Tempelhofer Freiheit: Ein Kritiker fliegt auf Tempelhof
Umweltschützer Tilman Heuser war einer der schärfsten Kritiker der Senatspolitik für das einstige Tempelhofer Flugfeld. Jetzt macht ihn die Landesregierung überraschend verantwortlich für die Zukunft des Areals.
Da ist Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) ein schöner Coup gelungen. Um den nach dem erfolgreichen Volksentscheid nun notwendigen „Entwicklungs- und Pflegeplan“ für das Tempelhofer Feld auf den Weg zu bringen, hat Müller sich die Dienste eines seiner schärfsten Kritikers gesichert, der ihm zuletzt auch eine Niederlage vor Gericht eingebrockt hatte. Tilman Heuser, der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), übernimmt die Koordination des Verfahrens. Dies sei ein Beweis dafür, dass man sich auch bei unterschiedlichen Positionen verständigen kann, sagte Müller am Mittwoch.
Heuser bleibt Landesgeschäftsführer beim BUND, erhält von der Verwaltung aber eine Aufwandssentschädigung; sie stellt auch Mitarbeiter für ihn. Ziel sei es, den Natur- und Denkmalschutz in Einklang mit der Fortentwicklung des Feldes zu bringen, sagte Heuser bei seiner Vorstellung am Mittwoch.
Das durch den Volksentscheid beschlossene Tempelhof-Gesetz bilde für die Zukunft „einen harten Rahmen“, sagte Müller. Veränderungen seien nur noch am Randbereich möglich. Ob der islamische Teil des Friedhofs am Columbiadamm erweitert werden kann, wie es vor dem Volksentscheid geplant war, solle das nun folgende Verfahren für den Entwicklungs- und Pflegeplan des Feldes zeigen, sagte Müller.
Doch auch hier seien die Grenzen eng gesetzt; neue Einfriedungen, wie sie für einen Friedhof vorgeschrieben sind, oder einen Bodenaustausch, lasse das Gesetz zumindest bei einer strengen Auslegung nicht zu. Aber das Gesetz sei in der Vergangenheit unterschiedlich interpretiert worden. Klarheit, was möglich ist und was auf keinen Fall mehr geht, erwarte man nach Abschluss des Verfahrens im nächsten Sommer.
Auch die Idee für ein ökologisches Konzept zum Auffangen des Regenwassers vom Dach des Flughafens sei noch nicht vom Tisch, sagte Heuser. Der BUND hatte mit ihm an der Spitze diesen Plan von Müllers Verwaltung bekanntlich zunächst in einem Eilverfahren gestoppt. Weil die Verwaltung nach dem erfolgreichen Entscheid, der ein Bauen untersagt, den Bauantrag für das Regenwasserbecken zurückgezogen hat, ist das Klageverfahren nach Heusers Angaben jetzt einvernehmlich eingestellt worden. Der BUND habe sich nur gegen das Projekt der Verwaltung gewehrt, sich nicht aber grundsätzlich gegen ein Regenwasserkonzept gestellt, sagte Heuser.
Am Verfahren zur Zukunft des Geländes soll sich jeder „einbringen“ können, sagte Heuser weiter. Auf jeden Fall vorgesehen ist die Teilnahme von Vertretern der angrenzenden Bezirke Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Hinzu kommen Organisationen wie Naturschutzverbände und der Landessportbund. Aber auch die Initiative 100% Tempelhof, die den Volksentscheid initiiert hatte, werde dabei sein, kündigte Müller an. Und selbstverständlich seien auch Vertreter der Verwaltung und der Parteien eingebunden. Das Parlament müsse auch jeden Fall beteiligt werden, denn das Umsetzen der Beschlüsse werde ja wahrscheinlich auch Geld kosten. Apropos Geld. Der Senat hatte bei seinen – gescheiterten – Plänen, die auch Wohnungs- und Gewerbebauten, den Neubau einer Zentralen Landesbibliothek sowie einen Brückenschlag von der Oberlandstraße aufs Feld vorsahen, Fördermittel in Höhe von 45 Millionen Euro vorgesehen.