Regelblutung: Es geht auch ohne Tampon
Tasse oder Schwämmchen? Es gibt Alternativen für die Regelblutung, die die Umwelt schonen und auch gesünder sind.
Die Erfindung des Tampons in den 1930er Jahren bedeutete für viele Frauen eine kleine Revolution. Sie konnten nun während der Regelblutung Sport machen, schwimmen oder tanzen gehen – ein Gewinn an Lebensqualität. Allerdings hat die Erfindung auch einen großen Haken: Müll, Müll, Müll. Rechnet man alle Tampons zusammen, die eine Frau durchschnittlich in 35 Jahren von der Pubertät bis zu den Wechseljahren verbraucht, kommt man auf rund 17 000 Stück – also fast eine Badewanne voll. Doch es gibt Alternativen, die nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Gesundheit sind.
Die Menstruationstasse
Eine Menstruationstasse ist ein kleiner Becher aus weichem medizinischen Silikon oder Kunststoff, der das Blut in der Scheide auffängt. Nach einigen Stunden wird das Tässchen über dem WC entleert, mit Wasser ausgespült und wiedereingesetzt. Kathrin Klein (Name geändert) hat die Tasse ausprobiert: „Sie fühlt sich sauberer an als ein Tampon und fängt meine Blutung zuverlässig auf“, sagt die 36-Jährige, „besonders auf Reisen schätze ich die Tasse, um Müll zu vermeiden“. Je nach Hersteller kann die Tasse zwei bis zehn Jahre lang verwendet werden und kostet ab 15 Euro.
Auch aus medizinischer Sicht sieht Susanne Kujawski, Frauenärztin bei Pro Familia Mönchengladbach, Pluspunkte: „Der Vorteil der Menstruationstasse ist, dass sie das Blut nur auffängt und nicht aufsaugt – dadurch wird die Scheide nicht ausgetrocknet.“ Die Tasse sei also gesünder für die Intimflora und beuge so Pilzinfektionen vor. „Viele Frauen, die das Tässchen benutzen, berichten außerdem von weniger Regelschmerzen“, sagt Kujawski.
Um das Menstruationstässchen einzuführen, wird es einmal in der Mitte gefaltet. In der Vagina entfaltet es sich selbstständig, wodurch ein leichter Unterdruck entsteht, der es an Ort und Stelle hält. „Damit die Menstruationstasse gut sitzt, ist es allerdings wichtig, die richtige Größe und den richtigen Härtegrad des Materials zu wählen“, sagt Susanne Kujawski. „Junge Frauen, die noch keine Kinder geboren haben, machen in der Regel mit etwas festeren Tassen bessere Erfahrungen, während etwas ältere Frauen, die schon eine oder mehrere Geburten hinter sich haben, auch zu weicheren Tassen greifen können“, sagt Kujawski.
Es gibt unterschiedliche Tassengrößen mit einem Fassungsvermögen zwischen zehn und 35 Millilitern. Angst, dass das Tässchen überlaufen könnte, müssen die Anwenderinnen nicht haben. „Viele Frauen überschätzen die Stärke ihrer Regelblutung und wundern sich, dass es so wenig ist, wenn sie die Menstruationstasse benutzen“, sagt Frauenärztin Kujawski.
Ganz so praktisch wie Tampons ist die Tasse aber nicht. „Zum Anfang hat mich das Einsetzen etwas Übung gekostet, aber nach einigen Tagen klappte das sehr gut“, sagt Klein. Der Umgang damit gehe zu Hause natürlich ungestörter als auf einer öffentlichen Toilette, berichtet Kathrin Klein: „Zum Ausspülen der Tasse muss man dann raus aus der Kabine und danach zum Einsetzen wieder rein.“
Nach jeder Periode muss die Menstruationstasse drei bis zehn Minuten in der Mikrowelle oder im Topf ausgekocht werden, um Keime abzutöten. Alternativ kann sie auch in zehnprozentige Essiglösung eingelegt werden oder mit speziellen Reinigungstabs behandelt werden.
Das Naturschwämmchen
Das Naturschwämmchen wird in die Scheide eingeführt, um dort das Menstruationsblut aufzusaugen. Besonders feinporige Schwämme gedeihen an den Küsten des Levantinischen Meeres, also dem östlichen Teil des Mittelmeeres. Daher werden sie häufig auch als Levantiner Schwamm vermarktet.
Die 26-jährige Melanie Meißner (Name geändert) hat vor allem ein Aspekt überzeugt: „Das Schwämmchen kann ich während meiner Tage auch beim Sex tragen weder ich noch mein Freund merken etwas davon.“ In Internetforen berichten Frauen allerdings auch davon, dass das Schwämmchen beim Sex so weit in die Vagina geschoben werden kann, dass es nur noch schwer mit den Fingern zu greifen ist, denn im Gegensatz zum Tampon besitzt es keinen Rückholfaden. Im Notfall muss die Gynäkologin helfen.
