zum Hauptinhalt
Ekaterina Gribavova startet erstmals bei einem Marathon.
© Frank Bachner

Berlin-Marathon: Eine Debütantin mit Mission

Die 27-jährige Ekaterina Gribanova läuft erstmals bei einem Marathon und will dabei auch andere Frauen zum Laufen motivieren.

Ekaterina Gribanova sitzt entspannt in einem Café, in Laufklamotten, vor sich eine Apfelsaftschorle. Sie redet über den Berlin-Marathon, über ihre Ängste, sie ist noch nie 42,195 Kilometer gelaufen. „Ich habe so eine Grenze noch nie ausgetestet“, sagt sie, „ich weiß nicht, wie sich mein Körper bei so einer Belastung verhalten wird.“ Sie weiß nur, wie er sich nach 30 Kilometern verhalten hat. Danke, diese Erfahrung genügt ihr. Der Körper hatte einfach gestreikt, die Muskeln waren hart, die Beine unendlich schwer, der Atem kam rasselnd, Willenskraft hatte keine Bedeutung mehr, Ekaterina Gribanova war am Ende, mitten auf der Glienicker Brücke. Eine Bushaltestelle in der Nähe bekam plötzlich die Bedeutung einer Rettungsinsel. „Zu der Haltestelle bin ich gehumpelt.“ Es ist gerade mal zwei Wochen her, es hätte der Moment sein können, in dem Ekaterina Gribanova, 27 Jahre alt, ehemals Studentin der Kommunikationswissenschaft, eine Frau aus Berlin, die viel mit Anglizismen redet, einfach aufgibt. „Schluss mit dem Projekt Marathon“, hätte sie sagen können. Wäre ja auch kein Wunder gewesen nach nur sechs Monaten Vorbereitung. Aber die 27-Jährige gab nicht auf, sie hatte schon zu viel investiert.

Kurz vor dem Aufgeben

Es gab einen anderen Moment, in dem sie so nahe am Aufgeben war wie nie zuvor und nie danach. Beim City Night Run, zehn Kilometer, ein Lauf mit Ku’damm-Atmosphäre. Ekaterina Gribanova hatte zuvor wegen einer Verletzung acht Wochen nicht trainieren können, es lief es nicht gut, sie hatte Schmerzen, sie dachte ans endgültige Aussteigen, aber dann hielt sie doch durch, und am Ende lang sie heulend in den Armen einer Freundin. „Da wusste ich, dass ich weiter trainieren würde.“ Nun ist sie heute eine von 32 000 Läuferinnen und Läufern. Sie hat ja schließlich auch eine Verpflichtung. Der Berlin-Marathon ist nicht bloß ihre Privatveranstaltung. Die 27-Jährige, groß gewachsene Berlinerin trägt beim Marathon ja auch ein T-Shirt mit dem Aufdruck „whosaidgirlscantrace?“. 14 andere Frauen tragen es auch, sie bilden eine Läufergruppe, die auch andere Frauen motivieren will, zu laufen. Muss natürlich nicht gleich ein Marathon sein. Die Truppe trifft sich einmal pro Woche in Kreuzberg, Interessentinnen sind willkommen, es gibt verschiedene Kurse, ein Programm für Einsteigerinnen und Fortgeschrittene. „Whosaidthatgirlscantrace“ ist eine bundesweite Gruppe, 2016 gegründet, mit Ableger in Berlin. Ekaterina Gribanova ist 2017 über eine Freundin dazu gestoßen, und jetzt trainiert sie nicht bloß mit den anderen, sie spricht auch mit Freundinnen, Bekannte und Kolleginnen an und lockt sie zum Lauftreff. „Fünf bis zehn Interessierte sind bis jetzt gekommen, aber sie können frühestens 2018 einen Marathon laufen, die Vorbereitungszeit ist sonst viel zu kurz.“ Ekaterina Gribanova hat am 25. März mit der Vorbereitung begonnen, auch schon kurz genug. Allerdings hat sie eine sportliche Vorgeschichte. Vor drei Jahren ist sie schon einen Halbmarathon gelaufen, eine Aktion, die aus einer eher spontanen Geschichte entstanden ist. Sie saß während einer Fastenkur in ihrem Zimmer und betrachtete ihre Laufschuhe, die in einer Ecke standen. Eine normale Szene, aber irgendetwas in diesem Moment muss besonders gewesen sein. Jedenfalls entschloss sich Ekaterina Gribanova auf der Stelle, dass sie einen Halbmarathon absolvieren würde. Sechs Monate später lief sie nach 2:23 Stunden durchs Ziel, auf der Strecke „toll unterstützt von Freunden“, und am Ende „glücklich“.

Lust am Laufen verloren

Sie hätte nun natürlich weitermachen können, der nächste Schritt wäre der Marathon gewesen. Aber Ekaterina Gribanova verlor das Interesse an der Langstrecke, es war, als hätte sie mit dem Halbmarathon eine Aufgabe erledigt, die man dann vergessen kann. Und als sie zum ersten Mal beim Lauftreff auftauchte, da spürte sie nicht unbedingt den Drang, bald Marathon zu laufen. Sie war einfach erstmal da, aber schon sehr schnell war klar: „Das Training ziehe ich durch.“ Sie zog das Training auch deshalb durch, weil sie ziemlich unruhige Zeiten durchlebte und das Training „die einzige Konstante in meinem Leben war“. Außerdem war das Gemeinschaftsgefühl erhebend. Zwischen zwölf und 46 Kilometer trainierte sie pro Woche, dazu kam noch Yoga und Körperstabilisation. Aber die letzten Tage dienten nur der Erholung. Die Nummer 21294, das ist ihre Nummer beim Rennen, die 21294 soll bitte schneller als der Besenwagen ins Ziel kommen, „fünf Stunden wären toll“. Gut, allein der Start, sagt Ekaterina Gribanova, „ist schon ein Erfolg“. Andererseits: Ein bisschen mehr darf’s dann schon sein. Sie will nicht bloß einfach so ankommen, ausgepumpt, nach Luft ringend. Ins Ziel möchte 21294, Ekaterina Gribanvoa, „mit einem Lächeln“.

Zur Startseite