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Lebensrisiko Fahrrad. Die Verwaltung kommt mit dem Bau von Radwegen nicht hinterher – was Radler oft gefährdet.
© Britta Pedersen/dpa

Plan von Verkehrssenator Geisel: Eigener Landesbetrieb soll Berlins Radwege managen

Was es für Wasser, Wohnen und Parks gibt, will Senator Geisel auch fürs Fahrrad: einen Landesbetrieb. Der soll die Straßen Berlins endlich zweirad-tauglich machen. Und einen Volksentscheid abwenden.

Um das Bauen neuer Radwege und möglicherweise auch die Instandhaltung des vorhandenen Wegenetzes zu beschleunigen, überlegt Geisel, einen Landesbetrieb zu gründen. Nach dem Vorbild der landeseigenen Grün Berlin. Die für große Parkanlagen in Britz, Kreuzberg und Marzahn zuständige Gesellschaft fällt bislang durch effektives und erfolgreiches Management auf. Wie ein Unternehmen Radwegebau Berlin aussehen könnte, darüber möchte Geisel in den kommenden Wochen mit den Bezirken reden, denn die müssten Kompetenzen abgeben.

Der Senat tue mehr für den Radverkehr als in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, sagte Geisel. Radverkehrsstrategie und -planung seien in Ordnung, nur bei der Realisierung der Pläne sei die Verwaltung zu langsam. „Der Radverkehr wächst schneller als unsere Umsetzung.“ Die Gelder im Haushalt für den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur seien jahrelang nicht vollständig abgerufen worden.

Geisel sucht das Gespräch mit den Fahrradaktivisten

Dem Verkehrssenator sitzen die Macher des Volksentscheids Fahrrad im Nacken, die dem Senat eine veraltete, autolastige Verkehrspolitik vorwerfen. Volksentscheid-Sprecher Heinrich Strößenreuther weiß die große Berliner Radgemeinde hinter sich und könnte im Wahlkampf erheblich Stimmung gegen Geisel und seinen Amtsvorgänger Michael Müller machen. Geisel und Strößenreuther wollen sich demnächst zu einem unverbindlichen Gespräch treffen – einen Termin dafür gebe es allerdings noch nicht, sagte Strößenreuther.

Er werde die Gelegenheit nutzen, Geisel über die wahren Absichten des Volksentscheids aufzuklären. Der Senator habe bislang eher Falschmeldungen über die Ziele der Fahrrad-Aktivisten verbreitet. Grundsätzlich könne er sich auch Verhandlungen über einen Kompromiss mit dem Senat vorstellen, sagte Strößenreuther. Dazu müsste Geisel aber deutlich machen, dass er es ernst meint.

Ob er eine ähnliche Umarmungsstrategie verfolgt wie beim Volksentscheid Mieten, ließ Geisel offen. Anders als bei der Mieten-Initiative, die nach schwierigen Verhandlungen letztlich einen Kompromissvorschlag des Senats akzeptierte, war Geisel beim Rad-Volksentscheid zunächst auf Distanz gegangen.

Mehr Sicherheit für Radfahrer - das ist das Kernargument

Fehlende Sicherheit für Radfahrer auf den Berliner Straßen ist ein Kernargument der Fahrrad-Aktivisten. Der Senat soll per Gesetz verpflichtet werden, jedes Jahr fünf gefährliche Kreuzungen zu entschärfen. Busspuren und Radspuren sollen getrennt werden, um das Sicherheitsempfinden zu erhöhen. Außerdem soll nach jedem Unfall mit Radfahrern geklärt werden, ob die Ursache auf die Infrastruktur zurückzuführen ist.

Am Wochenende war Geisel durch eine ungewöhnliche Aussage aufgefallen. Er würde auf „vielen Straßen in Berlin selber niemals Fahrrad fahren“ – so wurde er vom ADFC auf Twitter zitiert. Geisel relativierte seine Aussage am Montag. Er sei gefragt worden, ob er Schulklassen empfehlen würde, durch die Stadt zu radeln – „da bin ich skeptisch“. Zu gefährlich fände das der Senator. Viele Unfälle mit Radfahrern würden sich an Baustellen ereignen, wo vom Stau genervte Auto- oder Lkw-Fahrer nicht mehr genügend Umsicht walten ließen.

Lebensrisiko Fahrrad II: die Radaktivisten wollen Bus- und Radspuren trennen.
Lebensrisiko Fahrrad II: die Radaktivisten wollen Bus- und Radspuren trennen.
© Violetta Kuhn/dpa

Bei der konkreten Aussage zu seinen eigenen Radfahrgewohnheiten habe er vor allem die enge, vielbefahrene Treskowallee in seinem Wohnort Karlshorst vor Augen gehabt, sagte Geisel. Dort hätten verschiedene Baustadträte von Lichtenberg, unter anderem er selbst, jahrelang vergeblich versucht, einen Radweg anzulegen. Zunächst hätten sich die Hausbesitzer geweigert, ihre Vorgärten preiszugeben. Anschließend habe der damalige Fahrradbeauftragte des Senats gegen den bezirklichen Plan opponiert, auf den Bürgersteigen Radwege einzurichten.

Einige Twitter-Nutzer unterstellten Geisel, überhaupt nicht Rad zu fahren. Das dementierte er. „Ich fahre zum Brötchenholen und mache Radtouren am Wochenende mit meinen Töchtern, zum Beispiel um den Müggelsee.“ Vom ADFC kam Lob: „Danke für die ehrliche Antwort, Herr Geisel. Aus der Einsicht müssen jetzt Taten folgen.“

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