Berliner Islamist Rafik Y.: Ein ganz normaler Irrer
Die Messerattacke von Rafik Y. in Spandau war offenbar kein gezielter Terrorangriff, sondern eher die Tat eines Psychopathen. Panik vor Islamisten wäre jetzt die falsche Reaktion.
Die Tat ist schlimm genug, doch der Zeitpunkt verstärkt noch die Brisanz. Während Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchen, spielt sich in Berlin ein blutiges Drama ab, in dem ein wegen Terror vorbestrafter Islamist, der einst Asyl bekommen hatte, die Hauptrolle einnimmt. Als sei der Iraker Rafik Y. der Fantasie eines Rassisten entsprungen, bedroht er am Donnerstag mit einem Messer mehrere Passanten und sticht einer Polizistin in den Hals. Hätte ihr Kollege nicht den Täter erschossen, wäre die Beamtin womöglich auch tot. Schockierend bleibt allemal, was sich in Spandau abgespielt hat. Sind also die in Teilen der Bevölkerung rumorenden Ängste berechtigt, die Bundesrepublik hole sich mit Flüchtlingen auch Terroristen und andere Kriminelle ins Haus?
Im Netz wird schon gehetzt
Die Propagandisten des Hasses auf Migranten sehen es so und fühlen sich bestätigt. Auf einschlägigen Seiten im Internet werden perfide Kommentare abgesondert, verbale Brandbeschleuniger. Die Leser sollen in Hysterie, ja Panik versetzt werden. Diese Reaktion wäre aber grundfalsch.
Der Fall Rafik Y. taugt nicht zur Kollision der großen Themen „Flüchtlinge“ und „Terror“. Ein Blick in die Statistiken von Polizei und Justiz lässt erkennen, dass die Messerattacke des Irakers eine Einzeltat ist und keineswegs Teil eines Massenphänomens. Und nur mit Mühe kann das Delikt in den Bereich Terror eingeordnet werden. Rafik Y. war ein Borderline-Typ, ein islamistischer Psychopath, der sich nicht unter Kontrolle hatte.
Spontaner Amoklauf
Das war schon bei dem Prozess zu erkennen, der von 2006 bis 2008 gegen ihn und Komplizen am Oberlandesgericht Stuttgart geführt wurde. Die Gruppe musste sich wegen eines geplanten Anschlags im Jahr 2004 auf den damaligen irakischen Premier Ijad Allawi verantworten, den Rafik Y. beim Staatsbesuch in Berlin erschießen wollte. Doch selbst im Vergleich zu diesem Terrorangriff, der eher semiprofessionell inszeniert wurde, wirkt die Messerattacke vom Donnerstag wie der spontane Amoklauf eines Irren.
Einen Bezug zu Al Quaida oder dem „Islamischen Staat“ gibt es nicht, zumindest nach bisherigen Erkenntnissen. Und es bleibt offen, ob Rafik Y. eine Art Ein-Mann-Dschihad führen wollte, als er sich am Morgen die elektronische Fußfessel abriss. Oder ob er schlicht einen manischen Schub hatte.
Radikalisierung ist dennoch ein Problem
Mit den vielen tausend Flüchtlingen, die zu uns kommen, hat das wenig zu tun. Die aus Syrien kommenden Asylbewerber sind vor allem traumatisiert, nicht radikalisiert. Dennoch mögen einige empfänglich sein für die vermeintliche Hilfe, die Salafisten jetzt vor Flüchtlingsunterkünften anbieten. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich dann ein Asylbewerber in Wahn und Hass hineinsteigert und zu einem zweiten Rafik Y. wird.
Die Sorge vor solchen Tendenzen, so begrenzt sie sein mögen, ist nicht automatisch Rassismus. Die „Willkommenskultur“ ist nur nachhaltig, wenn auch Probleme benannt werden. Ja, es gibt Asylbewerber, die mit kriminellen Aktivitäten auffallen. Flüchtlinge sind nicht die besseren Menschen. Der Fall Rafik Y. ist da ein Beispiel, wenngleich ein extremes. Mehr nicht. Es gibt keinen Anlass, Flüchtlinge aus Syrien und Irak generell unter Terrorverdacht zu stellen. Einer der verrücktesten Dschihadisten in Syrien und Irak ist übrigens ein Deutscher aus Berlin. Er heißt Denis Cuspert und agitiert für den „Islamischen Staat“.