Aus medizinischer Sicht hat der Schwamm im Vergleich zum Tampon Vorteile: „Auch der Menstruationsschwamm trocknet die Scheide nicht aus und gibt so Pilzinfektionen weniger Raum“, sagt Kujawski. Allerdings eigne sich das Naturprodukt nicht für jede Frau. „Menstruationsschwämme sind eher für schwächere bis mittlere Blutungen geeignet, da sie weniger dicht halten als Tampon oder Menstruationstasse“, so die Frauenärztin. Je nach Stärke der Blutung sollten die Schwämme nach spätestens acht Stunden gewechselt und unter kaltem, fließendem Wasser gereinigt werden. Auf Reisen kann das zum Problem werden, berichtet Melanie: „In den Poren setzt sich mitunter abgestoßene Schleimhaut fest, die sich manchmal nur schwer entfernen lässt.“
Nach der Menstruation wird der Schwamm gründlich gereinigt – auf gar keinen Fall darf er ausgekocht werden. „Stattdessen wird er eine Weile in eine zehnprozentige Essig-Wasser-Lösung eingelegt“, sagt Kujawski. Menstruationsschwämme werden häufig als „Naturprodukt“ oder „gewachsenes Naturmaterial“ vermarktet. Zwar wurzeln Schwämme wie Pflanzen auf dem Meeresgrund – sie gehören aber in das Tierreich. Vegan ist dieses Produkt also nicht.
Die Mehrwegbinde
Die meisten Wegwerfbinden und Slipeinlagen beinhalten neben einem Kunststoffgranulat, das die Feuchtigkeit aufsaugen und binden soll, auch eine dünne Kunststoffbeschichtung und weiteres Plastik für mitunter mehrere Umverpackungsschichten. Ökologisch verträglicher sind waschbare Mehrwegbinden. Sie werden in den Slip gelegt, die Flügel umgeschlagen und mit einem Druckknopf befestigt.
„Mehrwegbinden empfehlen wir in der Beratung schon seit vielen Jahren“, sagt Kujawski von Pro Familia. Die Mehrwegbinde enthält keine Plastikbeschichtung, schont damit nicht nur die Umwelt, sondern auch die Haut. Materialien wie Baumwolle, Hanf- oder auch Bambusfasern lassen mehr Luft an die Haut und sollen so seltener zu trockener Haut, Hautrötungen, Juckreiz oder Pilzerkrankungen führen.
Mehrwegbinden sollten laut Herstellerangaben in kaltem Wasser eingeweicht und anschließend bei 60 Grad gewaschen werden, um alle Bakterien abzutöten. Ein separater Waschgang sei nicht notwendig. Anschließend seien die Mehrwegbinden „hygienisch rein“. Man könne die Einlagen mindestens fünf Jahre lang wiederverwenden. Drei Mehrwegbinden kosten rund 19 Euro.
Die freie Menstruation
Einige Frauen sagen, es gehe auch ohne Hilfsmittel wie Tampon, Binde oder Menstruationstasse – und zwar mit der sogenannten freien Menstruation. Dabei geht es um eine Technik, die viel Körperbewusstsein und -kontrolle verlangt, damit die Menstruationsflüssigkeit kontrolliert abgegeben werden kann. Denn die Regelblutung fließt nicht kontinuierlich, sondern in Intervallen, die sich ankündigen. Geübte Frauen sollen spüren können, wann es wieder so weit ist, um dann rechtzeitig eine Toilette aufsuchen zu können. „In der Theorie ist das für Frauen mit eher schwacher Blutung sicherlich möglich“, sagt Kujawski. „Das Problem dabei ist, dass wir die Kontinenz über unsere anderen Ausscheidungen schon in unserer frühen Kindheit lernen und das Erlernen im Erwachsenenalter umso schwieriger ist.“ Für wen diese Methode geeignet ist, hängt auch stark von den Lebensumständen ab. Beispielsweise könnten körperliche Anstrengungen wie schweres Heben oder auch ein starkes Husten die Fähigkeit, die Regelblutung zurückzuhalten, überlasten und so zum Malheur führen.
Aus medizinischer Sicht liegen die Vorteile allerdings auf der Hand, denn wo kein Fremdkörper in den Körper eingeführt oder aufgelegt wird, werden auch keine Pilz- oder Bakterieninfektionen verursacht. Zudem berichten einige Frauen, dass diese Methode ihre Regelschmerzen gelindert habe. Im Hinblick auf die Alltagstauglichkeit ist Kujwaski jedoch skeptisch: „Für die breite Masse der Frauen wird die freie Menstruation wohl keine praktikable Alternative werden.“
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