BER-Untersuchungsausschuss: Ehemaliger Flughafenchef fand keinen Draht zu Michael Müller
Ex-BER-Chef Karsten Mühlenfeld spricht über sein Verhältnis zum Aufsichtsratschef. Die Opposition im Abgeordnetenhaus will den Regierenden nun anhören.
Zwei Stunden musste er warten, weil sich die Fraktionen im neuen BER-Untersuchungsausschuss in vertraulicher Beratung mal wieder zerfleischten. Es ging um ein Gutachten der Beratungsfirma PWC zur Offenhaltung Tegels, das die Opposition als Beweismittel heranziehen will. Aber dann trat der frühere Berliner Flughafenchef Karsten Mühlenfeld doch noch in den Zeugenstand – und fand klare Worte. Als ihn der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Februar 2015 gebeten habe, den Job zu übernehmen, „ging ich davon aus, dass ein Fachmann aus der Industrie neuer Aufsichtsratschef wird“, erzählte Mühlenfeld.
Daraus wurde bekanntlich nichts, weil Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), noch frisch im Amt, den Vorsitz übernehmen wollte. Aus Sicht Mühlenfelds mit dem Ergebnis, dass sich der BER-Aufsichtsrat nicht an seine Rolle als Kontrollgremium hielt, „sondern als Ober-Geschäftsführer wirkte“. Es sei ihm nicht gelungen, ein tragfähiges Verhältnis zum Aufsichtsratschef aufzubauen, so Mühlenfeld. „Herr Müller lehnte jede Diskussion unter vier Augen ab.“ Stattdessen habe der damalige Berliner Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup die Gespräche geführt „und seine Mitarbeiter haben auf der Baustelle geguckt, ob alles funktioniert.“
Mühlenfeld ist seit August „Director of Engineering“ bei Ryanair
Er habe nie das Vertrauen der BER-Miteigentümer Berlin und Bund gehabt, berichtete Mühlenfeld im Ausschuss. Als im Laufe des Jahres 2016 klar geworden sei, dass der Eröffnungstermin im zweiten Halbjahr 2017 nicht zu halten war, seien auch seine Zweifel an der Arbeit des Bauleiters Jörg Marks gewachsen. Er habe ihn durch den Ex-Bahnmanager Christoph Bretschneider ersetzen wollen, „aber damit war der Aufsichtsratsvorsitzende Müller nicht einverstanden.“ Trotzdem sei er bei seiner Entscheidung geblieben, so Mühlenfeld. Im Ergebnis des dramatischen Konflikts gab er den Geschäftsführerposten bei der Flughafengesellschaft auf. Den Auflösungsvertrag habe übrigens sein Nachfolger Lütke Daldrup verhandelt. Der eigentlich zuständige Müller habe nur unterschrieben.
Mühlenfeld ist seit August „Director of Engineering“ bei Europas größter Billigfluglinie Ryanair, mit einem schönen Arbeitsplatz in Irland. In dieser Rolle fühlte sich der ehemalige Flughafenchef frei genug, um eine dritte Startbahn für Schönefeld zu empfehlen – oder alternativ die Offenhaltung einer Start- und Landebahn in Tegel.
„Man sollte erwägen, den Airport Tegel weiter zu nutzen“
Auch die Gebäudekapazitäten am Flughafen BER würden schnell an Grenzen kommen. „Man sollte erwägen, den Airport Tegel weiter zu nutzen.“ Die Sanierung würde aus seiner Sicht weniger als eine Milliarde Euro kosten.
Die Opposition freute sich. Nachdem schon Lufthansa-Chef Carsten Spohr den Weiterbetrieb Tegels gefordert habe, „gibt es für den Senat kein Wegducken mehr“, sagte der CDU-Politiker Stefan Evers. Mit angeblich milliardenteuren Sanierungskosten sei die Offenhaltung Tegels diskreditiert worden, „obwohl ein Kostenplan von 500 Millionen Euro bekannt war“, so der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. CDU und FDP fordern nun, Müller im Untersuchungsausschuss vorzuladen.
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