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Große und kleine Besucher freuen sich über den Eisbär-Nachwuchs im Tierpark.
© Tobias Schwarz, AFP

Eisbären-Premiere im Tierpark: Eisbärin Tonja präsentiert ihren Nachwuchs

Nach langem Warten können Besucher jetzt erstmals den Eisbär-Nachwuchs bewundern. Viele fühlten sich an ein anderes für Tierfreunde wichtiges Ereignis erinnert.

15 Minuten bevor der Tierpark am Samstagmorgen aufmacht, stehen schon etwa 20 Menschen vor dem Eingang. Alles treue Fans, alle mit Jahreskarte. Heute ist der Tag gekommen, auf den sie so lange gewartet haben. Eisbärin Tonja zeigt ihr dreimonatiges Jungtier der Öffentlichkeit. Der erste Berliner Eisbärennachwuchs, der in die Fußstapfen des legendären Knut treten könnte. Als die Tür sich öffnet, stürmen die Besucher direkt zum Eisbärengehege, ohne die anderen Tiere rechts und links auf dem Weg anzuschauen. In einer halben Stunde sollen dort die Tiere rausgelassen werden.

Monika Kochhan sucht sich schon einmal einen guten Platz. Die Rentnerin aus Charlottenburg geht seit Knuts Geburt 2006 regelmäßig in den Tierpark und den Zoo. Knut war damals im Zoo untergebracht, der zum gleichen Unternehmen wie der Tierpark gehört. Im Schnitt besuchte Kochhan Knut einmal pro Woche. Manchmal für ein paar Stunden, manchmal auch den ganzen Tag. „Man vergisst alles andere. Man sieht nur noch die Bärchen und hat Herzchen in den Augen.“

Hype um Knut war groß

Da der Hype um Knut so groß war, war Kochhan dort nicht allein. Mit den anderen Dauergästen freundete sie sich schnell an, so entstand nach und nach eine riesige Freundesgruppe. Vernetzt über die Besuche im Tierpark und Zoo und durchs Internet. Um den 6. Dezember, der Tag, an dem Knut geboren wurde, trifft sich die Gruppe immer noch jedes Jahr. Erst gehen sie gemeinsam in den Tierpark, danach noch etwas essen. Von etwa 80 Freunden in der Anfangszeit kommen nun noch um die 20 zu den Treffen. Dabei sind aber auch Eisbär-Fans aus Schweden, Schweiz, Frankreich und Finnland.

Auch an diesem Sonnabend ist Kochhan nicht allein da. Auf dem Weg, in der U-Bahn, traf sie Eisbären-Freundin Gudrun Gräber aus Steglitz, die ebenfalls seit 2006 in der Gruppe ist. Im Unterschied zu Knut, der von einem Pfleger großgezogen wurde, weil das Muttertier ihn verstoßen hatte, wird Tonjas Nachwuchs mit ihrer Mutter aufwachsen. „Jetzt ist es so schön zu sehen, wie die Mutter ihr Kind großzieht“, meint Kochhan. Und: „Ich hoffe, es geht heute baden.“

Kinder schauen Eisbärjungem fasziniert zu

Kochhan hat Glück. Offiziell sollten die Eisbären ab 9:30 Uhr zu sehen sein, aber heute geht es schon früher los. Um kurz nach neun stehen schon mehr als 50 Menschen um das Eisbärengehege herum, die meisten von ihnen Rentner. Es ist ruhig, man hört die Vögel zwitschern, ein kleiner Junge drückt sein Gesicht an die Scheibe des Geheges. Plötzlich kommt Tonja aus ihrer Höhle und da sieht man auch schon die kleine Tochter zwischen ihren Beinen durchlaufen. Die Besucher halten eine Kamera oder ein Handy in der Hand und fotografieren. Ausnahme: Kinder. Kinder, die fasziniert dem kleinen Eisbärjungen beim Spielen zuschauen.

