Trauerfeier in Mitte: Egon Bahr in Berlin beigesetzt
Der SPD-Politiker Egon Bahr findet seine letzte Ruhe auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, gewürdigt von vielen Prominenten.
Am Ende wird es doch noch kirchlich. Nachdem der dunkelbraune Sarg mit den sterblichen Überresten des SPD-Politikers Egon Bahr in der Erde des Dorotheenstädtischen Friedhofs versunken ist, hält der Pfarrer und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer eine Grabrede „mit einer Träne im Auge“: Nicht die Traurigkeit überwiegt, sondern „das Glück, diesen Mann, diesen Friedensapostel, unter uns gewusst zu haben“.
Und zur Bestätigung fügt Friedrich Schorlemmer hinzu: „Ruhe in Frieden, der Du uns so viel Frieden ermöglicht hast“. Wer wollte, sollte nun das Vaterunser beten. Die meisten der etwa hundert Trauergäste folgen Schorlemmers Empfehlung, nach dem Amen beginnt dann das Defilee, eine Welle des Mitgefühls für Egon Bahrs Witwe Adelheid und die engen Verwandten des Politikers.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier und SPD-Parteichef Siegmar Gabriel verneigen sich gemeinsam am Sarg, auch Christina Rau – schwarzer Mantel, Hut und Spiekeroog-Bräune – ist an diesem für sie vertrauten Ort. Johannes Rau, der frühere Bundespräsident, ruht seit Februar 2006 unmittelbar gegenüber von Egon Bahr in einem Ehrengrab.
Von zahlreichen Genossen verabschiedet
Bahrs Grab liegt direkt an einer Mauer, die den Gottesacker von Gebäuden der Charité trennt. Gegenüber steht das rote Klinker-Haus der Gerichtsmedizin, in dem der bekannte Wiener Professor Prokop wirkte – auch er ruht hier, ganz in der Nähe seines einstigen Instituts. Und noch ein Politiker hat seit 1969 seine letzte Ruhestätte in der Nähe: DDR-Volkskammerpräsident Johannes Dieckmann von der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands.
Egon Bahr wird von zahlreichen prominenten Genossen verabschiedet und als erfolgreicher Vermittler und Brückenbauer, als Freund und Ratgeber gewürdigt: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller ist ebenso dabei wie Matthias Platzek, Manfred Stolpe, Hans-Georg Bräutigam, Antje Vollmer und Hans Modrow, vorletzter Ministerpräsident der DDR.
Der Chef der allerletzten DDR-Regierung, Lothar de Maizière, spielt beim Trauerakt als Mitglied eines Quartetts die Viola. Pachelbels Kanon, Bachs „Air“ und ein Stück aus der Matthäus-Passion sind der Rahmen für drei Redner, die die vom amerikanischen Lichtkünstler James Turrell neu gestaltete Friedhofskapelle gewissermaßen einweihten.
Weiß und weit dehnt sich der Horizont hinter der Apsis, wechselnde Farben der Kunstlichtbänder nehmen dem Raum die einstige Strenge, Trauer kommt nur in den Reden auf, und natürlich beim Blick auf den mit der deutschen Flagge geschmückten Sarg. Ein Sonnenblumenkranz mit weißen Rosen mildert die Schwermut dieser Stunde.
"Ich bin ihm dankbar"
Außenminister Steinmeier erzählt von letzten Gesprächen, „er war voller Sorge um das Verhältnis zu Russland, um die neuen Gräben zwischen Ost und West – zu Recht. Es waren ernste Gespräche, suchend, wie wir der wachsenden Entfremdung zwischen Deutschen und Russen Einhalt gebieten können“. „Egon hat uns geprägt“, sagt der Außenminister, „letztlich waren es auch seine Sensibilität, sein Herz und weniger sein nüchterner Scharfsinn, die es ihm erlaubten, Wege zu entdecken, wo andere sie nicht sehen, und der erfolgreiche Verhandler und geduldige Brückenbauer zu werden, der er war“.
Axel Schmidt-Gödelitz, ein Bruder im Geiste, schildert Bahrs Einsatz im Ost-West-Forum, einem Ort des Verstehens und der Verständigung, und Friedrich Schorlemmer legt die Hand aufs Herz: „Das Allererste und Allerletzte, was ich sagen will, ist: Ich bin ihm dankbar.“ Und die CDU? Am Grab hängt ein großer Kranz der Bundeskanzlerin. Das war’s .
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