Berlin-Brandenburg: Ein Paket des Schreckens hielt Potsdam in Atem
Ausnahmezustand am Potsdamer Weihnachtsmarkt: Ein Roboter entschärft einen verdächtigen Fund. Die Sicherheitsmaßnahmen werden jetzt nochmal verstärkt.
Wenn eines an diesem Abend in Potsdam klar ist, dann das: Der Apotheker ist der Held des Tages. Dem Filialleiter der Königin-Luise-Apotheke, die sich direkt am Weihnachtsmarkt in der Fußgängerzone Brandenburger Straße befindet, war ein am frühen Nachmittag angeliefertes Paket verdächtig vorgekommen. Es hätten „da so komische Drähte herausgeguckt“. Deswegen habe er sofort die Polizei alarmiert. Potsdams Polizeichef Peter Meyritz sagte: „Er hat alles richtig gemacht.“
Dann ging alles ganz schnell: Um 14.32 Uhr begann die Polizei, den eventuell gefährdeten Teil des vielbesuchten Weihnachtsmarkts in der Brandenburger Straße zu sperren. Es galt: Betreten verboten. Auch alle Geschäfte und Restaurants im näheren Umkreis mussten schließen, ebenso einige Dutzend Buden des Weihnachtsmarkts. Anwohner wurden aufgefordert, den Bereich zu verlassen oder sich zumindest im hinteren Bereich ihrer Wohnungen aufzuhalten. Krankenwagen standen für den Ernstfall bereit.
Derweil rief die Polizei ihre Sprengstoffexperten herbei. Hinter dem Flatterband herrschte dagegen gespenstische Ruhe. Sicherheitskräfte entschärften das Paket schließlich mit Hilfe eines Roboters, der einen scharfen Wasserstrahl darauf richtete. Dann gab es einen Knall, wie von einem Böller.
Dank an die Polizei
Danach kamen Innenminister Schröter, Polizeichef Meyritz und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zum Einsatzort, um bei einer improvisierten Pressekonferenz erste Fragen von Journalisten zu beantworten. Die Ermittlungen stünden noch ganz am Anfang, betonte Schröter. Klar sei, dass in der Büchse Nägel gewesen seien. Man prüfe jetzt auch mit Hochdruck, ob ähnliche Pakete anderswo in der Innenstadt angeliefert worden seien. Schröter: „Es ist gelungen, Schrecken zu verbreiten, derzeit ist hier kein normales Weihnachtstreiben möglich.“
Jann Jakobs lobte das professionelle Agieren der Einsatzkräfte. Außerdem dankte den Anwohnern und Besuchern des Weihnachtsmarkts für ihre besonnene Reaktion. Es habe bei der Evakuierung keine Probleme gegeben. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hob gleichfalls die „schnelle und zugleich besonnene Arbeit der Brandenburger Polizei und der Bundespolizei“ hervor.
Auch den Mitarbeitern der Apotheke, in der das Päckchen abgeben wurde, gelte sein Dank „für ihre Umsicht“, so der Ministerpräsident. Und der Veranstalter des Potsdamer Weihnachtsmarktes Peter Klemm rief zur Besonnenheit auf. Jetzt müssten zunächst die weiteren Schritte der Polizei abgewartet werden, dann werde versucht, zur Normalität zurückzugehen.
Der Betrieb geht weiter
Weihnachtsmarkt-Manager Eberhard Heieck meint, vor allem die Händler würden unter der Situation leiden. Für den heutigen Samstag gehe er von einem normalen Weiterbetrieb aus, natürlich mit erhöhte Sicherheitsvorkehrungen: „Aber es muss ja irgendwie weitergehen.“
Um die Sicherheit weiter zu verstärken und „ein deutliches Signal zu setzen“, so ein Polizeisprecher, sollen ab Samstag zusätzliche Trupps von Bereitschaftspolizisten den Markt im Auge behalten. Schon von Beginn an hatte die Polizei – auch unter dem Eindruck islamistischer Terroranschläge – die Sicherheitsmaßnahmen auf bundesdeutschen Weihnachtsmärkten verschärft – auch in Potsdam.
Unter anderem hatte die Polizei angekündigt, auf der Brandenburger Straße zeitlich begrenzt eine Videoüberwachung zu installieren. Damit soll nicht nur gegen die Terrorgefahr vorgegangen werden, sondern auch gegen Alltagskriminalität wie Diebstahl und Körperverletzungsdelikte.
Paket war nicht sprengfähig
Am Rande des gesperrten Gebietes drängelten sich aus ihren Wohnungen vertriebene Anwohner teils in Läden. Konditormeister Erich Schröter öffnete am Abend sein Geschäft nach Ladenschluss für draußen Frierende, die nun warteten. „Wir trauen uns jetzt keinen rauszujagen in die Kälte“, sagt er. Er wollte geöffnet lassen, „bis der letzte raus ist“, verkaufte Tee und heiße Schokolade. Kurz vor Mitternacht durften dann alle Vertriebenen wieder in ihre Wohnungen zurück.
Den Abend über wurden weitere Details bekannt – etwa dass in der Dose auch ein Polenböller gefunden wurde. Allerdings bestätigte die Polizei, dass man bisher keinen Zünder gefunden habe. Das Paket sei folglich nicht sprengfähig gewesen. Oberbürgermeister Jakobs, der die Dose gesehen hatte, erzählte, sie sei „randvoll mit Dachpappenägeln“ gefüllt gewesen.
Von den Absperrungen und Polizeisirenen ließen sich die meisten Weihnachtsmarktbesucher auf dem restlichen Budenareal aber nicht abschrecken. Rund um die Flatterbänder war die Brandenburger Straße am Abend so voll wie sonst immer an einem Freitagabend nach Feierabend.