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Neuling: Helmut Kleebank (SPD) ist Quereinsteiger ohne Politikerfahrung - und will Spandau regieren.
© Kitty Kleist-Heinrich

Bezirksbürgermeister: Ein Neuling will in Spandau an die Macht

Sechzehn Jahre lang regierte Konrad Birkholz (CDU) Spandau. Nun will Helmut Kleebank (SPD) Bürgermeister werden. Es ist ein Wagnis. Doch das stört den Schulleiter nicht.

Niemand beachtet den Mann, schwarze Lederjacke, schwarze Jeans, der um 12 Uhr mittags ins Café Charlotte tritt. Das Bistro ist gut besucht, das Frühstücksbüfett ist noch aufgebaut. Spandau ist an diesem Ort in der Altstadt auch um diese Zeit schon ziemlich gemütlich. Die Gäste wissen nicht, dass der Mann, der Cappuccino bestellt, ein Experiment ist. Und ihr künftiger Bürgermeister.

Helmut Kleebank ist zumindest äußerlich das Gegenteil von dem Bürgermeister, der Spandau mit seinen 226 000 Einwohnern die vergangenen knapp 16 Jahre regiert hat. Er sieht ziemlich normal aus, so wie andere in diesem Café auch aussehen. Konrad Birkholz dagegen ähnelte einem riesigen Kuschelbären, der sich sofort dort niederließ, wo es gesellig wurde. Birkholz kannte jeder. 1995 beendete er mit der CDU die 49-jährige Vorherrschaft der „Sozen“, seine Freunde sahen in Birkholz einen Menschenversteher. Aber politisch, sagten die Kritiker, war er weit weg vom Geschehen. Und so wurde der stolze Bezirk in Teilen zum sozialen Brennpunkt.

Institution: Konrad Birkholz (CDU) regierte Spandau 16 Jahre lang.
Institution: Konrad Birkholz (CDU) regierte Spandau 16 Jahre lang.
© Spiekermann-Klaas

Helmut Kleebank, 46, vier Töchter, ein Sohn, kennen noch nicht viele. An diesem Donnerstag wird der Sozialdemokrat sich nun einem Experiment stellen. Per Zählgemeinschaft mit der GAL, den Grünen, wird sich Kleebank zum Bürgermeister wählen lassen, unterstützt von Piraten und Linken. Dabei hatte die CDU mit 36,7 Prozent die meisten Stimmen erhalten. Wenn es klappt, sitzen Kleebank und ein weiterer SPD-Stadtrat mit drei CDU-Stadträten im Bezirksamt und sollen rot-grüne Politik machen. Das gab es noch nie.

Kleebank wirkt nicht gerade wie einer, der größenwahnsinnig wäre. Er lacht, er sagt, er wüsste gar nicht mehr, wie oft ihm nun schon erklärt worden sei, wie schwer er es haben werde, wie unbequem es werde. Ihm gefällt’s. Dann rechnet der Mathelehrer, Direktor der Heinrich-Böll-Schule, einmal anders und fragt: „Ist es gerecht, dass die CDU, die in der BVV nur knapp 40 Prozent der Vertreter stellt, 60 Prozent Mehrheit im Bezirksamt besitzt?“ In der BVV gebe es eine klare Mehrheit links von der CDU, deshalb sei sein Vorhaben legitim.

Er könne sich nicht vorstellen, sagt er, dass die CDU fünf Jahre lang vernünftige Politik torpedieren wolle. Kleebank hat Verantwortung für 1000 Menschen auf seiner Schule, er kennt es, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Er freut sich darauf, und er hat einen Plan für seinen Bezirk, in dem er geboren und aufgewachsen ist, wo er im Gospelchor singt und mit seiner Frau die Tanzschule besucht. Der Plan lautet: „Aufhören mit den Kungeleien im Hinterzimmer, eine transparente, moderne Verwaltung schaffen, die auf Augenhöhe mit den Bürgern spricht.“

Kleebank kommt von seinem ganzen Wesen nicht als Parteifunktionär, er kommt als Quereinsteiger, als einer, der in seinem Beruf Gestalten gelernt hat: An seiner Schule hat er das gemeinsame Lernen von der siebten bis zur zehnten Klasse eingeführt. Ein Schulversuch. Es ist JüL, jahrgangsübergreifendes Lernen, für Große.

Kleebank macht sich keine Illusionen, will sich aber seinen Idealismus bewahren. „Notfalls erfinde ich das Rad auch mal neu“, sagt er. Er will die Altstadt aufwerten, die vielen Spielhallen im Bezirk rauswerfen, endlich eine Bebauung für das alte Postgelände am Bahnhof hinbekommen. Aber am liebsten wäre ihm, wenn er in fünf Jahren sagen könnte: Ich bin da reingegangen ins Rathaus und bin nicht nur gegen Wände gelaufen.

Konrad Birkholz war der selbsternannte „Dorfschulze“, nun will ein Bürger Bürgermeister werden.

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