Flüchtlingsunterkünfte in Berlin: Erstbezug: Drei-Container-Wohnung in Neukölln
Im Neuköllner Ortsteil Buckow ist das fünfte Tempohome der Stadt bezugsfertig für 504 Flüchtlinge. Vorher durften Anwohner rein.
Der Tag der offenen Tür im ersten Neuköllner Tempohome beginnt mit einem Besucheransturm. Viele Anwohner aus dem Ortsteil Buckow am südlichen Stadtrand wollen sehen, wie so ein Wohncontainer von innen aussieht. Das Ergebnis ist ernüchternd: graue Türen und Wände, Tisch, Stuhl, Regal, Doppelstockbetten, ein Herd, ein kleines Badezimmer. 45 Quadratmeter für vier Personen. Eine Bleibe für die nächste Zeit, kein wirkliches Zuhause, aber auch kein Notbehelf wie die Turnhallen, aus denen die künftigen Bewohner nun ausziehen sollen.
504 Plätze gibt es an der Gerlinger Straße, verteilt auf 378 Container. Je drei Container bilden eine Wohnung. Im Flur steht eine kleine Küchenzeile, rechts und links davon ist jeweils ein Wohn- und Schlafzimmer mit zwei Betten. „Nicht optimal, aber besser als Turnhallen“, sagte Elke Breitenbach. Hier gebe es immerhin Privatsphäre, und die Flüchtlinge könnten selber kochen. In der nächsten Woche sollen Familien aus Afghanistan, Syrien, Irak und Ägypten hier einziehen.
Betrieben wird das Containerdorf von der Beschäftigungsagentur Berlin-Brandenburg (BABB), die auch die Turnhallen-Unterkunft am Neuköllner Efeuweg betreibt. Fünf Turnhallen können nun freigezogen werden, damit sinkt die Zahl der noch belegten Turnhallen auf zwölf. Die Sozialverwaltung will bis Ende März alle Turnhallen an die Bezirke zurückgeben, anschließend müssen sie saniert werden. Wann dort wieder Sport getrieben werden kann, ist unklar. „Das wird dauern“, sagte Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).
Der Freizug-Termin für alle Turnhallen wackelt
Ob der März-Termin gehalten werden kann, hängt davon ab, ob das Tempohome an der Elisabeth-Aue in Pankow rechtzeitig in Betrieb geht. Dort verzögere sich die Fertigstellung, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach, ohne Einzelheiten zu nennen, „wir zittern, ob das rechtzeitig fertig wird“. Auch an der Gerlinger Straße wurde die geplante Bauzeit von drei Monaten um zwei Monate überschritten.
In Marzahn und Treptow gab es Proteste gegen den Bau von Flüchtlingsheimen, das wollen die Neuköllner unbedingt vermeiden. Das Bezirksamt habe 8000 Anwohner direkt angeschrieben und zum Tag der offenen Tür eingeladen, sagte Giffey. Die Container sollten kein „Dauerprovisorium“ werden, versprach die Bürgermeisterin. Da ist ganz hilfreich, dass die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land 2018 mit den Bauarbeiten für die geplante Siedlung auf den Buckower Feldern beginnen will.
Das Gelände gehört einem Wohnungsbauprojekt
Das Grundstück an der Gerlinger Straße soll zwar nicht direkt bebaut werden, ist aber als künftige „Obstwiese“ in das Projekt eingeplant. Die Container stehen bislang auf einer sandigen Brache, aber verschiedene Initiativen stehen schon in den Startlöchern, um die neue Unterkunft zusammen mit den Bewohnern zu begrünen. Einige Flüchtlinge hätten auch bei der Einrichtung der Container mitgeholfen, erzählt Reiner Waldukat vom Betreiber BABB.
Fünf größere Gemeinschaftsräume gehören zur neuen Unterkunft. Zwei Fernsehräume sollen eingerichtet werden, ein Raum für Deutschkurse und Hausaufgaben der Kinder, ein Cafe, außerdem Flächen für Feste und Sport. Eine besondere Flüchtlingsunterkunft soll auch noch dieses Jahr fertig werden: die Erweiterung der Gemeinschaftsunterkunft Britz an der Haarlemer Straße. Das Heim wird mit maximal 1200 Plätzen eine der größten Unterkünfte der Stadt. Bislang leben in den zwei vorhandenen Wohnblöcken 400 Flüchtlinge. Eigentlich hätten die 2014 errichteten Blöcke nach zwei Jahren wieder abgerissen werden, doch der Senat konnte erfolgreich nachverhandeln.
Der Status Quo in Zahlen
Fünf Turnhallen werden in der nächsten Woche frei: Lobeckstraße (Kreuzberg), Buckower Damm, Efeuweg (Buckow) und zwei Turnhallen an der Glienicker Straße (Köpenick).
30 Containerstandorte mit 15.000 Plätzen wollte der alte Senat bauen, der neue hat sich 20 vorgenommen, von denen sind bislang fünf in Betrieb, zwei in Marzahn-Hellersdorf, jeweils ein Standort in Karow (Pankow), Altglienicke (Treptow-Köpenick) und Buckow (Neukölln). Zusätzlich werden 18 sogenannte Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUFs) errichtet.
15.300 Menschen leben noch in Notunterkünften: Die größten mit mehreren tausend Plätzen sind das ehemalige Stasi-Gebäude in der Ruschestraße (Lichtenberg), die Hangars in Tempelhof und die Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau (Wilhelmstadt). Alle Notunterkünfte sollen so schnell wie möglich freigezogen werden, versicherte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke).