Volksbegehren "Deutsche Wohnen enteignen": Enteignungen: Aktivisten rechnen mit Kosten von 7,3 Milliarden Euro
Lange vor dem eigentlichen Start des Volksbegehrens werden dessen Kosten debattiert. Nun steigen auch die Initiatoren mit ein.
Fünf Wochen vor dem Start der Unterschriftensammlung für den Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ haben die Initiatoren erste Schätzungen zu Kosten möglicher Entschädigungen an die Wohnungsunternehmen vorgestellt. Diese liegen der Initiative zufolge - je nach Berechnungsmodell - zwischen 7,3 und 13,7 Milliarden Euro.
Zuletzt vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) in die laufende Debatte eingebrachte Entschädigungssummen von bis zu 25 Milliarden Euro bezeichnete Rouzbeh Taheri, Vorsitzender der Initiative, als „ziemlich absurd“. Gleiches gelte für die Seitens der BBU geäußerte Befürchtung, im Falle einer Enteignung würden sämtliche Mietverträge ihre Gültigkeit verlieren. „Solche Szenarien kennen wir schon von anderen Volksbegehren“, sagte Taheri. Er räumte ein, die den Berechnungen zugrundeliegende Datenlage sei „schwierig“.
Land müsste 1,5 Milliarden Euro zahlen
Das von Taheri favorisierte Berechnungsmodell nach dem Zweckentschädigungsverfahren sieht vor, den Wert einer Immobilie nach den Erlösen durch „leistbare Mieten“ zu bestimmen. Als „leistbar“ gilt die Miete dann, wenn ein Mieter 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Bruttowarmmiete seiner Wohnung aufbringen muss. Liegt das Einkommen auf Höhe der Armutsgrenze – also bei 60 Prozent des Medianeinkommens – entspricht die Leistbarkeitsgrenze einem Quadratmeterpreis von 3,29 Euro im Einpersonenhaushalt. Wird die Wohnung von fünf Personen bewohnt, steigt die Leistbarkeitsgrenze auf 4,98 Euro pro Quadratmeter.
Die auf dieser Grundlage errechnete Entschädigungssumme in Höhe von 7,3 Milliarden Euro könne zu 80 Prozent kreditfinanziert werden, so Taheri weiter. Der Eigenkapitalanteil von 20 Prozent würde das Land Berlin diesen Berechnungen zufolge rund 1,5 Milliarden Euro Kosten. Eine Refinanzierung von Kredit- wie Eigenanteil über die laufenden Mieteinnahmen halten Taheri und Mitstreiter innerhalb von 30 Jahren für machbar.
Bis zu 210 000 Wohnungen betroffen
Wie realistisch die Kostenschätzung der Initiative ist, könnten die kommenden Tage zeigen. Dann will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine eigene Schätzung vorlegen, die sich aktuell in Bearbeitung befindet. Diese soll zeitgleich der Senatsverwaltung für Inneres sowie den Initiatoren des Volksentscheides zugesendet werden, erklärte eine Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Deren Partei hatte sich auf ihrem Parteitag klar hinter die Forderungen des Volksentscheides gestellt.
Unklar ist, wie viele Unternehmen von Enteignungen betroffen wären, sollte die im Volksentscheid vorgesehene Höchstgrenze von 3000 Wohnungen pro Unternehmen tatsächlich zur Anwendung kommen. Derzeit kommen zwischen acht und zehn Unternehmen in Frage, das größte davon die Deutsche Wohnen mit rund 114.000 Wohnungen. Insgesamt könnten laut Taheri rund 210.000 Wohnungen von Enteignungen betroffen sein.
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