Tesla-Gigafactory in Grünheide: Elon Musk in Berlin - zum Arbeitsbesuch
Musk ist am frühen Mittwochabend überraschend in Berlin gelandet, die Gründe für den Besuch sind nicht bekannt. Doch noch am Abend traf er sich mit Woidke und Steinbach.
Erst Florenz, dann Berlin: Elon Musk ist überraschend in der Hauptstadtregion eingetroffen, wo der US-Elektroautobauer im brandenburgischen Grünheide seine Europa-Gigafactory errichtet. Musks Privatjet, der vorher direkt über die Baustelle flog, landete am Mittwochabend am BER in Schönefeld.
Es soll sich zwar vor allem um einen Arbeitsbesuch handeln - typisch für Musk, der sich auch um technische Details der Gigafactory persönlich kümmert. Doch noch am Abend traf sich Musk mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD).
Steinbach twitterte dazu: Es sei ein "sehr entspanntes abendliches Treffen" gewesen: "Wir haben uns vertrauensvoll über die noch anstehenden Aufgaben ausgetauscht. Danke für den Besuch der ganzen Familie, Elon!"
Als Musk zuletzt im Mai vor Ort war, ging er davon aus, dass noch im Jahr 2021 die ersten E-Autos in Grünheide vom Band rollen werden. Das wird immer knapper. Zwar ist die Fabrik (12 000 Jobs, Investition rund 5 Milliarden Euro, 500 000 Autos jährlich) nahezu fertig, errichtet über Voraberlaubnisse, derzeit laufen dort die Anlagentests, unter anderem in der Lackierei oder dem Presswerk. Doch die finale Genehmigung steht aus.
Eine zeitliche Nähe zur Musk-Visite ist auffällig. Diesen Freitag will CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Bundestagswahlkampf die Gigafactory besuchen, angekündigt ist ein „Gespräch mit Führungskräften und Beschäftigten“. Ein Treffen mit Musk war dem Vernehmen nach bisher nicht geplant, doch ist Musk für Überraschungen bekannt.
In einem Brandbrief hatte Tesla im April 2021 zügigere Genehmigungsprozesse in Deutschland für Energiewende-Projekte gefordert. Für Teslas weitere Pläne dürfte relevant sein, wer künftig Deutschland regiert.
Umweltminister Vogel: 44 Einwendungen gegen neue Tesla-Pläne
Im laufenden Hauptgenehmigungsverfahren hat der zuständige Wasserversorger jetzt massive Bedenken vorgebracht. In einer dem Tagesspiegel vorliegenden offiziellen 10-Seiten-Stellungnahme vom 21. Juli 2021 lehnt der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) – unter anderem – die Erweiterung um eine Batteriezellenfertigung ab. Hintergrund ist, dass Giga Berlin teilweise im Trinkwasserschutzgebiet errichtet wird.
Die WSE-Stellungnahme ist eine von 44 Einwendungen, die nach Auskunft von Umweltminister Axel Vogel (Grüne) gegenüber dem Fachausschuss des Landtages zur dritten Auslegung von Tesla-Plänen beim Landesumweltamt eingegangen sind. Es würden noch mehr, die Frist läuft bis 19.August, sagte Vogel am Mittwoch im Landtag. Trotzdem ist die Zahl überschaubar.
Wegen der Batteriefabrik und anderer Neuplanungen waren jüngst 11 000 Seiten öffentlich ausgelegt worden, teils geschwärzt. Vorher hatte es 447 Einwendungen gegeben. Insgesamt provoziert das Projekt damit aber deutlich weniger Widerstände als frühere Vorhaben in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.
Bei einer Abfallverbrennungsanlage in Rüdersdorf gab es 2300 Einwendungen, eintausend gegen die inzwischen gestoppte Schweinemastanlage in Hassleben und gegen den BER-Hauptstadtairport einst sogar 134 000. Einen Bericht des Online-Portals "Teslerati" zu den aktuell lediglich 44 Einwendungen gegen Giga Berlin kommentierte Musk aus Berlin über Twitter so: "It´s gonna be awesome." Es werde fantastisch.
Wasserverband interveniert gegen Batteriezellenfabrik
Ob es wegen der Einwände erneut einen öffentlichen Erörterungstermin geben wird, also einen Showdown von Tesla mit Kritikern wie im Herbst 2020 in der Stadthalle Erkner, ließ Vogel im Landtag aussdrücklich offen. Er wollte sich auch auf „keinen Zeitpunkt“ zum Ende das Genehmigungsverfahrens festlegen. Tesla hat laut Vogel zwei weitere Vorabgenehmigungen für den Weiterbau beantragt.
Der WSE hatte bereits 2020 Alarm geschlagen, was auf die Voraberlaubnisse aber keinen Einfluss hatte. „Eine Nichtzulassung der Batteriefertigung am Standort Grünheide würde lediglich zu einer Produktion an anderer Stelle führen“, heißt es nun im aktuellen Einspruch. „Die Nichterteilung der Ausnahmegenehmigung führt daher nicht zur heraufbeschworenen Verzögerung der Energiewende als öffentliches Interesse.“
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Außerdem warnt der WSE, dass weitere 1180 Betonpfähle (bisher 500) für Fundamente in den Boden gerammt werden sollen. Diese „ragen in den Grundwasserleiter“ und würden „einen erheblichen Eingriff in die Hydrodynamik und die Grundwasserqualität“ darstellen. Da das Wasser in der Region knapper wird, mahnt der WSE, „unverzüglich“ neue Wasservorräte zu erschließen – und ein Klärwerk bauen zu können.
Aktuell stünden pro Jahr maximal 14,9 Millionen Kubikmeter zur Verfügung. „Mit diesen Mengen kann die Bedarfsdeckung im vorhandenen Umfang voraussichtlich bis Ende 2021 gewährleistet werden.“ Die Belieferung der Gigafactory, die zunächst maximal 1,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr braucht, ist gesichert. Doch für einen Ausbau und den erwarteten Boom im Umfeld ist nicht genug Wasser da.
Umweltverbände ziehen wahrscheinlich nicht nach Karlsruhe
Zuletzt waren Grüne Liga und Naturschutzbund mit Klagen wegen ungeklärter Störfallprobleme gegen Anlagentests am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) gescheitert, das den Umweltverbänden die Klagebefugnis absprach - ein Präzedenzfall. Seitdem prüfen Nabu und die Grüne Liga Brandenburgs, ob sie gegen diese OVG-Bewertung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Inzwischen läuft es eher darauf hinaus, vom langwierigen Gang nach Karlsruhe Abstand zu nehmen, wie Michael Ganschow, Geschäftsführer der Grünen Liga gegenüber dem Tagesspiegel andeutete. "Ein Erfolg hätte auf die Anlagentests ja keine Auswirkungen mehr."