennte Grünphasen an Kreuzungen: Fahrradweichen sollen weichen - für mehr Sicherheit
Radstreifen in Mittellage sollen Unfälle mit rechts abbiegenden Fahrzeugen vermeiden. Doch sie sind gefährlich, sagen Fahrradaktivisten.
Sie sind ein Versuch, die gefürchteten und für Radfahrer teils tödlichen Unfälle mit rechts abbiegenden Kraftfahrzeugen zu verhindern: sogenannte Radstreifen in Mittellage, also auf der Fahrbahn zwischen Geradeaus- und Rechtsabbiegespur.
Als „Angstweichen“ kritisiert der Verein Changing Cities seit Jahren diese Konstruktion, bei der sich Geradeausverkehr und Abbieger schon einige Meter vor der Kreuzung sortieren sollen, damit sie sich beim Abbiegevorgang während der gemeinsamen Grünphase für Geradeausverkehr und Abbieger nicht in die Quere kommen.
Doch in der Praxis erwiesen sich diese Weichen als Angebot nur für routinierte Radfahrer, die sich auf freier Strecke zwischen zwei Autospuren wagen und bereit sind, womöglich beidseitig von Lastwagen flankiert an der Ampel zu warten.
Jetzt jubelt Changing Cities: „Angstweiche war gestern“. Der Senat sei voll auf die Linie des Verbandes eingeschwenkt – und leiste mit dem Abschied von den Radstreifen in Mittellage „einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit“.
Die Freude resultiert aus einem Bericht der Verkehrsverwaltung an den parlamentarischen Hauptausschuss, der sich der Erhöhung der Verkehrssicherheit von Kreuzungen widmet.
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Darin heißt es, es werde „angestrebt, dass unsichere Begegnungen von bestimmten Verkehrsströmen an Knotenpunkten ausgeschlossen werden können, indem sie signaltechnisch voneinander getrennt werden.“ Also getrennte Grünphasen statt Fahrradweichen.
Zu geringe Akzeptanz bei Radfahrern
Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) präzisiert die neue Linie: „Wir streben an, die Verkehrsströme an Kreuzungen künftig per Ampelschaltung getrennt zu halten. Dies ist nicht überall in idealer Weise möglich, soll aber überall geprüft und dort umgesetzt werden, wo es die beste der machbaren Lösungen ist.“
Fahrradweichen würden nicht mehr angeordnet, weil ihre Akzeptanz bei vielen (potenziellen) Radfahrern zu gering sei.
Aus Günthers Verwaltung heißt es weiter: Weil es keine ideale Standardlösung für jeden Einzelfall gebe, sei eine optimal geschützte Kreuzung stets eine Maßanfertigung.
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„Dazu können getrennte Ampelschaltungen, bauliche Schutzinseln, Aufstellflächen, Mittelinseln, Protektionen, Farbmarkierungen, vorgezogene Haltelinien und andere Maßnahmen gehören, meistens natürlich Kombinationen davon.“