Spandau: Eiswerder wird eine Luxusinsel
Berlin ist eine Inselstadt: Fast 70 größere oder kleinere Insel besitzt die Hauptstadt. Eine von ihnen, Eiswerder in Spandau, ist nun von einem Investor entdeckt worden. Für 40 Millionen will er ein luxuriöses Erlebniszentrum schaffen. Und eine Aufwertung kann der Bezirk dringend gebrauchen.
Die eher triste Wasserstadt Spandau bekommt Aufschwung: Die in der Mitte gelegene Insel Eiswerder, auf die sich trotz zweier Brücken bisher kaum ein Besucher verirrt, soll zur „Insel der schönen Dinge“ werden. Geplant sind ein Meilenwerk-Erlebniszentrum rund um alte Autos und Schiffe sowie Lofts, Stadtvillen und ein Hotel.
Nach dem Mauerfall für 50 000 Einwohner geplant, wurde die Wasserstadt zehn Jahre später deutlich abgespeckt. Beim vom Senat prognostizierten Bevölkerungszuwachs bis 2030 liegt Spandau an viertletzter Stelle vor Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf. Neue Höhepunkte kann der Bezirk gebrauchen. So sieht Baustadtrat und Vizebürgermeister Carsten-Michael Röding (CDU) in dem Projekt eine Aufwertung, die weit über die Wasserstadt hinausgeht. Eiswerder werde ein Aushängeschild für den Bezirk, ja, sogar eine touristische Attraktion für die Hauptstadtregion, so Röding.
Einst Sitz des Königlichen Feuerwerkslaboratoriums, dann Lagerstätte für die Getreidereserven der Mauerstadt West-Berlin und schließlich Standort für Künstler und Fernsehstudios. Wer auf Eiswerder nichts zu tun hat, der verirrt sich selten hierher. Selbst die Besucher des im ehemaligen Bahnwärterhaus gelegenen Restaurants Stilbruch zieht es nur selten tiefer ins Eiland. Die Musikkneipe vor Ort trägt den Namen „jwd“.
Jetzt hat Martin Halder die Insel entdeckt. Er bezeichnet Eiswerder als ein „unentdecktes Kleinod“. Halder ist Erfinder des Meilenwerk. Das erste derartige Dienstleistungs- und Kulturzentrum rund um historische Kraftfahrzeuge eröffnete er vor zehn Jahren in der Moabiter Wiebestraße (der Lizenzvertrag wurde 2011 aufgelöst). Derzeit gibt es ein Meilenwerk in Böblingen, zwei weitere entstehen in Hamburg und Zürich.
Im klassischen Meilenwerk gibt es gläserne Garagen, in denen Besitzer ihre historischen Fahrzeuge ausstellen können. Begehbare Werkstätten, Oldtimer- und Edelkarossenhändler gehören ebenso dazu wie Gaststätten, Feinkosthändler und Eventflächen. In Spandau will Halder das Konzept erweitern, neben einer Weinhandlung sollen auch ein Instrumentenbauer und eine Uhrenmanufaktur hier Einzug halten. Drei Hallen werden nach Plänen der Berliner Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann bis 2015 denkmalgerecht umgebaut. Die Freiflächen erhalten Glasdächer.
Angesichts der Insellage möchte Halder auch historische Boote einbeziehen. Im Süden der Insel sind eine Marina und eine Freilufteventfläche vorgesehen. In zwei historischen Fabrikgebäuden werden Lofts entstehen. Zwischen 37 und 40 Millionen Euro investiert Meilenwerk auf der Insel. Ein Teil der Gebäude wird erworben, das gesamte Areal hat man sich per Erbbauvertrag gesichert. Der Besitzer, ein Münchner Privatmann, wird auf seinen verbleibenden Grundstücken im Westen der Insel eine Reihe von Stadtvillen errichten, die zum Meilenwerk hin durch einen dreigeschossigen Gebäuderiegel mit Luxusautohaus und Hotel abgeschirmt werden.
Wo verstecken sich die vielen Berliner Inseln?
Mit und ohne Wasser
Wie viele Inseln gibt’s eigentlich in der Stadt? Nicht leicht, eine Antwort zu finden. Es gibt natürliche und künstliche Inseln. Es gibt sie mitten in der Stadt, wo es gar kein Wasser gibt (etwa die „Rote Insel“ in Schöneberg) und es gibt sogar einen Hügel, der so ähnlich heißt: „Insulaner“.
Zahlenspiele
Den Stadtplan in die Hand genommen und nachgeschaut: Rund 70 Inseln gibt es. Zumindest in etwa 20 Fällen kann man sich über die Definition streiten. Dazu zählen die Spreeinsel zwischen Spree und Kupfergraben sowie die von Havel und Mühlengraben umflossene Spandauer Altstadt. Auch die Spandauer Zitadelle und das Köpenicker Schloss befinden sich auf Inseln, sind aber ohne Boot erreichbar.
Wohnen am Wasser
Auf der zur Internationalen Bauausstellung 1984 künstlich aufgeschütteten Tegeler Hafeninsel, die nach gescheiterten Projekten seit Jahren brach liegt, soll im Frühjahr mit dem Bau von elf Stadthäusern begonnen werden. Von ganz anderer Qualität sind die Villen auf Schwanenwerder am Wannsee, gegenüber der Insel Imchen vor Kladow. Diese ist Naturschutzgebiet und ein Vogelparadies.
Schöner Lernen
Auf Scharfenberg, einer der sieben Inseln im Tegeler See, befindet sich ein Gymnasium. Nebenan auf Valentinswerder dominieren Wochenendhäuser. Auf Baumwerder haben die Wasserbetriebe zehn Tiefbrunnen.
Ruhmreiche Pfauen
Berlins wohl bekannteste und größte, echte Insel ist die Pfaueninsel, im Südwesten in der Havel gelegen und nur mit der Fähre zu erreichen, gehört sie zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Mit dem weißen Schloss und der Meierei-Ruine ist sie ein Ausflugsziel.
Nur aus Liebe
Liebesinseln gibt es gleich zwei. Die im Rummelsburger See ist 940 Quadratmeter klein und hat noch nicht einmal einen Steg zum Anlegen. Auf der Liebesinsel in Spandau (amtlich: Kleiner Wall) turtelten vor mehr als einem Jahrhundert heimlich die Soldaten der Garnison. Vor Jahren wurden die 20 Gartenparzellen geräumt, die nur per Boot erreichbare Gaststätte geschlossen. Ein neuer Besitzer will sie wiederbeleben.
Stiller Strand
Berlins östlichste Insel befinden sich am Nordostende des Seddinsees. Nixenwall, Dommelwall und Berg sowie sieben weitere, ebenso winzige wie namenlose Eilande gehören zum dortigen Naturschutzgebiet. Auch im etwas nordwestlich gelegenen Müggelsee finden sich drei Inseln – wenn auch ziemlich versteckt zwischen Rahnsdorf und Müggelheim an der Einmündung der Müggelspree. Auf Dreibock, Entenwall und Kelchsecken befinden sich Wochenendgrundstücke.
Immer wieder Party
Die Insel der Jugend im Treptower Park ist bekannt durch die vielen Partys dort. Und oft gesehen und doch so selten besucht ist auch ein von Wasser umgebenes Fleckchen: das Inselchen mit dem markanten, gelben „Kluwe“-Haus direkt unter der Rudolf-Wissel-Brücke an der A 100.