Bei der offiziellen Eröffnung kurze Zeit später sind schon etwa 300 Leute da. Eine ältere Besucherin trägt sonst immer eine braune Mütze, heute, zum Eisbärentag, ist es eine weiße. Steffen und Annemarie Mittag aus Friedrichshain haben ihrer fünf Monate alten Tochter Nina heute extra wieder ihr Eisbär-Plüschoutfit angezogen. Eine Security-Mitarbeiterin sorgt für Ordnung und ermahnt Eltern, ihre Kinder nicht auf die Brüstung zu setzen und kein Essen in das Gehege zu werfen.

Tierpark-Shop ist gut vorbreitet

Auch der Tierpark-Shop ist gut ausgerüstet. Zwei neue Eisbär-Statuen zeigen Mutter und Kind. Zahlreiche andere Fan-Artikel, von Puzzlespielen über Schneekugeln bis zu Kuscheltieren, gab es vorher schon. Dank Tierpark-Aushängeschild Tonja waren die Eisbären schon immer am beliebtesten. Doch an diesem Sonnabend wurden bereits eine Stunde nach der Eisbären-Eröffnung fünf kleine Plüscheisbären verkauft. Das könnte auch in Zukunft so weiter gehen, denn Tierpark-Freunde können von nun an jeden Tag ab etwa 9:30 Uhr die Eisbären anschauen.

Das noch namenlose Eisbärbaby macht sich am Premierentag schon bald auf den Weg zum Ufer, kämpft erst mit dem steilen Hang und planscht dann im Wasser. Ein Kind ruft: „Es kann ja schon schwimmen!“  Wenn Mama Tonya abtaucht, klettert das Jungtier auf seine Mutter drauf, bis es wieder runterrutscht. Als die beiden genug haben, versucht das Junge den steilen Hang wieder hochzuklettern.

Ganz schön schwierig, für ein gerade einmal drei Monate altes Tier, was bei der letzten Messung im Februar erst 61 Zentimeter groß und 8.5 Kilogramm schwer war. Jedes Mal, wenn das Junge rutscht, fängt Mutter Tonja es mit ihrer Schnauze auf und drückt es hoch. Nie lässt sie ihren Nachwuchs aus den Augen, nie weiter als einen halben Meter alleine gehen. Die Beziehung einer Mutter zu ihrem Kind wird hier wie in einem Bilderbruch präsentiert.

Eisbären und der Klimawandel

Doch die Bilderbuchidylle wird schon von dem Plakat zerstört, welches direkt vor dem Eisbärengehege zu sehen ist. Titel: „Was hat der Eisbär mit dem Klimawandel zu tun?“ Außerdem fragt ein kleines, blondes Mädchen: „Papa, warum ist da eigentlich kein Eis?“ Der Vater, Thomas Hinsch aus Friedrichshain, erklärt der neunjährigen Emilia, dass es viel zu warm ist in Deutschland und dass Eisbären eigentlich ganz wo anders leben. Mit seinen beiden Töchtern, Emilia (9) und Annika (7) hat Hinsch schon mehrmals über den Klimawandel diskutiert und was das auch für die Eisbären bedeutet. Emilia erklärt: „Wenn die Luft sich verändert und es wärmer wird, können Eisschollen schmelzen. Dann können sie keine Robben mehr jagen und müssen verhungern.“

Um was für den Klimaschutz zu tun, verzichtet Familie Hinsch auf ein Auto, stattdessen fahren sie mit dem Zug oder mit dem Fahrrad. Und sie machen Ausflüge wie diese in den Tierpark. „Ich finde es gut, dass die Eisbären hier sind und meine Töchter sie so kennen lernen können“, erklärt der 52-Jährige. „Denn was man liebt und kennt, das ist man auch bereit zu schützen.“ Für den Namen des kleinen Eisbärbabys haben seine Töchter auch schon eine Idee: „Katharina“ würde doch gut passen.

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