Gescheiterte Kreisreform: Erleichterung und Kampfansagen in Brandenburg
Der Stopp der Kreisgebietsreform durch Dietmar Woidke hat Folgen: SPD-Generalsekretärin Geywitz tritt zurück, die Opposition geht auf den Ministerpräsidenten los.
Im Land Brandenburg ist die Absage der Kreisgebietsreform durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nahezu einhellig begrüßt worden. Zugleich schießt sich die Opposition im Landtag nach der am Mittwoch verkündeten Entscheidung nun auf Woidke und die rot-rote Regierungskoalition ein, deren zentrales Vorhaben in dieser Legislaturperiode die Straffung der Kreisstrukturen im Land war. Wie bereits vorab berichtet, bleibt es nun bei den bestehenden vierzehn Landkreisen und vier kreisfreien Städten im Land.
Zugleich gab Brandenburgs SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz – bis dahin Sprachrohr Woidkes in der Landespartei – offiziell ihren sofortigen Rücktritt bekannt. Hintergrund waren Differenzen zum weiteren Kurs mit der Reform, an der Geywitz festhalten wollte. Sie fühlte sich beim Woidke-Schwenk offenbar übergangen. In einer Erklärung war nun von einer „Trennung im Einvernehmen“ die Rede. „Dies war meine persönliche Entscheidung, die ich aus Verantwortung für die SPD Brandenburg getroffen habe“, so Geywitz. Sie gehe „ohne Groll und Ärger“. Woidke werde dem Landesvorstand am 6. November eine Nachfolge präsentieren. Am 18. November ist ein Landesparteitag angesetzt, der nun von der jahrelang vorbereiteten und abgesagten Kreisreform überschattet werden dürfte.
Vor genau einem Jahr, auf den Tag genau, war in Potsdam vor dem Landtag die maßgeblich von der CDU, der FDP und den Freien Wählern getragene Volksinitiative „Kreisreform stoppen“ gestartet worden. Die Absage sei ein Sieg des Bürgerwillens, erklärte nun deren Chef, der frühere Prignitzer CDU-Landrat Hans Lange. In der ersten Stufe hatte die Initiative 130.000 Unterschriften gesammelt. Aktuell läuft ein Volksbegehren, um einen Volksentscheid zu erzwingen. Wie Lange sagte, soll die Aktion weitergehen, da zwar die Kreisreform gestoppt sei, aber andere Forderungen etwa zur Bürgernähe in den ländlichen Regionen nicht. „Wir machen weiter.“
SPD-Landrat: „Entscheidung verdient Dank und Respekt“
Die kommunalen Spitzenverbände Brandenburgs, der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund, begrüßten die Entscheidung, die mit der einhelligen Ablehnung der Reform durch die Kommunen begründet worden war. „Diese Kurskorrektur ist eine gute und richtige Entscheidung für das Land Brandenburg und seine Landkreise“, sagte Landrat Wolfgang Blasig (SPD/Potsdam-Mittelmark), der Vorsitzender des Landkreistages Brandenburg ist. „Diese Entscheidung des Ministerpräsidenten verdient unseren Dank und unseren Respekt.“ Ähnlich äußerte sich Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der Präsident des Städtebundes. Beide sprachen sich für den nun geplanten Weg aus, die Verwaltungen durch engere Kooperationen statt Zwangsfusionen zu verbessern.
Der CDU-Oppositionsführer geht mit Woidke hart ins Gericht
Brandenburgs CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben, der wegen des Scheiterns der Reform jüngst bereits Neuwahlen und den Rücktritt Woidkes gefordert hatte, äußerte sich zurückhaltender. Er begrüßte einerseits den Stopp der Kreisreform, mahnte aber zugleich: Jetzt müsse es Bürgernähe gehen. „Unser Anspruch sind gleiche Lebensbedingungen in ganz Brandenburg.“ Mit dem Regierungschef ging Senftleben hart ins Gericht. Woidke sei nun schon an seiner dritten Reform gescheitert, sagte er. „Erst Forstreform, dann Polizeireform, nun Kreisreform – Woidkes Weg ist mit gescheiterten Projekten gepflastert.“ Für Brandenburg seien „wichtige Jahre verloren gegangen, in denen sich die Regierung mit Dingen beschäftigt hat, die schlecht fürs Land sind“. Dabei seien wichtige Entwicklungen wie der Nahverkehr, die Landesplanung und der Ausbau von Internet und Mobilfunk verschlafen worden.“
Erleichtert reagierte auch die Linke, die mit der SPD regiert. Man könne keine Politik mit der Brechstange machen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Fraktionschef Ralf Christoffers und Parteichef Christian Görke.