Verkehrssicherheit: Berlins Radfahrer und Fußgänger leben gefährlich
30 der 44 Menschen, die 2010 im Berliner Straßenverkehr starben, waren Radfahrer oder Fußgänger. Damit sind die Straßen der Hauptstadt gefährlicher als die in Polen - besonders, wenn Laster abbiegen.
Trotz sinkender Zahlen bei den jährlichen Verkehrstoten bleiben Berlins Straßen besonders für Radfahrer und Fußgänger lebensgefährlich. Der Anteil der Todesopfer unter diesen Verkehrsteilnehmern sei im Vergleich zu anderen Bundesländern „konstant unverhältnismäßig hoch“, sagte Clemens Klinke von der Prüforganisation Dekra. Die Expertenvereinigung stellte am Freitag ihren Verkehrssicherheitsreport 2011 vor.
Nach Aussage von Klinke, waren im vergangenen Jahr 68 Prozent der Berliner Verkehrstoten Fußgänger und Radfahrer – insgesamt 30 der 44 Menschen, die in Berlin 2010 im Straßenverkehr starben. Bundesweit waren es im Durchschnitt nur 24 Prozent, in der Großstadt Hamburg 38 Prozent. Damit seien die Straßen in der Hauptstadt für Passanten und Radler gefährlicher als die in Polen, das unter den europäischen Staaten den traurigen Rekord von 42 Prozent bei den Todesopfern unter den sogenannten ungeschützten Verkehrsteilnehmern hält.
Bundesweit sind den Angaben der Dekra zufolge im vergangen Jahr 3657 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen – unter ihnen 895 Fußgänger und Radfahrer. Insbesondere in Berlin scheine es dabei „einen großen Nachholbedarf zu geben, was die Rücksicht im Straßenverkehr besonders den schwächeren Verkehrsteilnehmern gegenüber angeht“, sagte Klinke. Der Anteil der Senioren, die mit mehr als 65 Jahren im Straßenverkehr ihr Leben lassen mussten, sei in Berlin „überproportional hoch“.
Die Dekra setzt sich deshalb für mehr Aufklärung und gegenseitige Rücksichtnahme unter allen Verkehrsteilnehmern ein. Schon kleine Veränderungen wie hellere Kleidung oder Reflektoren könnten für Radfahrer und Fußgänger bei Nacht lebensrettend sein. Auch neue Assistenzsysteme wie Kameras und Sensoren für Busse und Lastwagen müssten verstärkt eingesetzt werden. Viele tödliche Unfälle geschehen beim Abbiegen von Lastwagen.
Die Einführung einer gesetzlichen Helmpflicht für Radfahrer lehnen die Experten hingegen ab. Anders sieht es im Bezug auf die neuen Elektrofahrräder aus. Für diese soll nach Ansicht der Dekra sobald wie möglich eine Helmpflicht eingeführt werden. Das Problem sei, dass die Elektroräder ungewöhnlich schnell fahren, selbst bergauf. Autofahrer könnten die Geschwindigkeit schlecht einschätzen, man habe es mit „ganz neuen Fahrradgeschwindigkeiten“ zu tun. Gleichzeitig steige der Anteil von Elektrorädern, der derzeit bei drei Prozent liege, rasant. „Der Markt verdoppelt sich momentan jedes Jahr“, sagte Klinke. Bald würden die batteriebetriebenen Räder in der ganzen Stadt zu sehen.