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Beim Wechselunterricht waren meist nur die Hälfte der Kinder gleichzeitig da. Jetzt sind die Klassen wieder voll.
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Berliner Gewerkschaft fordert kleinere Klassen: Ein Tag Warnstreik ist lästig, für eine Verbesserung aber hinnehmbar

Die GEW ruft zum Warnstreik an 30 Schulen auf. Sie fordert kleinere Klassen. Der Stundenausfall ist ärgerlich, die Forderung aber nicht abwegig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sylvia Vogt

An den Schulen kehrt gerade so etwas wie Normalität ein, Lehrer:innen und Schüler:innen brauchen jetzt jede Stunde, um die Lernrückstände aufzuholen – und was macht die Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW Berlin)? Sie ruft für diesen Mittwoch zum Warnstreik an rund 30 Berliner Schulen auf. Ja, geht’s eigentlich noch? Schon wieder Unruhe, schon wieder Unterrichtsausfall?

So abwegig ist das Vorgehen der GEW aber nicht, wenn man sich klar macht, was sie eigentlich fordert: Kleinere Klassen wollen die Gewerkschafter:innen, und deren Größe soll verbindlich in einem Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz geregelt werden.

In der Zeit des Wechselunterrichts wegen Corona haben viele Schüler:innen und Lehrer:innen die Erfahrung gemacht, dass es sich in kleineren Gruppen besser lernt. Lehrende können individueller auf Kinder eingehen, es ist ruhiger im Klassenzimmer, der Korrekturaufwand geringer.

Gerade jetzt wäre eine Förderung, die auf einzelne Kinder zugeschnitten ist, dringend nötig, da die Leistungsspannen in der Schülerschaft nach den Lockdowns noch größer geworden sind zwischen denen, die zu Hause gut gefördert wurden, und denen, die weitgehend auf sich selbst gestellt waren.

Fragt sich nur, wie eine Verkleinerung der Klassen angesichts des akuten Platz- und Lehrermangels an den Berliner Schulen überhaupt machbar sein soll. Dass ihre Forderungen nicht sofort umsetzbar sind, das ist auch der GEW klar, sie spricht von einem Stufenplan und davon, dass der Tarifvertrag in die Zukunft wirken soll und eine Grundlage für die weitere Planung sein soll. Und, so die Rechnung der Gewerkschaft, wenn die Arbeitsbelastung sinkt, fallen vielleicht auch weniger Lehrer:innen aus oder entscheiden sich für Teilzeit. So könnten einige der nötigen zusätzlichen Lehrerstunden kompensiert werden.

Ohne Anstrengungen wird es nicht gehen

Alle sicherlich nicht: Ohne weitere Anstrengungen, um mehr Lehrer:innen für Berliner Schulen zu gewinnen, wird es nicht gehen.

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Ohnehin dürfte aber klar sein, dass sich der Lehrermangel nicht allein durch mehr Gehalt bewältigen lässt, sondern dass auch die Arbeitsbedingungen eine Rolle spielen. In einer Umfrage der GEW vom Januar dieses Jahres haben knapp 68 Prozent der befragten Lehrer:innen große Lerngruppen als wichtigsten Belastungsfaktor angegeben. Wenn diese Belastung sinkt, könnte dies für den einen oder die andere durchaus ein Argument sein, an eine Berliner Schule zu gehen – oder dort zu bleiben.

Ein Tag Warnstreik ist lästig, der Stundenausfall ärgerlich. Wenn sich aber dadurch langfristig etwas für Schüler:innen und Lehrkräfte bessert, sind diese Umstände hinnehmbar.

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