Vor 30 Jahren kam die Berlinale nach Ost-Berlin: Ein Glas Sekt für 15 D-Mark – und das in der DDR
Michail Gorbatschow kam, Liza Minelli auch - es waren aber nur ihre Doppelgänger. Unser Autor erinnert sich an die erste Berlinale nach dem Mauerfall.
Der Filmball war Mist, und dabei war es der erste in Berlin seit 22 Jahren. Ein Abend voller Langeweile am Rande der 40. Berlinale, begangen im Haus der Sowjetischen Wissenschaft und Kultur in der Friedrichstraße. Da halfen auch die dahintropfende Basiliuskathedrale aus Eis und die eigens engagierten Promis Michail Gorbatschow und Liza Minelli nicht, es waren ja ohnehin nur Doppelgänger. Und das Glas Sekt zu 15 D-Mark – in Ost-Berlin!
Dennoch, diese Filmfestspiele waren etwas Besonderes, man sollte ihrer gerade an diesem Sonntag gedenken: Heute vor 30 Jahren kam die Berlinale in Ost-Berlin an. Noch kein wirklich gesamtstädtisches Filmfest, die Organisation erfolgte im Westen, aber es gab eine enge Kooperation mit der Bezirksfilmdirektion in Ost-Berlin: In drei dortigen Kinos, dem Kosmos, dem Colosseum und dem International, liefen der komplette Wettbewerb, samt Heiner Carows „Coming Out“ und Frank Beyers „Spur der Steine“, eine „Panorama“-Auswahl, das Programm des „Kinderfilmfests“ und weite Teile der Sektion „Forum“.
Julia Roberts mit Grenzern am Brandenburger Tor
Die Einnahmen durfte Ost-Berlin behalten, überließ die Kinos dafür mietfrei, und die Berlinale-Gäste durften am Übergang Invalidenstraße die Diplomatenspur benutzen.
Deren liebstes Ziel in Berlin: die Mauer, am besten am Brandenburger Tor. Julia Roberts und Sally Field, die dort mit DDR-Grenzern posieren, Oliver Stone und Vietnam-Veteran Ron Kovic, in Stones „Geboren am 4. Juli“ dargestellt von Tom Cruise, umlagert unter der Quadriga – wenige Monate zuvor undenkbar. Ohnehin, die Stars. Sie kamen in rauen Mengen. Denzel Washington, Morgan Freeman, Michael Douglas, Danny DeVito, Roberto Benigni, Nastassja Kinski, Antonio Banderas, Isabelle Huppert ... Good old times!