Erneut ein Toter: Radfahren in Berlin - unterwegs mit hohem Risiko
In Berlin ist erneut ein Radfahrer nach einem Unfall verstorben, weitere wurden bei Unfällen schwer verletzt. Von einer Radfahrerstadt ist Berlin weit entfernt. Was sind Ihre Erfahrungen? Diskutieren Sie mit.
Derzeit häufen sich in Berlin die Radunfälle mit tödlichem Ausgang. Nachdem am Mittwoch ein Mann auf der Leipziger Straße von einem Betonmischer überrollt worden war, erliegt am Freitagnachmittag ein 23-Jähriger seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. In der Nacht zu Freitag übersieht ihn ein 70-jähriger Autofahrer am Stralauer Platz in Friedrichshain. Der Radfahrer, der ohne Licht und Helm auf dem Radweg unterwegs ist, bremst nach Angaben der Polizei so scharf, dass er stürzt und sich schwere Kopfverletzungen zuzieht.
Der junge Mann ist der 40. Verkehrstote des Jahres in der Hauptstadt - der siebte Radfahrer, der bei einem Unfall ums Leben kommt.
Weitere Unfälle sind ebenfalls schwer, enden aber verhältnismäßig glimpflich. Am Donnerstag verletzt sich ein 16-jähriger Fahrradfahrer, als er in Friedrichshain von einem VW erfasst wird. Der 35-jährige Fahrer hatte den Jugendlichen übersehen.
In Spandau, in der Falkenseer Chaussee, stürzt ein 39-Jähriger und zieht sich schwere Schnittverletzungen zu, weil er am Lenker Flaschen transportiert, die bei dem Sturz zu Bruch gehen. Passanten können den Mann erstversorgen. Ein Notarzt nimmt dann die weitere Behandlung vor.
Ist Radfahren in Berlin ein besonderes Risiko? Es scheint so, denn das Statistische Landesamt hat für Berlin im ersten Halbjahr 2011eine Steigerung der Verkehrsunfälle mit Radfahrern um mehr als 20 Prozent festgestellt. Demnach waren an 2400 „Unfällen mit Personenschaden“ Radfahrer beteiligt. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es nur 1972 Fälle.
Warum die Berliner Straßen gefährlicher sind als die polnischen, erfahren Sie auf der nächsten Seite.
Auch die Zahl schwer verletzter Radler stieg stark an. Waren es im ersten Halbjahr 2010 noch 205 Menschen, wurden in diesem Jahr bis Ende Juni bereits 271 Fahrer schwer verletzt. Insgesamt gab es 2055 verletzte Radfahrer. Auch die Zahl der bei Unfällen getöteten Radfahrer wird Ende des Jahres vermutlich höher liegen als im vergangenen Jahr. Im gesamten Jahr 2010 waren es 44 Verkehrstote, davon sechs Radler.
Insgesamt erfasste das Amt für Statistik von Januar bis Juni über 62 000 Verkehrsunfälle aller Art, etwas weniger als im Vorjahr. Rund 7700 Menschen wurden dabei verletzt. Erst vor kurzem hatten Experten der Prüforganisation Dekra darauf hingewiesen, dass der Anteil von Radfahrern und Fußgängern bei den Unfalltoten in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern "unverhältnismäßig hoch" sei. Als Grund sieht die Dekra die immer schneller steigende Anzahl von Radfahrern und eine zunehmende Rücksichtslosigkeit im Verkehr.
Clemens Klinke von der Prüforganisation Dekra hält die Straßen der Hauptstadt für Radfahrer und Fußgänger für gefährlicher als die in Polen, das unter den europäischen Staaten den traurigen Rekord von 42 Prozent bei den Todesopfern unter den sogenannten ungeschützten Verkehrsteilnehmern hält. Im vergangenen Jahr waren in Berlin 68 Prozent der Menschen, die im Straßenverkehr starben, Fußgänger und Radfahrer (30 von 44 Verkehrstoten). Bundesweit waren es im Durchschnitt nur 24 Prozent, in der Großstadt Hamburg 38 Prozent.
Was sind Ihre Erfahrungen als Radfahrer, Fußgänger oder Autofahrer in Berlin? Wie könnten Berlins Straßen sicherer für alle Verkehrsteilnehmer werden? Diskutieren Sie mit!