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Stark und schwach. Die eigene Autorität und das Abhängigkeitsverhältnis des Schutzbefohlenen wird von Sexualstraftätern ausgenutzt. Laut einer Studie hat fast jeder 20. Mann zumindest pädophile Tendenzen. Nun geht auch die evangelische Kirche vollzogenen Missbrauch von Tätern in den eigenen Reihen an.
© picture alliance / dpa

Beratung nach sexualisierter Gewalt: Evangelische Kirche Berlin kümmert sich um ihre Opfer

Neue Kommission und Ansprechpartnerin bieten Beistand nach Missbrauch im Kirchenumfeld: Aussprache, Therapie - und wer will, wird zu Anzeige ermutigt.

Menschen, die in der Evangelischen Landeskirche Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, sollen unbürokratisch zusätzliche Unterstützung erhalten. Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat gemeinsam mit dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) dazu eine unabhängige Kommission berufen, an die sich Betroffene wenden können. Die Hilfe ist ganz unabhängig davon, ob die EKBO ein institutionelles Verschulden zu verantworten hat oder nicht. Mit den angebotenen Hilfen will die EKBO den Opfern von sexueller Gewalt beistehen und sie unterstützen.

Vertrauenspersonen stehen zur Seite

Solche Hilfen können zum Beispiel in der Finanzierung von therapeutischen Kosten bestehen, die die Krankenkasse nicht übernimmt. Auf ihren Wunsch hin könnten Betroffene die Unterstützung einer Verfahrenslotsin oder eines Verfahrenslotsen in Anspruch nehmen, die bei der Beantragung beraten und begleiten. Weitere Vertrauenspersonen können dann ebenfalls hinzugezogen werden, heißt es in einer Pressemitteilung. Vom geschehenen Missbrauch bis zum proaktiven Umgang damit, dass vertraute Personen einen Schutzbefohlenen ausgenutzt hat, ist es seelisch ein weiter Weg.

Die Kommission habe nicht die Aufgabe, einen Sachverhalt zu ermitteln, sondern entscheide nur, ob das erlittene Leid plausibel erscheint. Kirche und Diakonie sei es wichtig, dass Betroffene aus allen kirchlichen und diakonischen Bereichen wissen, wohin sie sich wenden können. Deshalb seien für die gemeinsame Kommission zwei Vertreterinnen durch die Diakonie benannt worden. Die insgesamt fünf berufenen Mitglieder sind am 29. April 2019 das erste Mal in einer konstituierenden Sitzung zusammengetreten: Martin Mueller-Follert (Mitglied der Kirchenleitung), Marie Anne Subklew-Jeutner (Pfarrerin der Nordkirche), Erika Feldhaus-Plumin, Ingeborg Junge-Reyer, Staatssekretärin a. D., sowie Viola Kennert, Superintendentin i. R..

Gewalt und übergriffiges Verhalten aufspüren

An die berufene unabhängige Ansprechpartnerin für Opfer von Missbrauch und sexueller Gewalt können sich alle Menschen wenden, die Missbrauch, Gewalt oder übergriffiges Verhalten in der Landeskirche, im DWBO und durch seine Mitglieder erlebt haben. Sie sollen Unterstützung, Beratung und Begleitung erfahren und auch ermutigt werden, Anzeige zu erstatten, damit die Täter zur Verantwortung gezogen würden, sofern die Opfer schon seelisch zu einer solchen Auseinandersetzung in der Konsequenz in der Lage sind.

Auch im Vatikan gibt es derzeit unter den Katholiken Debatten über den Umgang mit solchen Fällen.

Monika Weber ist telefonisch erreichbar und berät anonym und kostenfrei. Die systemische Beraterin, Therapeutin und Kinderschutzfachkraft hat die Rufnummer 030/24344 199, erreichbar ist sie immer montags von 9 bis 11 Uhr, mittwochs von 15 bis 17 Uhr, freitags von 17 bis 19 Uhr. Ihre E-Mail-Adresse lautet: beratungundhilfe@ekbo.de. Weitere Informationen online unter www.ekbo.de/service/hilfe-bei-missbrauch-und-missbrauchverdacht.html. Es gibt zum Thema sexueller Missbrauch und allgemeine Hilfen für Opfer auch einen Tagesspiegel-Podcast-Beitrag.

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