Proberaum in Berlin-Lichtenberg: Ein paar Kabel retten das Rockhaus
Eigentlich sollten die Proberäume in Lichtenberg geräumt werden. Aber jetzt hat das Kammergericht anders entschieden.
Lange haben rund 1000 Musiker um ihre Proberäume bangen müssen, jetzt ist klar: Das Rockhaus in Lichtenberg darf vorerst bleiben. Das hat das Kammergericht am Montagvormittag entschieden. „Im Gesamtzusammenhang“, so der vorsitzende Richter Rainer Bulling, „hat der Senat keine Zweifel, dass man das Urteil des Landgerichts nicht halten kann.“ Das hatte in erster Instanz gegen die Musiker entschieden.
Im Februar 2016 hatte die Scharfstein Group unter Direktor Shai Scharfstein dem Rockhaus fristlos gekündigt – samt Räumungsklage. Das Landgericht entschied für die Group, Dirk Kümmele, der Betreiber des Rockhauses, wurde zur Räumung verurteilt.
Doch bereits zu Beginn der Sitzung am Montagvormittag im Kammergericht äußerte Richter Rainer Bulling Zweifel am Urteil der ersten Instanz, rekapitulierte danach den Verlauf der Entwicklungen.
Was bisher geschah
Seit 2007 proben und arbeiten rund 1000 Menschen im ehemaligen Bürogebäude an der Buchberger Straße: Bands und Hobbymusiker ebenso wie Musiklehrer, allesamt Kümmeles Untermieter. Im Mai 2013 hatte der den Mietvertrag mit der damaligen Eigentümerin bis Ende 2018 verlängert. Im Sommer zwei Jahre später kaufte die Scharfstein Group das Haus, ein halbes Jahr später kam die Kündigung.
Nach Ansicht der Scharfstein Group hätte Kümmele Brandschutzmaßnahmen durchführen müssen, sie hatte ihm im Dezember 2015 eine Frist von rund sechs Wochen gesetzt. Unter anderem hätte er Elektroleitungen beseitigen sollen, die in Zwischendecken lagen und von denen laut einem Gutachten Brandgefahr ausging. Doch Kümmele wurde erst im Juni fertig. Für das Landgericht war der Fall klar.
Altlasten
Für das Kammergericht auch, aber anders: Kümmele habe die Hände „nicht vollkommen in den Schoß gelegt“, sei nur zu spät fertig geworden. Der „springende Punkt“ sei jedoch, dass Kümmele gar nicht derjenige sei, der die brennbaren Elektroleitungen aus den Zwischendecken hätte entfernen müssen, denn er wusste beim Abschluss des Mietvertrages nicht, dass diese existieren.
Die Entfernung eben dieser Kabel ist also eine Entfernung von Altlasten und für das Kammergericht somit Vermietersache. Die Musikszene Berlins dürfte davon profitieren.
Johannes Drosdowski