Flüchtlinge vor dem Lageso in Berlin: "Es muss endlich massive Unterstützung des Landes geben"
Angesichts des Ausnahmezustandes beim Berliner Lageso engagieren sich Hilfsdienste wie die Malteser für Flüchtlinge. Doch Einsatzkoordinator Matthias Nowak fordert: Der Senat muss mehr tun.
Herr Nowak, Sie waren am Freitag vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit als Mitkoordinator des Einsatzes des Malteser Hilfsdienstes vor Ort. Was waren Ihre Eindrücke?
Der Einsatz kam sehr kurzfristig zu Stande, erst gegen halb zehn am Donnerstagabend auf Bitten des Senats, um vor allem die große Hilfe zu kanalisieren und zu organisieren. Es hatte ja unzählige Aufrufe über "Moabit hilft" und andere Initiativen gegeben, und die Leute strömten aufs Gelände und luden Hilfslieferungen ab, aber es war nichts organisiert. Wir haben dann angefangen, die Hilfsleistungen und die unendliche Anzahl von Ehrenamtlichen zu koordinieren, damit die Hilfe auch bei den Leuten ankommt. Am frühen Freitagvormittag hatten wir dann eine gute Versorgungskette geschaffen und auch Müll eingesammelt, damit es zum Beispiel nicht zu Wespenalarm kommt. Es wurde eine zentrale Spendenannahmestelle eingerichtet und wir haben auch medizinische Fälle behandelt. Es ging darum, den Menschen die Hitze so erträglich wie möglich zu machen, die Spenden so gerecht wie möglich zu verteilen und uns um die Familien und Kinder zu kümmern.
Bei welcher Art der Hilfe war der Bedarf denn am größten?
Die Anzahl der Flüchtlinge ist ja von Tag zu Tag angestiegen, es gab die Meldungen, die Situation war absehbar. Neu war die unglaubliche Spendenbereitschaft. Das ist ja bei bürgerschaftlichem Engagement ganz toll, dass die Leute helfen wollen, aber wenn das nicht koordiniert wird, kommt es halt auch zu überfallartigen Szenen. Die Leute fahren dann mit ihrem Wagen irgendwas aufs Gelände und es kam ja am Freitag auch zu kleineren Rangeleien. Deshalb haben wir die zentrale Anlaufstelle geschaffen und die Helfer sind übers Gelände gegangen und haben die Spenden verteilt.
Sie sagten, der Einsatz kam auf Bitten des Senats zu Stande. Das Lageso hatte Hilfe anfangs ja eher abgeblockt.
Ich denke, das Lageso hat dann am Freitagabend wohl gesehen, dass es extrem notwendig war, dass organisierte Hilfe ankam und wir dort Hand in Hand mit der Caritas gearbeitet haben. Ich hatte auch den ganzen Tag mit Behördenchef Franz Allert Kontakt. Die haben das schon zu wertschätzen gewusst. Allein dass die Unterkünfte jetzt da sind und die Caritas es innerhalb von 12, 14 Stunden geschafft hat, Notunterkünfte zu organisieren. Wir haben alle Flüchtlinge vom Gelände gekriegt, das hätte morgens keiner für möglich gehalten.
Die Leute vor Ort leisten einen unglaublichen Job Tag für Tag. Zwischenzeitlich haben wir übrigens auch heulende Lageso-Mitarbeiter betreut. Die leiden unter der zu geringen Personalausstattung, am Freitag sind mehrere zusammengebrochen und mussten psychologisch unterstützt werden. Die Mitarbeiter können am wenigsten dafür, die verwalten den Mangel.
Wie soll es denn jetzt weitergehen? Am Montag werden schließlich die nächsten Flüchtlinge beim Lageso ankommen.
Es muss endlich massive Unterstützung von Seiten des Landes geben und mehr Anstrengungen gemacht werden, damit die Menschen nicht in Zelten sondern in menschenwürdigen Unterbringungen schlafen können. Karlshorst ist ja jetzt auch da. Die Zivilbevölkerung ist ja bereit zu helfen! Viele kleine Kirchengemeinden nehmen zehn bis 15 Flüchtlinge auf, auch eine Moschee in Moabit hat ein Menschen aufgenommen. Mehr Engagement von der Zivilbevölkerung ist wichtig, ja, aber es müssen von der Politik endlich Rahmenbedingungen geschaffen und Gebäude freigegeben werden.
Die Hilfsorganisationen sind auch gefordert, aber wir sind auch bereit.
Der Malteser Hilfsdienst nimmt derzeit keine generellen Sachspenden mehr entgegen. Informationen zu Spenden, auch finanzieller Art, finden Sie auf der Homepage der Malteser Berlin. Für ehrenamtliche Einsätze können Sie sich per E-Mail unter info@malteser-berlin.de vormerken lassen.