Koalitionsverhandlungen: Entscheidende Pokerrunde für Rot-Schwarz
Für die künftige rot-schwarze Koalition ist die Woche der Wahrheit angebrochen. Die Verhandlungsführer von SPD und CDU müssen am Dienstag ihre Streitpunkte klären - und davon gibt es noch reichlich.
Für Schlussrunden von Koalitionsverhandlungen brauchen Politiker die richtige Strategie, eine ausgeklügelte Taktik, viel Zeit und großes Durchhaltevermögen. Am Dienstag treffen sich die Unterhändler von SPD und CDU um 15 Uhr im Roten Rathaus zur letzten Sitzung – ohne Zeitlimit. Vermutlich bis in die Nachtstunden werden der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und die Verhandlungskommissionen unter den Parteichefs Michael Müller (SPD) und Frank Henkel (CDU) über Ressortzuschnitte und strittige Themen verhandeln. Dann erst steht der Koalitionsvertrag, der am Montag, 21. November, auf den Parteitagen von SPD und CDU beschlossen werden soll. Zuvor müssen noch etliche Streitpunkte geklärt werden.
BILDUNG
Die SPD hatte vor Jahren den Ausstieg aus der Verbeamtung von Lehrern gewagt, um die hohen Pensionslasten von jährlich mehr als einer Milliarde Euro zulasten der Landeskasse zu reduzieren. 2009 beschloss der Senat, angestellten Junglehrern künftig mehr Gehalt zu zahlen, um ihre Abwanderung in andere Bundesländer zu stoppen. Die CDU plädiert dafür, zur Lehrer-Verbeamtung zurückzukehren.
CITY-TAX
Die SPD will eine Touristenabgabe als fünfprozentigen Aufschlag auf Übernachtungskosten. Das ergäbe 20 Millionen Euro Mehreinnahmen pro Jahr. Die CDU lehnt die City-Tax ab. Offen ist auch, ob Geschäftsleute oder Kongressteilnehmer eine solche Abgabe zahlen sollen.
MINDESTLOHN
Bei dem Thema liegen die Positionen noch weit auseinander. Die SPD will im Berliner Vergabegesetz die Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 7,50 Euro auf 8,50 Euro bei öffentlichen Aufträgen festschreiben. Sie fordert auch bundesweit einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Die Berliner CDU lehnt bisher einen einheitlichen Mindestlohn ab. Die Christdemokraten warten aber die Ergebnisse des seit Sonntagabend laufenden Bundesparteitags in Leipzig ab. Offen ist, ob sich die Union für eine allgemeine Lohnuntergrenze oder regionale Tarife ausspricht.
INTEGRATION
Die SPD will das kommunale Wahlrecht für Ausländer in Berlin einführen. Die CDU lehnt sowohl eine rechtlich umstrittene Landesregelung als auch eine Bundesratsinitiative ab. Bundesrechtlicher Änderungen bedarf es auch bei den SPD- Forderungen nach Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft oder der Abschaffung der Optionspflicht. Die unter Rot-Grün im Bund eingeführte Regelung besagt, dass derjenige, der in Deutschland geboren wurde oder die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erhalten hat, im Alter zwischen 18 und 23 Jahren erklären muss, ob er die deutsche oder gegebenenfalls die andere Staatsbürgerschaft behalten will. Die CDU lehnt entsprechende Bundesratsinitiativen ab.
STRASSENAUSBAUBEITRAG
Die Abschaffung des Gesetzes, das die Beteiligung von Hauseigentümern an Baumaßnahmen regelt, ist eine Herzensangelegenheit der CDU. Die SPD hält an dem unter Rot-Rot eingeführten Gesetz fest. Ein Kompromiss könnte die Novellierung des Gesetzes sein, wonach Beiträge nur dann fällig würden, wenn Baumaßnahmen von erkennbarem Nutzen für Anwohner wären. Denkbar ist auch, die finanzielle Beteiligung zwischen Eigentümern von Wohn- und Gewerbeimmobilien zu differenzieren.
KENNZEICHNUNGSPFLICHT
Kürzlich wurde in Berlin als erstem Bundesland die Kennzeichnungspflicht für Polizisten eingeführt. Beamte können zwischen Namensschild oder Nummer wählen. Die CDU fordert ein rotierendes Nummernsystem nach einer bestimmten Zeitspanne und einen Zugriffsschutz der Daten von Polizisten im Melderegister.
REKOMMUNALISIERUNG
Die SPD will die 2013/2014 auslaufenden Konzessionen für die Berliner Gas- und Stromnetze nicht verlängern oder neu ausschreiben, sondern in öffentliche Regie übernehmen. Die CDU favorisiert eine Ausschreibung.
GESUNDHEIT
SPD und CDU konnten sich noch nicht darauf verständigen, ob es analog zu anderen Kammern künftig eine Pflegekammer für Pflegeberufe geben wird. Unklar ist auch, ob in Berlin das „Drug-Checking“ wie in der Schweiz oder den Niederlanden eingeführt wird. Konsumenten illegaler Drogen könnten Substanzen dann anonym auf Dosis und Inhaltsstoffe bestimmen lassen. Die Drogenprüfung soll die Gefahren verhindern, die beim Konsum von Substanzen mit unbekannter Zusammensetzung entstehen können.